Billy Six seit 116 Tagen in Haft: Dienst nach Vorschrift bei Deutschlands Diplomaten – Eltern hoffen auf Russland

Bereits seit 116 Tagen ist der freie Journalist Billy Six in Venezuela inhaftiert. Seine Eltern machen den deutschen Behörden schwere Vorwürfe, weil diese sich hinsichtlich ihrer diplomatischen Unterstützung auffällig zurückhalten. Nun hofft man auch auf Russland.
Titelbild
Das erste Foto von Billy Six aus den venezolanischen Geheimdienstgefängnis.Foto: Privat
Von 12. März 2019

Wie Pressesprecher Detlev Frye gegenüber der „Jungen Freiheit“ angekündigt hat, wird die AfD-Fraktion im brandenburgischen Landtag einen Antrag einbringen, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, „sich auf allen Ebenen für die Freilassung des Brandenburger Journalisten Billy Six einzusetzen, der in Venezuela grundlos inhaftiert worden ist“.

Für den morgigen Mittwoch (13. März) ab 17 Uhr haben die Abgeordneten auch zu einer Demonstration vor dem Auswärtigen Amt in Berlin aufgerufen. Heute waren Ute und Edward Six, die Eltern des Journalisten, auf Einladung der Fraktion im Landtag zu Potsdam zu Gast.

Bereits seit 116 Tagen sitzt der freie Journalist in Venezuela in Isolationshaft. Wie die von seinen Eltern betriebene Facebookseite „Free Billy Six“ schildert, sitzt er in einer Zelle ohne Fenster. Bis dato war es ihm lediglich an zwei Tagen, dem 20. und 27. Februar, erlaubt, für jeweils 30 Minuten im Rahmen eines Hofgangs Sonnenlicht zu sehen.

Es ist ihm darüber hinaus nicht gestattet, seine 2×5 Meter große Zelle im berüchtigten Geheimdienstgefängnis El Helicoide zu verlassen. Es ist ungewiss, wann es wieder eine Option geben wird für ihn, einen Hofgang oder auch nur einige Schritte auf dem Zellengang zu absolvieren.

Billy Six war, wie sein Vater im Januar gegenüber Epoch Times erklärte, am 16. November in eine Identitätskontrolle in einer Diskothek geraten und habe keine Ausweispapiere bei sich gehabt. Exekutivbeamte hätten ihn daraufhin ins Hotel begleitet und sich den Pass zeigen lassen. Anschließend sei er festgenommen worden.

Nun werden Six Spionage, Rebellion und das Verletzen von Sicherheitszonen vorgeworfen. Am Rande der Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag am 5. Juli 2017 und 2018 soll er illegal Fotos gemacht haben. Er habe zudem Staatspräsident Nicolás Maduro auf einer Wahlkampfveranstaltung im Mai 2018 innerhalb einer Sicherheitszone fotografiert und sich mit der kolumbianischen Guerillagruppe FARC getroffen. Tatsächlich, so betont die Familie des Journalisten, haben seine Aufenthalte in Venezuela lediglich journalistischen Charakter gehabt. Eine Einschätzung, die auch die NGO „Reporter ohne Grenzen“ teilt.

Keine Detailinformationen über den Gesundheitszustand

Auf einem Foto, das ein Mitarbeiter der deutschen Botschaft am 6. März gemacht haben soll, wirkt Billy Six blass und abgemagert. Neben einem viertägigen Hungerstreik, den der Journalist hinter sich hat, ist nach Angaben der Eltern auch die Qualität der Verpflegung mangelhaft:

„Billy bekommt dreimal am Tag das gleiche (kalte) Essen“, heißt es auf Facebook. Er werde satt, wenn genug zu essen da sei und er eine zweite Portion haben könne. Beim letzten Wiegen Anfang Januar habe er noch knapp 60 Kilogramm gewogen. Wie sich sein Körpergewicht bis heute verändert hat, ist ungewiss.

Hier kommt jedoch exakt das ins Spiel, was Billys Eltern und auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Petr Bystron, kritisieren, der diese jüngst in deren Haus in Neuenhagen besucht hatte. Bystron veröffentlichte dazu jüngst auch ein Video auf YouTube:

Im Fall des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel, aber auch in Fällen, in denen es nicht um Politik und Journalismus ging, wie 2007 im Fall Marco W., hatten Politiker und Diplomaten aus Deutschland keine Mühe gescheut hatten, Druck auszuüben. Sie setzten alle Hebel in Bewegung, um über den Zustand des jeweils Inhaftierten informiert zu bleiben und eine frühestmögliche Freilassung zu erwirken.

Durch Untätigkeit Vorgehen stillschweigend legitimiert?

Im Fall von Billy Six hätten Regierungsstellen wie das Auswärtige Amt oder deutsche Vertretungsbehörden in den ersten Tagen nach der Inhaftierung des Journalisten unter fadenscheinigen Vorwänden überhaupt keine Regung gezeigt. Dies, so wirft Edward Six den Verantwortlichen vor, habe dem Vorgehen der Behörden in Venezuela erst den Anschein von Legitimität verschafft. „Sie haben ihn damit selbst zum Verbrecher erklärt“, meint Billys Vater.

Eine besonders unrühmliche Rolle habe dabei auch der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir gespielt. Dieser hatte im Vorjahr in einer medial stark beachteten Rede scharfe Kritik an der AfD geäußert, weil diese sich nicht mit dem inhaftierten Deniz Yücel solidarisiert hatte. Dabei betonte Özdemir auch, wie wichtig es ihm sei, auch für andere inhaftierte Journalisten Partei zu ergreifen und diese zu unterstützen.

Im Vertrauen auf dieses Bekenntnis hatten sich die Eltern von Billy Six an den Abgeordneten gewandt – und bis heute nicht einmal eine Empfangsbestätigung für ihr Schreiben erhalten.

Die deutsche Botschaft habe sich erst spät um den Fall zu kümmern begonnen. Mittlerweile war drei Mal ein Mitarbeiter der diplomatischen Vertretung bei Billy Six im Gefängnis. Nach dem ersten Besuch am 9. Januar hatte der deutsche Botschafter in Venezuela, Daniel Kriener, sogar die Weitergabe eines Fotos untersagt, das die Eltern angefordert hatten.

Noch heute wiegelt die Botschaft ab und hält sich zurück, wenn es um die Beobachtung der Haftbedingungen geht. Die Eltern von Billy Six hatten nach eigenen Angaben einen ärztlichen Bericht über den aktuellen Gesundheitszustand ihres Sohnes, die Ergebnisse der ersten und einer aktuellen Blutuntersuchung und Auskunft über dessen aktuelles Körpergewicht gefordert. Die Botschaft, so drängten sie, möge diese wichtigen Unterlagen im Wege der „intensiven Konsularischen Betreuung“ beischaffen.

„Unterlassene Hilfeleistung und Willkür“

Die Diplomaten rieten jedoch von einem zu offensiven Vorgehen in dieser Sache ab. Ein solches „könnte eventuell nicht gut für Billy sein“, lautete die Auskunft an dessen Eltern. Auch auf einen Gesprächstermin mit Bundesaußenminister Heiko Maas, den sie in Anbetracht der Entwicklung verlangt hatten, warten sie bis dato vergeblich. Maas hatte erst jüngst im Zusammenhang mit der Verweigerung der Akkreditierung zweier deutscher Journalisten in der Türkei erklärt: „Wenn Journalisten an der Arbeit gehindert werden, ist das mit unserem Verständnis von Pressefreiheit unvereinbar.“

Nun wollen sie mithilfe neuer Ansätze versuchen, ihren Sohn freizubekommen. Edward Six geht davon aus, dass dies gerade jetzt möglich wäre – wenn die nötige politische Entschlossenheit vorhanden wäre. Das Militärgericht hatte das Verfahren eingestellt und dabei das Wort „Locura“ („Verrücktheit“) verwendet. Statt Billy Six freizulassen, will das Regime in Caracas ihn nun vor einem zivilen Gericht anklagen.

Da auch kein Bürgerkrieg in Venezuela ausgebrochen sei, wären die Chancen intakt, um jetzt einen Erfolg im Interesse des Journalisten erreichen zu können. Notfalls will das Ehepaar Six gegen die deutschen Behörden im eigenen Land vor Gericht ziehen und diese mittels einer Einstweiligen Anordnung zum Handeln zwingen. Die bisherige Untätigkeit käme unterlassener Hilfeleistung und einem Verstoß gegen das Willkürverbot gleich.“

Außerdem hofft die Familie darauf, dass die Russische Föderation, die zu den internationalen Unterstützern des kommunistischen Regimes in Caracas gehört, noch einmal zu Gunsten ihres Sohnes intervenieren könnte. Nach Angaben des Vaters habe Russlands Außenminister Sergej Lawrow Billy Six bereits vor sechs Jahren aus syrischer Gefangenschaft befreien können. Diesmal allerdings haben die Eltern des Journalisten nach eigenen Angaben bereits am 15. Dezember 2018 einen Brief an das russische Außenministerium gerichtet.

Russische Staatsmedien: In Russland für Six, in Deutschland pro Maduro

Diane Kadi tritt in einem Kommentar für die staatliche russische Nachrichtenagentur „News Front“ vehement dafür ein, dass Russlands Regierung zu Gunsten des Journalisten bei der Regierung in Caracas interveniert. Sie begründet dies unter anderem damit, dass Six vor mehreren Jahren als Journalist den russischen Narrativ zum Abschuss der Boeing MH17 über dem Bürgerkriegsgebiet im Donbass unterstützt hatte:

„Billy war in Donbass und sammelte Informationen über die abgeschossene MH17-Boeing und fand Beweise, die die offizielle Version von ‚Moskaus Schuld‘ brechen. Und in letzter Zeit hat Six viel über die Flüchtlingskrise geschrieben und Merkel kritisiert. Billy Six ging nach Venezuela, um den Bürgerkrieg zu verfolgen, und Ende 2018 wurde er von der lateinamerikanischen Polizei wegen absurder Anschuldigungen aus seinem Hotel gefangengenommen.“

Billy Six stehe, so Kadi, „unter den Bedingungen einer antirussischen Hysterie auf weltweiter Ebene […] auf der Seite des gesunden Menschenverstands und der Objektivität – also Russlands“. Er nehme „nicht nur nicht am wohlfeilen Chor der ‚Verurteilung der russischen Aggression‘ teil, sondern verteidigt auch die Wahrheit im Fall MH17“.

Für 17 Milliarden US-Dollar, mit denen Russland dem Regime in Venezuela ausgeholfen habe, könne man schon einmal zum Telefonhörer greifen, um von Maduro einen kleinen „Gefallen“ zu Gunsten von Billy Six zu erwirken. Und es sei in der gegebenen Situation Russlands Verantwortung, seinen Freunden zu helfen.

Anders sieht man das beim deutschsprachigen russischen Auslandssender RT Deutsch. Zwar führt der redaktionell radikal marxistisch ausgerichtete Sender immer noch sein Interview mit Billy Six zu MH17 im Archiv, in dem jetzigen Fall vermeidet man jedoch jedwede Kritik am Vorgehen des Regimes und versucht dieses sogar zu rechtfertigen.

Damit bewegt man sich augenscheinlich auf der Linie des eng mit der Redaktion verbundenen Linken-Abgeordneten und Abonnement-Interviewpartner Andrej Hunko, der auf Twitter die Zustände im Geheimdienstgefängnis verharmloste und dem Vorgehen gegen Six durch den Hinweis, dieser sei ja „rechtsextrem“, ein „moralisches“ Placet gab:

„Im Sebin‐Gefängnis können sich Inhaftierte frei bewegen, telefonieren und Kurse belegen. Das geht beispielsweise im Abschiebegefängnis nicht. Ob Herr Six wirklich als Journalist unterwegs war oder eher als rechtsextremer Aktivist, können wir natürlich nicht beurteilen.“

 



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