Italien: Bürgermeister verbietet das Tragen von Masken – auf Grundlage eines Vermummungsverbots

In der italienischen Stadt Sutri hat deren Bürgermeister Vittorio Sgarbi den Bürgern das Tragen von Masken zum Mund- und Nasenschutz untersagt. Er stützt sich dabei auf ein Vermummungsverbot, das unter dem Eindruck terroristischer Umtriebe im Jahr 1977 erlassen wurde.
Titelbild
Der italienische Bürgermeister Vittorio Sgarbi am 24. Oktober 2018 in Bologna, Italien.Foto: Roberto Serra/Iguana Press/Getty Images
Von 1. September 2020

Der Kulturkritiker und spätere Politiker Vittorio Sgarbi ist zu Italiens entschiedenstem Kritiker des Tragens von Mund- und Nasenbedeckung avanciert. Der 68-jährige Kunsthistoriker, der seit 2018 Bürgermeister der 6.000-Einwohner-Stadt Sutri in der Provinz Viterbo ist, hat das Tragen von Masken „ohne wichtigen Grund“ auf dem Gebiet seiner Gemeinde untersagt. Er beruft sich dabei auf ein Gesetz aus dem Jahr 1977.

Bürgermeister Sgarbi: „Nur Diebe und Terroristen tragen Masken“

Dieses war unter dem Eindruck der Bedrohung des Landes durch links- und rechtsextremistische Terroristen erlassen worden und beinhaltet ein Verbot, sich durch das Tragen von Helmen, Masken oder ähnlichen Utensilien in der Öffentlichkeit zu vermummen. In dem Gesetz wird normiert, dass das Gesicht eines Menschen jederzeit erkennbar sein müsse, wenn er sich auf der Straße bewegt.

„Nur Diebe und Terroristen tragen Masken“, zitiert die österreichische Presseagentur APA den Politiker, der gleichzeitig auch regionaler Assessor für kulturelles Erbe in Sizilien und Mitglied der Kulturkommission des italienischen Parlaments ist.

In dieser Funktion hatte Sgarbi bereits im Mai für einen Eklat gesorgt, als er sich geweigert hatte, der Pflicht zu entsprechen, im Parlament eine „Mascherina“ zu tragen. Er nannte die Aufforderung der Sitzungsleitung, eine solche anzulegen, „Erpressung“ und weigerte sich, dieser nachzukommen.

Weitreichende Vorgaben zum Mundschutz – aber auch wieder mehr Normalität

Sgarbi, der im Laufe seiner politischen Karriere bereits einer zweistelligen Anzahl an Parteien und Wählervereinigungen angehört hat und über die Liste von „Forza Italia“ in die Abgeordnetenkammer gewählt wurde, hat das Maskenverbot vorerst für die Zeit zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens angeordnet. In den übrigen Stunden sind Masken lediglich bei Versammlungen erlaubt. Zuwiderhandeln kann ein Bußgeld kosten.

Allgemein gilt in Italien, das zu den am stärksten von der Corona-Krise heimgesuchten Ländern der EU zählte, eine Maskenpflicht in Ladenlokalen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Museen und Theatern sowie innerhalb größerer Menschenansammlungen auch im Freien.

Dazu können Vorschriften über das Tragen von Masken auf der Basis von Hygienekonzepten und allgemeinen Geschäftsbedingungen treten. So ist beispielsweise in den beliebten Luna Parks, den Vergnügungsparks italienischer Tourismus-Hochburgen, auf dem gesamten Gelände eine Maskenpflicht vorgeschrieben. Allerdings haben die Masken- und Abstandsvorschriften sowie die Allgegenwart von Desinfektionsmittelspendern dazu beigetragen, dass in Italien schon ab Juli wieder Veranstaltungen stattfinden und Vergnügungsparks öffnen konnten.

Italiens Tourismus-Hochburgen verschärften Maskenpflicht

Als es in der Tourismussaison jüngst zu einem neuerlichen Anstieg der Corona-Fälle kam, verfügten einige Gemeinden in stark frequentierten Regionen wie der Oberen Adria, dass in der Zeit zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens Schutzmasken auch im Freien getragen werden müssen, wenn die Einhaltung des vorgeschriebenen Abstandes von 1,5 Meter nicht eingehalten werden kann.

Die Wetterlage und der Kalender könnten gerade in den betroffenen Gebieten für eine Entspannung der Lage sorgen: In vielen Touristengebieten war in den vergangenen Tagen Regen angesagt, und üblicherweise schließen die meisten großen Hotels dort spätestens Ende September und öffnen erst wieder im April oder Mai des Folgejahres.

Einer der prominentesten Adressaten eines Bußgeldbescheides ist der Chef der rechtsgerichteten Lega, Matteo Salvini, gegen den der Bürgermeister der süditalienischen Stadt Benevento, Clemente Mastella, eine Sanktion verhängte, weil dieser bei einer stark besuchten Wahlkampfveranstaltung keinen Mundschutz getragen hatte.



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