Hat Pekings Spalt-Taktik gewirkt? Internationale Kritik an Macrons China-PR

Nach seiner China-Reise schlägt Frankreichs Präsident Macron Töne an, die bei manchem politischen Beobachter die Alarmglocken klingeln lassen. Die Spalt-Politik Pekings scheint zu wirken. Gerät die Allianz des Westens unter Druck?
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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (R) entwickelte nach dem Besuch bei Chinas Führer Xi Jinping (L) sonderbare Spaltungsideen. Das Foto entstand, als beide Staatsführer am 7. April 2023 im Garten der Residenz des Gouverneurs von Guangdong lustwandelten.Foto: Jacques Witt / Pool / AFP/ via Getty Images
Von 11. April 2023


Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen twitterte beispielsweise: „Macron hat es geschafft, seine China-Reise in einen PR-Coup für Xi und ein außenpolitisches Desaster für Europa zu verwandeln“, erklärte der langjährige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages. Macron habe sich mit seiner „Vorstellung von Souveränität“, die er eher auf Distanz als auf Partnerschaft mit den USA definiere, in Europa zunehmend isoliert.

Doch was hatte Emmanuel Macron eigentlich an Ideen aus China mitgebracht?

Macrons Supermacht-Ambitionen

Bereits an Bord der französischen Präsidentenmaschine hatte Macron während seines Rückflugs von China nach Frankreich und auch während des Flugs von Peking nach Guangzhou zu mitreisenden Journalisten, unter anderem von „Politico“, gesprochen.

In diesem Zusammenhang hatte der französische Präsident gegenüber der zum Axel-Springer-Verlag gehörenden US-Zeitung auch seine Theorie der „strategischen Autonomie Europas“ angesprochen. „Politico“ glaubt, dass Macron sich dabei für Frankreich die führende Rolle als eine „dritte Supermacht“ vorstellt.

Macrons Vorstellungen nach müsse daher Europa seine Abhängigkeit von den USA verringern und vermeiden, wegen der Taiwan-Frage in eine Konfrontation zwischen China und den USA hineingezogen zu werden. In diesem Zusammenhang sprach Macron davon, dass Europa „in Krisen verwickelt wird, die nicht unsere sind“. 

Der SPD-Außenpolitiker Metin Hakverdi warnte gegenüber dem „Tagesspiegel“: „Es ist ein schwerer Fehler, sich als Westen ausgerechnet im Umgang mit Peking spalten zu lassen.“ Der Westen, „also Europa und die USA“ müssten gegenüber China immer versuchen, gemeinsam aufzutreten, „nicht gespalten“. Dies erklärte der Bundestagsabgeordnete aus dem Europaausschuss für die USA und China mit Verweis auf die „bittere Lehre“ aus dem Ukrainekrieg. „Wir brauchen einen kritischen Umgang mit autoritären Staaten, so auch mit China, keine naive Liebesdienerei“, so Hakverdi.

Pekings Spalt-Axt teilt Europa

Die chinesischsprachige Epoch Times sprach am 4. April mit Ding Shu-fan, emeritierter Professor der taiwanischen Nationalen Universität Chengchi. Er erklärte, dass die allgemeine Richtung der KP Chinas (KPC) darin bestehe, Europa als Gegengewicht zu den USA einzubinden. Dazu hätte sich das Regime mit vielen europäischen Führern getroffen. China wolle Europa dazu ermutigen, eine strategische Autonomie anzunehmen und sich nicht der US-Strategie der Umzingelung Chinas anzuschließen.

Wie Professor Ding erklärte, habe jedes Land in verschiedenen Aspekten eine andere Position oder eine andere Beziehung zu China. Dies nutze die KPC, um eine Art Spaltung herbeizuführen. Dadurch könne Europa nicht als Ganzes geeint mit China umgehen.

Wie „Politico“ schreibt, habe Macron beim trilateralen Treffen mit Xi und von der Leyen ähnliche Ansichten zu Taiwan vertreten wie die EU-Kommissionspräsidentin. Allerdings habe Macron anschließend vier Stunden mit Xi verbracht, größtenteils nur in Anwesenheit von Übersetzern.

Dovilė Šakalienė, ein litauischer Parlamentarier, warf Macron „geopolitische Blindheit“ und ein Handeln „gegen die strategischen Interessen der EU und der Nato“ vor, schreibt die „Financial Times“. Den Angaben des Abgeordneten nach hätten sich viele ehemals kommunistische Länder in Osteuropa mit Taiwans Position identifiziert. Sie würden eine Parallele zwischen Pekings Vorgehen gegen Taiwan und der russischen Bedrohung gegen die ehemaligen Sowjetstaaten sehen.

Den FT-Angaben nach hätten zudem zwei hochrangige EU-Diplomaten erklärt, dass Macrons Äußerungen sowohl Europa als auch die Beziehungen der Ukraine zu den USA beeinträchtigen würden. Sie würden der EU auch erschweren, eine einheitliche Position gegenüber Peking zu vertreten. „Das ist für niemanden ein Gewinn, außer für Xi.“

US-Senator: Spricht Macron für Europa?

Nach der Veröffentlichung von Macrons Ansichten in den Medien twitterte der republikanische US-Senator Marco Rubio: „Wir müssen herausfinden, ob Emmanuel Macron für Europa spricht. Nach seinem sechsstündigen Treffen in China sagte er [zu] den Reportern, dass Europa Distanz zu den USA schaffen und sich nicht an der Unterstützung Amerikas gegenüber China beteiligen sollte, wenn es um Taiwan geht.“

Nach der internationalen Aufregung, die Macrons Aussagen verursachten, erklärte ein Sprecher der französischen Botschaft in Washington, dass Macrons Äußerungen überinterpretiert worden seien: „Die USA sind unsere Verbündeten, mit denen wir unsere Werte teilen“, versicherte der französische Diplomat nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“.

„Politico“ erklärte hingegen am Ende seines Beitrags, dass das französische Präsidentenbüro die Zitate Macrons vor der Veröffentlichung korrekturgelesen habe. Dies sei die Bedingung gewesen, überhaupt mit Macron sprechen zu können. Die Redaktion der Zeitung verweist jedoch darauf, dass „einige Teile des Interviews, in denen der Präsident noch offener über Taiwan und die strategische Autonomie Europas“ gesprochen habe, „vom Elysée herausgeschnitten“ worden seien.

Gleichzeitig mit Macron, aber mit kritischen Worten im Gepäck, war EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach China gereist. Macron hingegen hatte eine große Wirtschaftsdelegation von 50 Spitzenmanagern mitgenommen. Laut dem „Handelsblatt“ habe Macron damit ein Signal ausgesendet, dass Peking sehen wolle: „business as usual“ oder „weiter wie gewohnt“. Macron war früher selbst Mitglied der Sozialistischen Partei in Frankreich, bevor er 2016 im Vorfeld seiner Präsidentschaftskandidatur die Partei La République En Marche! (Die Republik in Bewegung) gegründet hat. Heute ist Macron in der Partei, die sich 2022 in Renaissance (Wiedergeburt) umbenannte, Ehrenvorsitzender.



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