ZEW-Analyse: Polen könnte bei Merkel-Macron-Plan einer der größten Nettozahler werden

Polen könnte laut einer Analyse des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bei dem von Kanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Macron vorgeschlagenen Wiederaufbaufonds für die EU zum größten Nettozahler im Vergleich zur eigenen Wirtschaftsleistung werden.
Titelbild
Angela Merkel und Emmanuel Macron.Foto: NICHOLAS KAMM/AFP/Getty Images
Epoch Times25. Mai 2020

„Größter Nettozahler in Relation zur eigenen Wirtschaftsleistung kann Polen mit einem Beitrag von 10,4 Milliarden Euro werden“, heißt es in der am Montag vorgelegten Simulation des ZEW zum Wiederaufbaufonds. Deutschlands Netto-Belastung könnte demnach zwischen 23 und 38 Milliarden Euro betragen.

Die Simulation unterstellt konkret, dass die Verteilung des Geldes entweder proportional zum Wachstumsverlust im Jahr 2020 oder zusätzlich auch unter Berücksichtigung des Anstiegs der Arbeitslosigkeit erfolgt – entsprechend gäbe es Veränderungen bei der Verteilung.

Bei einer Orientierung der Zahlungen nur am Wachstumsrückgang wären der ZEW-Analyse zufolge mit Ausnahme Maltas alle südeuropäischen Mitgliedstaaten und Frankreich Nettoempfänger. Am stärksten profitierten demnach relativ zu ihrer Wirtschaftsleistung Griechenland und Italien.

„Die Logik des Fonds liegt in der kurzfristigen Konjunkturstabilisierung“, erklärte ZEW-Experte Friedrich Heinemann. „Und da ist es vernünftig, den Ländern in der tiefsten Rezession am meisten Mittel zufließen zu lassen.“

Der Vorteil sei in seiner makroökonomischen Größenordnung allerdings gering. „Der Recovery Fund wird letztlich die dramatischen Finanzprobleme Italiens und Griechenlands nicht lösen können“, erklärte Heinemann.

Deutschland wäre immer ein großer Nettozahler

Wird neben dem Wachstumsrückgang auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit berücksichtigt, würde dies der Analyse zufolge den mittel- und osteuropäischen Staaten helfen, höhere Anteile aus dem Wiederaufbaufonds zu erhalten, da diese 2020 mit einem vergleichsweise starken Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen haben. Die Begünstigung Südeuropas würde etwas fallen.

Ökonomisch sei es richtig, „dass jetzt auch Gelder von Osteuropa nach Südeuropa fließen, weil die Rezession im Süden besonders tief ist“, erklärte Heinemann. Politisch würde das allerdings für erheblichen Widerstand sorgen.

„Wenn der Recovery Fund einen Beitrag zur Gesundung leisten soll, dann muss das Geld sehr rasch fließen und zielgenau zur Konjunkturbelebung genutzt werden.“ Der langfristige Nutzen des Fonds sei hingegen nicht erkennbar.

Deutschland wäre in jedem Szenario des ZEW ein Nettozahler: Die maximale Belastung liegt diesen Simulationen zufolge bei 38 Milliarden Euro (1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung von 2019).

Wirtschaftsweisen für Vorschlag der „Sparsamen Vier“

Dagegen lobte der CDU-Wirtschaftsrat den Gegenvorschlag der „Sparsamen Vier“ zu den Plänen Merkels und Macrons. Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande schlagen eine einmalige und auf zwei Jahre befristete Nothilfe auf der Basis von günstigen Krediten vor.

„Der Vorschlag ist eine gute und vor allem eine wirklich schnell helfende Alternative zur deutsch-französischen Initiative“, sagte der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, dem „Handelsblatt“ vom Montag. Der Plan von Merkel und Macron sei ein wichtiger Vorstoß, berge aber die große Gefahr einer Schuldenunion in der Zukunft und wirke zu spät.

Für Steiger setzt der Vorstoß der vier Staaten an den richtigen Stellen an. „Kredite statt Zuschüsse sind genauso der richtige Weg wie die klare zeitliche Begrenzung“, sagte er. So könne „schneller und effizienter reagiert werden“. (dts/nh)



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