Importiertes LNG: Bis zu 274 Prozent klimaschädlicher als Kohle

Laut einer neuen US-Studie könnte die Klimabilanz von importiertem Flüssiggas fast dreimal so schlecht sein wie die Verbrennung von Kohle zur Energiegewinnung. Das könnte die Bundesregierung weiter unter Druck setzen.
Importiertes LNG: Bis zu 274 Prozent klimaschädlicher als Kohle
Flüssiggas (LNG) kommt in großen Frachtschiffen nach Deutschland.Foto: iStock
Von 13. November 2023

Seit Dezember 2022 erhält Deutschland über schwimmende Terminals Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, kurz LNG). Damit wollte die Bundesregierung teilweise das fehlende Erdgas aus Russland ersetzen. Zusätzliche Terminals sollen die Importmenge künftig weiter erhöhen.

Doch nun kam eine neue US-Studie zu dem Ergebnis, dass importiertes Flüssiggas offenbar deutlich klimaschädlicher als das Verfeuern von Kohle ist.

Viele Regierungen und Organisationen sind der Ansicht, dass das vom Menschen freigesetzte Kohlenstoffdioxid (CO₂) den Treibhauseffekt beschleunigt. Das verursache einen globalen Temperaturanstieg, der unter anderem mehr Naturkatastrophen zur Folge hätte. Diese Ansicht wird von einer signifikanten Anzahl von Wissenschaftlern weltweit infrage gestellt.

Methan entweicht mehrfach

In der bisher nicht veröffentlichten Analyse des Methan-Forschers Robert Howarth von der Cornell University heißt es:

Die absoluten Treibhausgasemissionen von LNG sind im schlimmsten Fall um 274 Prozent höher als die von Kohle.“

Als Ursache macht Professor Howarth Methan-Leckagen bei den verschiedenen Etappen vom Fracking über die Reinigung, Verflüssigung und schließlich den Transport über die Weltmeere aus.

Methan gilt als besonders aggressives Treibhausgas. Selbst bei Nutzung der modernsten Schiffe und kürzesten Routen seien die Emissionen „um mindestens 24 Prozent höher“, als wenn Steinkohle verwendet würde. Das zeigten die Ergebnisse der Berechnungen des Professors für Umweltbiologie. Die Studie betrachtete dabei den gesamten Weg des Gases vom Frackingloch bis zur Verfeuerung zur Strom- oder Wärmeerzeugung.

Eine fehlgeleitete Klimapolitik?

Howarths Studie wurde noch nicht von anderen Fachleuten gegengeprüft (peer review). Die US-Zeitschrift „The New Yorker“ bezieht sich auf diese Zahlen und diskutiert sie im Kontext der aktuellen Klimapolitik von US-Präsident Joe Biden.

Die LNG-Branche ist gerade in den vergangenen Jahren schnell gewachsen und die USA sind heute der größte Erdgasexporteur der Welt. Bislang wurden sieben große LNG-Exportterminals gebaut, die meisten davon an der Golfküste. Mindestens 20 weitere sind in Planung.

Nach Angaben des ehemaligen Beraters für Klimapolitik der US-Umweltbehörde, Jeremy Symons, werden diese insgesamt 27 Terminals, wenn sie alle in Betrieb sind, jährlich zusätzliche 3,2 Milliarden Tonnen Treibhausgasemissionen verursachen.

Das entspricht fast den derzeitigen jährlichen Emissionen der gesamten Europäischen Union. „Das ist eine unglaubliche Menge an Umweltverschmutzung“, sagte Symons. Demzufolge könnte der LNG-Export die ambitionierten Klimaschutzziele der US-Regierung scheitern lassen.

Zusätzlicher Druck für die Bundesregierung

Zu der Ausweitung der LNG-Exportkapazitäten in den USA hat unter anderem die hohe Nachfrage aus Deutschland beigetragen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht durch die Forschungsergebnisse jetzt den Handlungsdruck auf die Bundesregierung und die EU gestiegen. In Brüssel wird in wenigen Tagen über schärfere Regeln für Methan-Emissionen aus der Öl- und Gaswirtschaft abgestimmt.

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz bei der DUH, kritisierte gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ bereits die Regierung in Berlin. „Mit der Ausweitung der LNG-Importe nach Deutschland macht sich die Bundesregierung mitverantwortlich für wachsende Methan-Emissionen weltweit.“

Weiter merkte er an: „Gerade deshalb muss sie sich in den nächsten Tagen besonders für eine ambitionierte Ausgestaltung der Methan-Verordnung einsetzen.“ Entscheidend sei hier, dass auch Methan-Emissionen aus der Lieferkette berücksichtigt werden. Gleichzeitig solle es für die Gasnetzbetreiber in Europa künftig verpflichtend sein, diesbezüglich strenge Kontrollen durchzuführen.

LNG-Terminals verfehlen Nachhaltigkeitsziele

Gegen  das LNG-Terminal auf Rügen, das Deutschland bei der Bewältigung der Energiekrise helfen soll, gab es im Laufe dieses Jahres immer wieder Proteste – auch von der Landesregierung und Umweltaktivisten. In die Proteste involviert oder dazu aufgerufen haben etwa die Gruppe „Ende Gelände“, die „Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen“, Greenpeace und „Fridays for Future“.

Ein Protestteilnehmer auf Rügen war auch der Wirtschaftswissenschaftler Christian von Hirschhausen. Er ist Professor für Infrastrukturpolitik der TU Berlin und Forschungsdirektor für die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Der Wissenschaftler stellte auf Rügen eine aktuelle LNG-Studie des DIW vor, die im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe erstellt wurde.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die geplante neue Infrastruktur im Hafen von Mukran im Widerspruch zu den Nachhaltigkeitszielen stehe. „Sie gefährdet ebenso den Lebensraum der Ostsee, verursacht zusätzliche klimaschädliche Emissionen und behindert eine nachhaltige regionale Wirtschaftsentwicklung.“

(Mit Material von dts)



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