Gasvorkommen im Mittelmeer: Griechenland hofft auf deutsche Unterstützung im Konflikt mit der Türkei

Im Mittelmeer herrscht düstere Stimmung zwischen der Türkei und Griechenland. Es geht um neu entdeckte Gasvorkommen in der Region, worauf beide Länder Anspruch erheben. Deutschlands Versuche, zwischen beiden Staaten zu vermitteln, scheiterten. Nun soll Außenminister Heiko Maas beide Länder besuchen.
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Eine Demonstrantin am 24. Juli 2020 während einer Versammlung in Thessaloniki, um sich gegen die Umwandlung der historischen Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee zu wenden.Foto: SAKIS MITROLIDIS/AFP über Getty Images
Von 24. August 2020

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) reist am Dienstag (25. August) zu politischen Gesprächen nach Griechenland und in die Türkei. Wie ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag in Berlin mitteilte, soll es neben unterschiedlichen außenpolitischen Themen besonders um die aktuellen Spannungen im östlichen Mittelmeer gehen. Ein Grund dafür ist der türkische Anspruch auf Gasvorkommen in Meeresgebieten, die nach Auffassung Griechenlands zu dessen Hoheitsgebiet gehören.

„Es ist notwendig, dass die Bundesregierung mit beiden Seiten im Gespräch ist“, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Die Region im östlichen Mittelmeer brauche „Stabilität und keine Spannungen“. Dafür wolle sich Deutschland einsetzen. Der Konflikt soll am Donnerstag und Freitag auch auf einem EU-Außenministertreffen in Berlin zur Sprache kommen.

Maas will laut Auswärtigem Amt zunächst Gespräche mit dem griechischen Außenminister Nikos Dendias führen und dann zu einer Begegnung mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu nach Ankara weiterreisen. In beiden Hauptstädten sind gemeinsame Pressebegegnungen vorgesehen. Ziel sei es, einen „direkten Dialog zwischen beiden Seiten“ in Gang zu bringen, sagte der Außenamts-Sprecher.

Beziehung zwischen Deutschland und Griechenland vorbelastet

„Wir und Deutschland haben eine völlig andere Sichtweise, wie wir mit unserem Nachbarn umgehen sollten. Wir können der Türkei nicht weiter schmeicheln – die Türkei hat die westlichen Werte ein für alle Mal aufgegeben; die Beschwichtigungsphase ist beendet“, erklärte ein hochrangiger griechischer Diplomat gegenüber „Politico“. „Deutschland hat eine falsche Vorstellung von den Absichten der anderen Seite“, fügte er hinzu.

Laut Aussagen von mehreren EU-Diplomaten hatte Athen beim Treffen der EU-Außenminister am 14. August eine gemeinsame Erklärung zu Belarus blockiert. Der Grund war, dass Deutschland keine harten Töne gegenüber der Türkei wegen ihrer Vorgehensweise am Mittelmeer eingeschlagen hat, wie Athen das erwartet hatte.

Die Beziehung zwischen Berlin und Athen wurde auch durch einen kleinen Zwischenfall weiter verschlechtert. Der deutsche Botschafter in Athen, Ernst Reichel, hatte über einen osmanischen Gouverneur getwittert, der Ende des 18. Jahrhunderts über Teile des heutigen Griechenlands herrschte.

„Ali Pascha, osmanischer Gouverneur alias Löwe von Ioannina, versuchte, in Epirus einen unabhängigen Staat zu schaffen. Er scheiterte und wurde getötet. Sein kopfloser Körper wurde hier begraben. In einer anderen Geschichte ließ er 18 einheimische Jungfrauen ertrinken, weil sie sich weigerten, seinem Harem beizutreten“, schrieb Reichel während eines Urlaubs in diesem Gebiet.

Auf seinen Tweet bekam er auf Griechisch unzählige negative Reaktionen und antwortete prompt: „Liebe Hasser, was beunruhigt Sie hier: Dass ich mit Ali Pascha sympathisiere, der sich gegen die Osmanen aufgelehnt hat? Oder dass ich nicht mit ihm sympathisiere? Und was hat Ali Pascha mit der heutigen Situation zu tun?“ Worauf noch mehr Griechen mit teils beleidigenden Bemerkungen reagierten.

Ägypten und Griechenland vereinbaren Wirtschaftszone im Mittelmeer

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am 13. August mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis telefoniert. Es schien alles geregelt zu sein, beide Parteien waren scheinbar offen für die Gespräche.

Es wurde sogar erwartet, dass die Sondierungsgespräche zwischen Ankara und Athen schon im August beginnen würden. Doch nach dem griechisch-ägyptischen Abkommen Anfang August wurden sie von Erdoğan mit der Begründung abgesagt, dass die Griechen „ihre Versprechen nicht eingehalten“ hätten.

Ägypten und Griechenland haben sich auf die Einrichtung einer Wirtschaftszone im östlichen Mittelmeer geeinigt. „Dieses Abkommen erlaubt beiden Staaten, bei der maximalen Nutzung der in der Ausschließlichen Wirtschaftszone verfügbaren Ressourcen voranzukommen“, sagte der ägyptische Außenminister Sameh Schukri bei der Vertragsunterzeichnung in Kairo.

EU-Diplomaten zufolge habe das Abkommen Berlin ebenfalls unerwartet getroffen und Deutschland sei dementsprechend verärgert darüber, denn nur wenige Stunden davor hatte Griechenland erklärt, es sei zur Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit der Türkei bereit.

Griechenland und die Türkei sollen „weitere Eskalationen vermeiden“

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, dass „die Bundesregierung die Unterzeichnung eines griechisch-ägyptischen Abkommens zur Kenntnis genommen hat“. Es sei aber weiterhin wichtig, dass Griechenland und die Türkei „in direkte Gespräche eintreten“ und „weitere Eskalationen vermeiden“, sagte Seibert.

Griechische Diplomaten räumten ein, obwohl der Zeitpunkt überraschend scheine, mussten sie das Abkommen geheim halten, um „türkische Versuche, es zu vereiteln, zu unterbinden“, schreibt „Politico“.

Frankreichs Unterstützung für Griechenland ist weitaus konkreter. Präsident Emmanuel Macron ordnete eine vorübergehende Verstärkung der französischen Militärpräsenz im östlichen Mittelmeer an.

Athen wünscht sich von Berlin einen ähnlich deutlichen Schritt.

Einen Tag nach dem Besuch von Maas in beiden Hauptstädten wird über das griechisch-ägyptische Abkommen im griechischen Parlament abgestimmt, während die EU-Außenminister am Donnerstag in Berlin zusammenkommen, um die Lage im östlichen Mittelmeerraum, einschließlich der Möglichkeit türkischer Sanktionen, zu erörtern.

(Mit Material von afp)



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