„Enttäuschung“ im Macron-Lager nach Kommunalwahlen – Grüne sind Sieger – Auch Le Pen sprach von einem „großen Sieg“

Die Partei von Präsident Emmanuel Macron erhält bei den Kommunalwahlen einen massiven Denkzettel. Nach der zweiten Runde der Kommunalwahlen räumte eine Regierungssprecherin am Sonntag "enttäuschende Ergebnisse" für seine Partei La République en Marche ein.
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Stimmenauszählung bei einer Wahl in Frankreich.Foto: FREDERICK FLORIN/AFP via Getty Images
Epoch Times28. Juni 2020

Die Wähler in Frankreich haben Präsident Emmanuel Macron einen massiven Denkzettel erteilt: Nach der zweiten Runde der Kommunalwahlen räumte eine Regierungssprecherin am Sonntag „enttäuschende Ergebnisse“ für seine Partei La République en Marche ein. Sieger sind die Grünen: Sie triumphierten nach Hochrechnungen in großen Städten wie Lyon, Marseille und Bordeaux.

In der Hauptstadt Paris sicherte sich die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo im Bündnis mit den Grünen die Wiederwahl für sechs Jahre. Macrons Kandidatin, die frühere Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, hatte dort keine Chance.

Le Pen sprach von einem „großen Sieg“ für ihre Partei

Die National-Konservativen um Marine Le Pen sicherten sich unter anderem das Rathaus von Perpignan nahe der spanischen Grenze. Dort erklärte sich Le Pens Ex-Freund Louis Aliot zum neuen Bürgermeister. Le Pen sprach von einem „großen Sieg“ für ihre Partei Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung). Le Pen will Macron bei der Präsidentschaftswahl 2022 herausfordern. Dafür waren die Kommunalwahlen ein Stimmungstest. Aber auch die Grünen machen sich nun Hoffnungen.

Macron äußerte sich nach Schließung der Wahllokale „besorgt über die geringe Beteiligung“. Umfragebüros zufolge gingen nur rund 40 Prozent zu den Wahlurnen. Bereits in der ersten Runde Mitte März war die Beteiligung mit gut 44 Prozent auf einen historischen Tiefstand gefallen.

In Le Havre setzte sich Regierungschef Edouard Philippe mit 59 Prozent durch

In der Hafenstadt Le Havre am Ärmelkanal setzte sich Regierungschef Edouard Philippe mit 59 Prozent deutlich gegen ein Links-Bündnis um einen Kommunisten durch. Philippe sprach von einem „Vertrauensbeweis“. Da er sich gegen Ämterhäufung ausgesprochen hatte, müsste er theoretisch als Premier zurücktreten, um Bürgermeister zu werden. Er hatte das Amt in Le Havre bereits von 2010 bis 2017 inne.

Als Konsequenz aus der Wahlschlappe für Macrons Partei wird eine Regierungsumbildung erwartet. Macron könnte sich dazu am Montagvormittag bei einem Bürgerkonvent für das Klima äußern, den er ins Leben gerufen hatte. Am Montagnachmittag wird der Präsident dann bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Schloss Meseberg bei Berlin erwartet.

Macron sprach nach Angaben seines Büros von einer „grünen Welle“ in Frankreich. Als Konsequenz wird eine Kabinettsumbildung erwartet. Macron äußerte sich zudem „besorgt über die geringe Beteiligung“. Umfragebüros zufolge gingen nur vier von zehn Franzosen zu den Wahlurnen. Bereits in der ersten Runde Mitte März hatte es eine Rekordenthaltung gegeben.

Niedrige Beteiligung bei Kommunalwahlen in Frankreich – Verluste für Macrons Partei erwartet

Bei der zweiten Runde der Kommunalwahlen in Frankreich hat sich eine historisch niedrige Wahlbeteiligung abgezeichnet. Bis zum Sonntagnachmittag gab nur gut jeder dritte Wähler seine Stimme ab, wie das Innenministerium in Paris mitteilte. Die Wahlen gelten als wichtiger Stimmungstest für die Partei von Präsident Emmanuel Macron.

Nach Angaben des Innenministeriums lag die Beteiligung um 17.00 Uhr bei 34,7 Prozent, vier Prozentpunkte weniger als zur gleichen Zeit bei der ersten Runde Mitte März. Bei Schließung der letzten Wahllokale um 20 Uhr könnte sie laut Hochrechnungen rund 41 Prozent erreichen statt 44,3 Prozent in der ersten Runde – das wäre ein neuer Tiefstand.

Experten erklären das Desinteresse mit einer Mischung aus Ernüchterung über die Politik Macrons, Angst vor Ansteckung und der langen Zeit zwischen den beiden Wahlgängen. Die Stichwahl in rund 4.800 französischen Gemeinden war wegen der Corona-Pandemie verschoben worden. Für die Wähler galten strenge Abstandsregeln und eine Maskenpflicht.

Kritik gegen Macron wegen rund 30.000 Corona-Todesopfer und der Notlage öffentlicher Krankenhäuser

Erwartet wurde ein Dämpfer für Macrons Partei La République en Marche (LREM, die Republik in Bewegung). In der Corona-Pandemie zog der 42-jährige Staatschef mit seiner Kriegsrhetorik viel Kritik auf sich. Viele lasten Macron die rund 30.000 Corona-Todesopfer in Frankreich und die Notlage öffentlicher Krankenhäuser an.

In der Hauptstadt Paris lag die Kandidatin der Präsidentenpartei Agnès Buzyn in Umfragen klar hinter der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die sich mit den Grünen verbündet hat. Macrons ursprünglicher Wunschkandidat war dort über eine Sexvideo-Affäre gestürzt.

Politologe: Macrons Partei „auf lokaler Ebene nicht verankert“

Die erst 2016 gegründete Präsidentenpartei sei „auf lokaler Ebene nicht verankert“, sagt der Politikwissenschaftler Jean Garrigues von der Universität Orléans. „Sie kämpft darum, als wichtige Kraft wahrgenommen zu werden.“

Mit Spannung erwartet wird das Ergebnis aus der Hafenstadt Le Havre, wo Regierungschef Edouard Philippe als Bürgermeister kandidiert. Sollte Philippe scheitern, wäre er als Regierungschef angeschlagen. Eine Umbildung seines Kabinetts wird nach den Kommunalwahlen ohnehin erwartet.

Gewinnt Philippe in Le Havre, stellt sich ein anderes Problem. Denn der Premier hat der in Frankreich viel praktizierten Ämterhäufung den Kampf angesagt. Deshalb wurde schon die Ankündigung seiner Kandidatur dahingehend interpretiert, dass er den Posten des Premierministers aufgeben könnte.

Le Pen gilt als wichtigste Gegnerin Macrons bei der Präsidentschaftswahl 2022

Die national-konservative Partei von Marine Le Pen hoffen auf Zugewinne unter anderem im Süden des Landes. Le Pen gilt als wichtigste Gegnerin Macrons bei der Präsidentschaftswahl 2022.

Die Präsidentenpartei La République en Marche (LREM) dürfte mit ihrem ursprünglichen Vorhaben scheitern, Paris zu erobern und in anderen Städten für Überraschung zu sorgen. Noch vor drei Jahren hatte die junge Partei aus dem Stand die Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung errungen.

In den Wahllokalen galt Maskenpflicht. Die Stichwahlen waren eigentlich für Ende März geplant, mussten aber wegen der Covid-19-Pandemie verschoben werden. Bei der ersten Runde Mitte März war weit mehr als die Hälfte der Wähler nicht zur Abstimmung gekommen.

Aufgerufen waren gut 16 Millionen Wählerinnen und Wähler – das entspricht etwa einem Drittel der Wahlberechtigten. Die letzten Wahllokale sollen am Abend um 20.00 Uhr schließen. (afp/dpa)



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