Brexit-Einigung: Johnson zuversichtlich zu Ratifizierung im Unterhaus – Corbyn signalisiert Ablehnung

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Michel Barnier (l.), EU-Chefunterhändler für den Brexit, und der britische Brexit Minister Stephen Barclay beim Handshake.Foto: Francisco Seco/AP/dpa/dpa
Epoch Times17. Oktober 2019

Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich nach EU-Angaben zuversichtlich gezeigt, die Vereinbarung zum Brexit durch das britische Unterhaus zu bringen. Johnson habe in einem Telefongespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gesagt, er habe „Vertrauen in seine Fähigkeit, eine Mehrheit im Unterhaus zu überzeugen“, sagte EU-Verhandlungsführer Michel Barnier am Donnerstag. Großbritannien und die EU hatten sich kurz vor Beginn des EU-Gipfels auf ein Abkommen zum Brexit geeinigt.

Das britische Unterhaus hat Vereinbarungen Londons mit der EU unter Johnsons Vorgängerin Theresa May bereits drei Mal abgelehnt. Johnson hat dort keine eigene Mehrheit mehr. Und die mit seinen Konservativen verbündete nordirische Partei DUP erklärte nach Bekanntgabe des Abkommens, dass sie den Brexit-Deal weiter ablehne.

Britische Provinz Nordirland soll in einer Zollunion mit Großbritannien bleiben

Nach der Vereinbarung bleibt die britische Provinz Nordirland zwar grundsätzlich in einer Zollunion mit Großbritannien. Bei Gütern von außerhalb Europas, die auch in die EU gelangen könnten, würden die britischen Behörden dabei aber EU-Zölle erheben, sagte Barnier. Nordirland wird zudem weiter Regeln des EU-Binnenmarktes anwenden, um Grenzkontrollen zum EU-Mitglied Irland zu vermeiden.

Damit ist der ursprüngliche Plan hinfällig, dass notfalls das gesamte Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU bleibt, um dieses Ziel zu erreichen. Wie bisher vereinbart, verlässt das Vereinigte Königreich trotz des geplanten Brexit am 31. Oktober die europäische Zollunion und den Binnenmarkt erst nach einer Übergangsphase bis mindestens Ende 2020.

In dieser Phase wollen beide Seiten ein Freihandelsabkommen aushandeln. Die EU stellt dabei eine Vereinbarung „ohne Zölle und Quoten zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich“ in Aussicht.

Barnier sprach von einem „fairen und vernünftigen“ Abkommen. In den Verhandlungen in den vergangenen drei Jahren seien für ihn immer „die Menschen wichtig“ gewesen: „Die Menschen von Nordirland und Irland. Was wirklich wichtig ist, ist der Frieden.“

Labour-Chef und Oppositionsführer Corbyn kritisiert das Abkommen

Nach der überraschenden Einigung zwischen Großbritannien und der Europäischen Union auf einen neuen Brexit-Deal hat der britische Labour-Chef und Oppositionsführer Jeremy Corbyn das Abkommen scharf kritisiert.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson habe scheinbar einen „noch schlechteren Deal“ als seine Amtsvorgängerin Theresa May ausgehandelt, schrieb Corbyn am Donnerstagmittag auf Facebook. Schon Mays Deal sei mit einer überwältigenden Mehrheit abgelehnt worden.

Der neue „sell-out deal“ bringe das Land nicht zusammen und sollte abgelehnt werden, so der Labour-Vorsitzende weiter. Zuvor hatte bereits die nordirische Protestantenpartei DUP hatte angekündigt, den Brexit-Deal derzeit abzulehnen.

Schottische SNP will dem Deal nicht zustimmen

Auch die schottische SNP will dem Deal nicht zustimmen. Da der britische Premierminister im Londoner Unterhaus über keine eigene Mehrheit verfügt, ist er unter anderem auf die Unterstützung der DUP angewiesen. Unterdessen veröffentlichte die EU-Kommission den neuen Deal.

Daraus geht unter anderem hervor, dass Nordirland weiter einigen EU-Regeln unterliegen soll. Unter anderem soll die Provinz zwar in der britischen Zollunion bleiben, allerdings auf Güter, die im EU-Binnenmarkt enden könnten, EU-Zollsätze erheben.

Damit könnten die Briten eigenständig Freihandelsabkommen abschließen. Eine harte Grenze in Irland würde mit dem Deal vermieden werden. Nach Angaben des Brexit-Chefunterhändlers der EU, Michel Barnier, schafft die Einigung vom Donnerstag „Rechtssicherheit“.

Es ist allerdings noch unklar, ob das neue Abkommen das parlamentarische Verfahren überstehen wird. Zunächst müssten die EU-Staats- und Regierungschefs dem Deal bei ihrem Gipfel am Donnerstag und Freitag zustimmen – dies gilt als wahrscheinlich.

Die Zustimmung des britischen Unterhauses, welches sich am Samstag mit dem Abkommen befassen soll, ist dem Vernehmen nach allerdings weniger wahrscheinlich. (dts/afp)



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