Deutschland macht Weg frei für EU-Asylreform – nun bremst Italien

Das Tauziehen um die europäische Asylreform nimmt eine neue Wendung: Deutschland zeigt sich offen, für die Krisenverordnung, doch Italien hat nun Bedenken.
Ein Mitglied der spanischen Nichtregierungsorganisation Open Arms rettet geflüchtete Menschen aus dem Mittelmeer, nachdem ihr Holzboot südlich der italienischen Insel Lampedusa gekentert ist.
Ein Mitglied der spanischen NGO Open Arms holt Menschen aus dem Mittelmeer, nachdem ihr Boot südlich der italienischen Insel Lampedusa gekentert ist.Foto: Francisco Seco/AP/dpa
Epoch Times28. September 2023

Im jahrelangen Streit um die europäische Asylreform ist eine Einigung näher gerückt. Deutschland machte am Donnerstag beim EU-Innenministertreffen in Brüssel den Weg für die sogenannte Krisenverordnung frei, die als letzter Baustein der Reform gilt. Allerdings meldete dann Italien wegen der Zugeständnisse an Berlin neue Vorbehalte an.

Die Krisenverordnung sieht deutlich verschärfte Maßnahmen vor, wenn durch besonders viele Migranten eine Überlastung der Asylsysteme droht. Damit will die EU die Lehren aus der Flüchtlingskrise 2015 ziehen.

Italiens Innenminister verlässt Brüsseler Treffen frühzeitig

Es gebe damit endlich „einen Willen zur Mehrheit“ unter den Mitgliedsländern, sagte der amtierende spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska, der die schwierigen Brüsseler Verhandlungen leitete.

Kurze Zeit später äußerte Italien Bedenken – und zwar ausgerechnet in Berlin. Außenminister Antonio Tajani sagte bei einem Auftritt mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), der italienische Innenminister Matteo Piantedosi habe sich „Zeit erbeten, um die Inhalte dieses Vorschlags näher zu prüfen, auch in rechtlicher Hinsicht“. Italienischen Medien zufolge verließ Piantedosi das Brüsseler Treffen vorzeitig und reiste zurück nach Rom.

Hintergrund ist der bereits länger schwelende Streit mit Deutschland über die Finanzierung privater Seenotrettungs-Organisationen im Mittelmeer. Tajani warf den Nichtregierungsorganisationen vor, den „Menschenhandel“ nach Italien zu fördern. Die italienische Zeitung „La Stampa“ berichtete, die an Berlin gemachten Zugeständnisse seien „bei der italienischen Regierung nicht gut angekommen“. Rom könne deshalb vorerst nicht zustimmen. Nun müssten sich die Ständigen Vertreter der EU in Brüssel bemühen, den Kompromiss noch zu retten.

EU-Botschafter: Hoffnung auf baldige Einigung

Faeser widersprach: Es habe eine „politische Einigung“ gegeben, sagte sie vor ihrer Abreise nach Berlin. „Nur Polen und Ungarn haben sich dagegen ausgesprochen.“ Der spanische Innenminister Grande-Marlaska sagte, er hoffe „in den kommenden Tagen“ auf eine politische Einigung der EU-Botschafter. Sie sollen das endgültige Mandat für die nun folgenden Verhandlungen mit dem Europaparlament ausarbeiten.

Auch EU-Innenkommissarin Ylva Johansson versicherte: „Es gibt keine großen Hürden mehr. Wir werden eine Einigung erzielen, und das wird in den nächsten Tagen geschehen.“ Zwar könnte der Text auch bei einem italienischen Nein theoretisch die erforderliche Mehrheit bekommen; allerdings gilt es als politisch heikel, eines der am stärksten von Migration belasteten EU-Länder zu überstimmen.

Die Grünen in der Ampel-Koalition hatten die deutsche Zustimmung lange blockiert, da sie ein Aushöhlen der Asylstandards fürchteten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab dann aber die Zustimmung vor. Er sprach von einem „Durchbruch“ bei den EU-Verhandlungen. Kritik der Opposition an dem offen ausgetragenen Streit zwischen Grünen und FDP wies der Kanzler zurück.

Die Krisenverordnung sieht vor, dass sie bis zu 40 Wochen festgehalten werden können. Beides war bei den Grünen auf Protest gestoßen. Die Zeit bei dem Asylthema drängt: Die seit der Flüchtlingskrise 2015 umkämpfte Reform soll bis zur Europawahl im Juni 2024 stehen. Dafür müssen sich die EU-Länder noch mit dem Europaparlament auf das Gesetzespaket einigen, was ebenfalls als vertrackt gilt. Das Parlament droht seinerseits mit einer Blockade, solange die Krisenverordnung nicht konsensfähig ist. (afp/dl)



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