„Gewogen und zu leicht befunden“: Internationale Medien sehen fehlende Autorität hinter AKK-Rückzug

Internationale Medien sehen den Rückzug von CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer als Konsequenz fehlender Erfolge und mangelnder Autorität. Das „Schonklima“ im Saarland sei von vornherein keine gute Schule für die anspruchsvolle Aufgabe in Berlin gewesen.
Internationale Medien sehen den Rückzug von CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer als Konsequenz fehlender Erfolge und mangelnder Autorität.
Was sagen internationale Medien zu der Lage in Deutschland?Foto: iStock
Von 11. Februar 2020

Am Montag (10.2.) hat die CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) nach nur 14 Monaten im Amt ihren Rückzug vom Parteivorsitz und den Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur bei den Bundestagswahlen erklärt, die voraussichtlich im Herbst 2021 stattfinden.

Die Entwicklung hat auch im Ausland Aufmerksamkeit hervorgerufen. Einige namhafte Medien haben eigene Analysen zur Situation publiziert.

Das Fachmagazin „Foreign Policy“ sagt Deutschland eine Zeit politischer Unsicherheit voraus. Das Einzige, was sicher sei, wäre das Ende der Kanzlerschaft Merkels – und der „Lame Duck“-Effekt, der sich in den verbleibenden Monaten einstelle.

Kramp-Karrenbauer habe versprochen, die Gräben innerhalb der Partei zuzuschütten, ohne Merkels „in weiten Teilen der Bevölkerung populäre“ Agenda hinter sich zu lassen, und einen Ausgleich zwischen Ideologie und Pragmatismus zu finden, der die Basis anspreche, ohne die deutschen Wähler in ihrer Breite zu verprellen.

„Unklar, ob es eine Strategie gibt, die erfolgreicher wäre“

Sie sei diesen Aufgaben jedoch nicht gerecht geworden, obwohl sie es versucht hätte:

Immer und immer wieder versuchte sie, zwischen den kulturell konservativen Gruppen und dem liberalen Flügel ihrer Partei zu vermitteln. Diese Bemühungen zeitigten jedoch den gegenteiligen Effekt, sodass sowohl die radikale Rechte als auch die multikulturalistischen Grünen sich über steigende Umfragewerte freuen können.“

Dazu seien persönliche Fehltritte gekommen, die sie immer wieder zu Rückzugsgefechten gezwungen hätten – von Karnevalswitzeleien über Transgender bis zu missverständlichen Äußerungen über eine mögliche Zensur des Internets mit Blick auf Videos wie jenes des YouTubers „Rezo“. Am Ende sei sie über ihre Unfähigkeit gestolpert, gegenüber der Landtagsfraktion in Thüringen ihre Autorität zu behaupten und „rote Linien“ durchzusetzen.

Das Fazit der Publikation: „Es ist immer noch unklar, ob irgendeine Strategie dort Erfolg haben kann, wo Kramp-Karrenbauer scheiterte.“

Auch der US-Sender „Fox News“ sieht Deutschland nach der AKK-Rücktrittsankündigung als vermeintlichen „Anker der Stabilität und des neoliberalen Zentrismus in Europa“ einer unsicheren Zukunft entgegengehen. Kramp-Karrenbauer wird mit ihrer Einschätzung zitiert, ihr Schritt werde „keinen Effekt auf die Stabilität der Großen Koalition haben“.

Verteidigungsministerium als undankbare Aufgabe

Allerdings sei davon auszugehen, dass ein Ruck nach rechts ein Auseinanderbrechen des Bündnisses begünstigen und vorzeitige Neuwahlen herbeiführen könnte.

Einen etwas weiter nach rechts gehenden Kurs der CDU erwartet die „Washington Post“ angesichts der wahrscheinlichen Kandidaten für die Nachfolge:

„Während noch keine Kandidaten offiziell [ihre Kandidatur] angekündigt haben, befinden sich unter den voraussichtlichen Favoriten zwei Figuren, die bereits zuletzt Kramp-Karrenbauer beim Rennen um den Bundesvorsitz herausgefordert hatten. Sowohl Friedrich Merz – der in der Vorwoche angekündigt hatte, seinen Vorstandsposten bei BlackRock zugunsten der Politik zu räumen – als auch Gesundheitsminister Jens Spahn erklären, dass die Partei in der Frage der Einwanderung eine härtere Position einnehmen müsse, und sich generell nach rechts bewegen in Anbetracht sinkender Unterstützung für Zentristen und des Aufstiegs der weit rechten Alternative für Deutschland (AfD).“

Als entscheidende Faktoren für das Scheitern Kramp-Karrenbauers sieht man auch dort Kontroversen wie jene um die Karnevalsscherze. Aber auch der Posten der Verteidigungsministerin habe sich als Danaergeschenk für die Parteichefin erwiesen – angesichts der seit dem Zweiten Weltkrieg verbreiteten ablehnenden Haltung im Land gegenüber aktivem militärischem Engagement und der Ineffizienz der Streitkräfte. Das Vorpreschen AKKs mit Vorschlägen wie einer Schutzzone in Syrien unter deutscher Beteiligung habe ihr ebenfalls geschadet.

CDU könnte sich auch als Partei selbst zerstören

Die „Daily Mail“ sieht ebenfalls eine Verbindung zwischen Fettnäpfchen wie der Reaktion AKKs auf das CDU-kritische YouTube-Video und dem zunehmenden Verlust ihrer Autorität innerhalb der Partei selbst. Das Blatt zitiert die scheidende Parteichefin mit ihrer Einschätzung, die CDU werde bis zum Sommer einen adäquaten Prozess in Gang gebracht haben, um die Nachfolge zu regeln.

Auch die Daily Mail sieht Friedrich Merz, der auf dem Bundesparteitag im Jahr 2018 nur knapp gescheitert sei, als aussichtsreichen Kandidaten für das Amt des Parteichefs und auf die Kanzlerkandidatur.

In der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) sieht Korrespondent Hansjörg Müller den Schritt Annegret Kramp-Karrenbauers als ihre Art, „Konsequenzen aus ihrer Erfolglosigkeit“ zu ziehen. Sie habe sich auch vor dem Hintergrund ihres bisherigen politischen Werdegangs gleichsam als gewogen und zu leicht befunden erwiesen:

„Die Frau, die im Schonklima des provinziellen Saarlands aufstieg, war ihrer Aufgabe in Berlin nicht gewachsen.“

In der „Basler Zeitung“ stellt Dominique Eigenmann fest, Kramp-Karrenbauer habe einen konsequenten Schritt gesetzt, nachdem sie „jede Autorität verloren“ hätte. Allerdings sieht er im Zuge der Nachfolgedebatte auch die Gefahr, die CDU könnte sich auch als Partei insgesamt selbst zerstören.



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