George Orwell lässt grüßen: China-Kritikerin wird in Neuseeland überwacht und eingeschüchtert

Die neuseeländische Professorin Anne-Marie Brady hat mehr als 25 Jahre die Kommunistische Partei Chinas erforscht und deren Überwachungsapparat offen gelegt. Nun wird sie selbst überwacht.
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Kritiker befürchten, dass unter Xi Jinping bald wieder Zustände herrschen werden in China wie zuletzt unter Mao Zedong.Foto: Kevin Frayer/Getty Images
Epoch Times31. Januar 2019

Anne-Marie Brady, Professorin an der Univerity of Canterbury in Neuseeland, hat ihr Leben der Erforschung der Kommunistischen Partei Chinas gewidmet und wähnte sich dabei über Jahre in dem Inselstaat im Südpazifik in Sicherheit.

Nie hätte sie geglaubt, dass sie einmal selbst Opfer des straff durchorganisierten und weltweit operierenden Überwachungsapparates der KP Chinas werden würde. Doch seit der Veröffentlichung ihrer Zeitung „Magic Weapons“ (Magische Waffen) im Jahr 2017, in der sie das Ausmaß des chinesischen Einflusses in Neuseeland beschreibt, hat sich ihre Situation dramatisch verändert.

In einem Interview mit „The Guardian“ erzählt sie, wie sie und ihre Familie zur Zielscheibe einer Einschüchterungkampagne wurden, mit dem Ziel, sie mundtot zu machen.

Das chinesische Regime hat auf die Aufforderung zur Stellungnahme von Seiten des Guardians nicht reagiert.

Die Beobachterin wird zur beobachteten Person

Was ist geschehen? Ab Ende 2017 wurde in das Haus der Familie Brady sowie in ihr Büro mehrfach eingebrochen. Das Familienauto wurde manipuliert, sie erhielt zahlreiche anonyme Drohanrufe und einen Drohbrief in dem stand: „Du bist die Nächste“. Seitdem ist sich die Professorin bewußt darüber, dass sie selbst unter Beobachtung steht.

Brady, die sich selbst als „stoisch“ bezeichnet, musste bereits beim Erdbeben in Christchurch 2010 ihre Erfahrungen im Umgang mit Posttraumatischen Belastungsstörungen nutzen, um mit der Situation fertig zu werden. Nun wird ihre psychische Belastbarkeit erneut auf die Probe gestellt.

Sie weiß, dass man sie in erster Linie erschrecken und einschüchtern will. Man wolle sie psychisch krank machen, um ihre weitere Arbeit zu verhindern und sie zum Schweigen zu bringen. „Ich gewinne, indem ich keine Angst habe“, sagt sie im Interview.

Enge Mitarbeiter von Brady wurden in China schon vom Ministerium für Staatssicherheit besucht. Brady’s Arbeitgeber, die Canterbury University, hat kürzlich einen Sicherheitsberater eingestellt, um ihr Büro zu schützen. Neue Schlösser wurden eingebaut, Videoüberwachung eingeführt und eine Verschlüsselungssoftware installiert.

Ihr Zuhause, in dem auch ihre drei Kinder im Teenageralter leben, wird trotz dreier Ersuche um fachkundige Regierungsunterstützung nicht bewacht. Um ihre häusliche Sicherheit muss sie sich mit ihrem Mann – einem Künstler aus Peking – selbst kümmern.

In dem Interview, dass auf einer Gartenbank geführt wurde, wo sie nicht abgehört werden kann, erzählt die Professorin, wie sich die Neuseeländer bisher immer sehr sicher im eigenen Land gefühlt hätten, da sie sich von den Problemen der restlichen Welt weit genug entfernt sahen. Das sei inzwischen nicht mehr so, meint Brady und erklärt: “Wir sind auch Teil des internationalen Umfelds, und was mit mir passiert ist – nachdem mein Zuhause und mein Arbeitsplatz überfallen wurden – ist ein Weckruf für die Menschen.“

In den letzten Monaten hat Brady begonnen, mit Humor gegen die Angst vorzugehen, hat einen Berater für Polizeiberatung gesehen und lebt bewusst „im Moment“.

Brady hat die Propaganda- und Einschüchterungstaktiken der chinesischen Regierung jahrzehntelang studiert, so dass ihre jetzige Situation einer gewissen Ironie nicht entbehrt. Der Beobachter ist zum Beobachteten geworden. 

„Töte das Huhn, um den Affen zu erschrecken“

Laut der Forscherin und anderen Experten erfahren chinesische Wissenschaftler unter der Führung von Xi Jinping auf der ganzen Welt zunehmende Einschüchterungen. Aus Angst vor Repressalien oder einer Visa-Verweigerung trauen sie sich dann nicht, öffentlich zu sprechen.

„Töte das Huhn, um den Affen zu erschrecken“ – sagt Brady und zitiert ein chinesisches Idiom.

Das Beispiel eines Dozenten an der Macquarie University in Australien zeigt, wie die in China lebenden Familien bedrängt werden, wenn Studenten im Ausland mit sensiblen Informationen in Berührung kommen.

Der Dozent hatte sensible Teile seiner Vorlesung nach China weitergeleitet, daraufhin bekamen die in China lebenden Eltern der Studenten Besuch von der Staatssicherheit.

„Die Menschen haben erkannt, dass es keine große Firewall mehr zwischen der akademischen Praxis in China und der akademischen Praxis außerhalb Chinas gibt“, zitiert The Guardian Carrico.

Brady und ihr Mann lehnten ausländische Stellenangebote immer ab, da sie ihre Kinder in einer „sicheren Gesellschaft“ aufziehen wollten. Doch inzwischen sei China eine „Herausforderung für unsere Souveränität“, sagt Brady. Und dass die Regierung eine neuseeländische Familien im eigenen Land nicht schützt, das verwundert die Professorin doch sehr.

Die neuseeländische Polizei habe gesagt, dass sie den Fall weiter untersuchen werde, und die Sprecherin der Premierministerin Jacinda Ardern habe gesagt, dass sie das Recht der Akademiker auf freie Arbeit „absolut verteidigt“, aber sie „hat keine Berichte erhalten, dass es ein Problem gibt, das auf China oder ein anderes Land zurückzuführen ist“.

Doch Brady bleibt eisern und weiß, dass das, was sie tut, enorm wichtig ist. Ansonsten würde man ihr nicht so viel Aufmerksamkeit schenken, sagt sie. Außerdem hätten Regierungsinsider sie ermutigt, weiterzumachen. Sie wisse, dass ihre Forschungen und auch ihr Mut geschätzt würden. Letzteres hole sie sich inzwischen aus den Schriften von George Orwell.

Brady sieht sich und ihre Familie als Teil einer sich verändernden geopolitischen Situation und weiß, dass sie trotz allem auch „normal sein“ muss. Sie sei alles auf einmal: Mutter, Akademikerin, Kollegin und eine Person, die im Supermarkt einkaufen ist. (nmc)



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