„Deutschland ist ein Irrenhaus“: Broder zeigt sich fassungslos bei Think-Tank-Debatte in Wien

Der Berliner Publizist Henryk M. Broder war Star des Mittwochabends, als der von Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache initiierte Think Tank „Denkwerk zukunftsreich“ seine erste offizielle Veranstaltung in Wien ausrichtete. Thema des Abends war der islamische Antisemitismus.
Titelbild
Henryk M. BroderFoto: Screenshot / YouTube / Broders Spiegel
Von 15. Februar 2019

Zur ersten offiziellen Veranstaltung des von Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache initiierten Think Tanks „Denkwerk zukunftsreich“ waren etwa 750 Besucher in den Wiener Kursalon Hübner gekommen und hatten damit für ein „volles Haus“ gesorgt.

Neben dem Politikwissenschaftler Michael Ley, der das Buch „Tötet sie, wo ihr sie trefft – Islamischer Antisemitismus“ verfasst hat, waren unter anderem Strache selbst, der bekannte Publizist Henryk M. Broder und die islamkritische Autorin Laila Mirzo als Diskutanten auf dem Podium erschienen.

Begriff des Islamismus „Erfindung der europäischen Gutmenschen“?

Da nach mehreren Absagen nur der Vorsitzende der türkischen Kulturgemeinde in Österreich, Birol Kilic, als Gegenpart übrigblieb, gelobte „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak, als Diskussionsleiter seinen Part für mehr Ausgewogenheit innerhalb der Debatte leisten zu wollen.

Ley wandte sich wie bereits in seinem Buch dagegen, einen semantischen Unterschied zwischen den Begriffen „Islam“ und „Islamismus“ zu machen. Letztgenannter, der in den 1970er Jahren in der Politikwissenschaft zur Beschreibung eines extremistischen und die politische Machtfrage stellenden Islam entwickelt wurde, sei „eine Erfindung der europäischen Gutmenschen“.

Ein friedlicher oder liberaler Islam, so Ley, existiere nicht. Es lasse sich allenfalls zwischen einem gemäßigten und einem radikalen Islam unterscheiden. Der Islam sei aber in seiner Grundtendenz eine „totalitäre Ideologie“, die einen Herrschaftsanspruch erhebe. Zu seinen Zielen gehöre auch die Vernichtung des Judentums.

Kilic trat dieser Einschätzung vehement entgegen und wirft Ley vor, willkürlich und zu Manipulationszwecken einzelne Passagen des Koran aus dem Zusammenhang gerissen zu haben. Ley versuche, einer Religion „pauschal Dinge anzuhängen, die der Wahrheit nicht entsprechen“.

Laila Mirzo: Nur ein nicht mehr gläubiger Muslim ist ein integrierbarer Muslim

Die Mehrheit der muslimischen Bevölkerung in Österreich unterstütze jedoch die Demokratie, betonte Kilic. Allerdings sei nicht alles, was sich als „islamisch“ deklariere, tatsächlich eine religiöse Vereinigung. In zahlreichen Fällen verberge sich tatsächlich eine politische Agenda dahinter. Hier gelte es, wachsam zu sein. Auch unterstrich Kilic seine Bereitschaft, gemeinsam gegen Antisemitismus aufzutreten, egal, von welcher Seite dieser komme.

Laila Mirzo wiederum beklagte sich über einen aus ihrer Sicht dominanten Einfluss fundamentalistischer Strömungen innerhalb der islamischen Gemeinden. Es gebe insbesondere an sozialen Brennpunkten einen enormen Anpassungsdruck gegenüber liberalen Muslimen vonseiten ihrer radikalen Glaubensbrüder. Mirzo bezweifelt, dass es abseits von Muslimen, die ihren Glauben abgelegt hätten, überhaupt eine nennenswerte Integrationsbereitschaft gäbe.

Vizekanzler Strache bekannte sich zum Recht auf freie Religionsausübung. Gleichzeitig trat er für ein kompromissloses Vorgehen gegen totalitäre Strömungen unter dem Banner einer Religion. Von Chefredakteur Nowak auf Antisemitismus in der FPÖ angesprochen, betonte Strache, dass in seiner Zeit als Parteichef der FPÖ stets eine klare Linie dagegen gefahren worden sei. „Es gibt Antisemitismus auf allen politischen Seiten – und es gibt Antisemitismus, der sich hinter dem Mantel von Religionen verbirgt“, betonte Strache, und für keinen davon dürfe es Spielraum geben.

Henryk M. Broder gewann durch launige Pointen und schlagfertige Reaktionen die Sympathien des Publikum. Er hatte die Lacher auf seiner Seite mit der Erklärung, dass „von den 700 Gästen 690 wegen mir gekommen sind“.

Deutschland nicht zu Minimalkonsenses fähig

Mit Blick auf das Thema des Abends, den islamischen Antisemitismus, erklärte Broder, er bekenne sich zur Intoleranz. Toleranz funktioniere nur in hierarchischen Systemen gegenüber Untertanen. Hier ginge es aber um einen „Minimalkonsens“ dahingehend, „was man tun kann und was nicht“. Falsche Toleranz mache aber selbst diesen unmöglich.

Deshalb gelte, so Broder:

Ich will nicht tolerant sein. Schon gar nicht zu jenen, die intolerant sind.“

Auch von Fragen wie jenen, wie man denn „liberale Muslime stärken“ könne, hielt Broder nicht viel:

Das sind ja keine Deppen. Die müssen sich schon selber helfen.“

Außerdem würde das „Abendland“ nicht einmal mit hausgemachter Kriminalität fertig, was es erst recht vermessen erscheinen lasse, überhaupt auf die Idee zu kommen, dass wir 1,4 Milliarden Menschen helfen sollen“.

Von Deutschland scheint Broder sich in diesem Zusammenhang am allerwenigsten zu erwarten. Dort rede man nicht über die wirklichen Probleme, sondern erfinde künstliche wie genderneutrale Toiletten. „Deutschland“, so Broder, sei „ein Irrenhaus. Könnte man die Bundesrepublik überdachen, wäre es eine geschlossene Anstalt.“



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