Grüne und SPD dringen auf Aufnahme weiterer Moria-Flüchtlinge: „Deutschland sollte als Vorbild vorangehen“

Grüne und SPD dringen darauf, dass Deutschland weitere Geflüchtete aus dem abgebrannten Lager Moria auf Lesbos aufnimmt. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) spricht sich für eine Aufnahme von 2.000 Migranten aus Moria binnen drei Tagen aus.
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Migranten warten auf ihre Registrierung im Camp Kara Tepe im Nordosten der Hauptstadt auf der griechischen Insel Lesbos am 12. September 2020 in Mytilene, Griechenland. Ein Feuer verwüstete in der Nacht zum 8. September das Migrantenlager in Moria und machte mehr als 12.000 Flüchtlinge obdachlos, von denen viele in neu errichtete Zelte im Flüchtlingslager Kara Tepe gebracht wurden.Foto: Milos Bicanski/Getty Images
Epoch Times13. September 2020

„Deutschland sollte als Vorbild vorangehen, gern auch mit anderen Europäern in einer Koalition der Willigen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der „Bild am Sonntag“. „Zu warten, bis eine gesamteuropäische Lösung gefunden ist, heißt, Hilfe zu verweigern“, kritisierte sie die Haltung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).

Göring-Eckardt hatte sich in den vergangenen Tagen vor Ort über die Lage auf der Insel Lesbos informiert. „Die Geflüchteten harren mitten im Dreck aus, sind schutzlos der Sonne ausgeliefert, ohne Wasser und genügend Essen“, beschrieb sie die Lage. Deutschland und die EU dürften es nicht bei der angekündigten Aufnahme von 400 unbegleiteten Minderjährigen belassen, davon bis zu 150 für Deutschland.

SPD unzufrieden mit Ankündigungen von Seehofer

„Die SPD wird sich mit den Ankündigungen von Horst Seehofer nicht zufriedengeben“, sagte auch SPD-Chefin Saskia Esken der „BamS“. „Wir werden auch nicht akzeptieren, dass aus taktischen Gründen die Würde dieser Menschen mit Füßen getreten wird.“ Deutschland müsse hier vorangehen und „sich auch unabhängig von der Entscheidung anderer EU-Länder zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge bereit erklären“, verlangte Esken.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) forderte mit Blick auf die Aufnahmebereitschaft vieler Städte und Gemeinden einen Krisengipfel von Bund, Ländern und Kommunen. „Man muss auf allen Ebenen die Möglichkeiten der zahlenmäßigen Aufnahme von Geflüchteten aus Griechenland klären“, sagte er dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Nötig sei ein abgestimmtes und schnelles Vorgehen, um das Leiden der Menschen in den griechischen Lagern zu beenden. Dafür müsse sich Seehofer mit den hilfsbereiten Ländern und Kommunen an einen Tisch setzen, deren Aufnahmeangebote er bisher blockiert.

Linke für Sanktionen gegen ablehnende EU-Staaten

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch plädierte für finanzielle Sanktionen gegen EU-Staaten, die sich weigern, Migranten und Flüchtlinge aufzunehmen. „Wer partout keinen Beitrag für eine europäische Flüchtlingspolitik leisten will, muss es in der Staatskasse spüren“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass EU-Mittel sowohl an die Rechtsstaatlichkeit als auch an die Aufnahmebereitschaft von Menschen in Not gebunden werden.“ Dies solle auf einem EU-Sondergipfel geklärt werden.

Bartsch sprach sich dazu für einen EU-Sondergipfel aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse die deutsche Ratspräsidentschaft nutzen, um endlich Grundregeln für eine europäische Flüchtlingspolitik zu verabreden. „Appelle haben fünf Jahre lang nichts gebracht. Deshalb sollte EU-Geld als Druckmittel eingesetzt werden“, verlangte Bartsch. „Abschottung muss teuer werden.“ In den aktuellen EU-Finanzverhandlungen gehe es um ein Paket von 1,8 Billionen Euro, erinnerte der Fraktionsvorsitzende. „Für diese Mittel werbe ich für eine Rechtsstaatsklausel und eine Migrationsklausel. Mittel müssen gekürzt werden können, wenn europäische Werte mit Füßen getreten werden.“

Entwicklungsminister für Aufnahme von 2.000 Migranten aus Moria

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat nach dem Großbrand ebenfalls zu schneller Hilfe gemahnt. „Jetzt muss sofort geholfen werden. Die Menschen müssen verteilt werden“, sagte Müller im Deutschlandfunk.

Der Brand müsse ein Weckruf sein. „So darf es nicht weitergehen. Wer in diesem Lager einmal war, der wird nicht von Flüchtlingslager sprechen, sondern das ist ein Gefängnis.“ Die Menschen vor Ort lebten unter „inakzeptablen Verhältnissen“, so Müller.

Der CDU-Politiker sagte weiter, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) über das Technische Hilfswerk sofort Hilfe eingeleitet habe. Das sei aber nur der erste Schritt. Es könne nicht sein, dass man wieder wochenlang diskutiere. „Wir sollten das Angebot der deutschen Länder und Kommunen aufgreifen und zeigen: Deutschland handelt sofort“, so der Minister. Die Bundesrepublik könne „ein Zeichen“ setzen.

Müller sprach sich für die Aufnahme von 2.000 Menschen aus Moria aus. Dies könne man „innerhalb von drei Tagen“ umsetzen. Andere EU-Länder könnten dann dem Beispiel Deutschlands folgen.

(afp/dts)



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