Italien: Di Maio als „nützlicher Idiot“ des Regimes in Peking

Chinas kommunistische Führung sieht in Italien ein primäres Zielgebiet für seine Propaganda im Zusammenhang mit der Corona-Krise. Peking ist damit auch sehr erfolgreich – nicht zuletzt, weil die Fünf Sterne in der Regierung gleichsam wie ein Sprachrohr der KP agieren.
Titelbild
Giuseppe Conte (r.), Premierminister von Italien, und Luigi Di Maio, Ex-Chef der Fünf-Sterne-Partei und Außenminister.Foto: Angelo Carconi/ANSA/AP/dpa
Von 20. April 2020

Noch im Vorjahr um diese Zeit galt Matteo Salvinis Lega als das Schreckgespenst Brüssels. Der damaligen Regierungspartei wurde vorgeworfen, die EU zu unterminieren und sich zu diesem Zweck auch noch mit der Russischen Föderation zu verbünden. Im Spätsommer zerbrach die Regierung, und in Brüssel war ebenso wie in Berlin die Erleichterung groß, als ein fliegender Koalitionswechsel der linkspopulistischen Fünf Sterne zur „Demokratischen Partei“ Neuwahlen mit einem wahrscheinlichen Lega-Triumph verhinderte. Was damals kaum einer sah: Mit den Fünf Sternen hat man auf eine Kraft gesetzt, die einer anderen fremden Macht näher stand, als es selbst Brüssel lieb war – nämlich dem KP-Regime in China.

Italien als dankbares Agitationsgebiet

Mittlerweile wird die Charmeoffensive der Regierung um Machthaber Xi Jinping, deren Hauptaugenmerk Italien gilt, selbst dem EU-Außenbeauftragen Josep Borrell unheimlich. Die offensive „Maskendiplomatie“ Pekings bei gleichzeitiger Streuung von Verschwörungstheorien, um den Ursprung des Virus zu verschleiern, sieht er als Ausdruck eines „globalen Kampfs der Narrative“. Den Zweck der Übung umschreibt er wie folgt:

„China verbreitet derzeit in aggressiver Weise die Botschaft, es sei, anders als die USA, ein verantwortungsvoller und verlässlicher Partner.“

Nun zeigt sich Italien für diese Botschaft als fruchtbarer Resonanzboden. Das südeuropäische Land war das erste im Westen, das von einem explosionsartigen Ausbruch der Corona-Seuche heimgesucht wurde. Das Gesundheitssystem des Landes stand vor dem Kollaps. Auch andere EU-Mitgliedsländer wurden durch die Wucht der Ausbreitung überrascht.

Während Peking schon die ersten Hilfslieferungen auf den Weg brachte, war man in Brüssel immer noch in Schockstarre. Bald darauf begannen auch schon die ersten Debatten um Eurobonds als mögliche europäische Solidaritätsmaßnahmen – die ohne Ergebnis endeten. Als dann die ersten Hilfslieferungen aus Deutschland eintrafen, wurden sie kaum noch wahrgenommen, und viele wollten sie auch gar nicht wahrnehmen. 

„Straße der Freundschaft“

Es war aber nicht erst die Corona-Krise, die der Führung in Peking wichtige Türen in Italien öffnete. Auch zuvor spielten die Fünf Sterne eine Schlüsselrolle, als es darum ging, die traditionelle transatlantische Orientierung Italiens zu unterminieren, Argwohn gegenüber der NATO zu schüren und das Land als erste G7-Nation zum Teil der umstrittenen „Neuen Seidenstraße“ oder „Belt and Road Initiative“ zu machen. Das von China konzipierte Infrastrukturprojekt ist nicht zuletzt deshalb umstritten, weil Peking den Ausbau nutzt, um Teilnehmerländer in Zentralasien, Afrika oder Osteuropa zu seinen Gunsten zu verschulden.

Am 12. März landete ein chinesischer Frachtflieger mit neun Ärzten, Masken, Beatmungsgeräten und weiterem medizinischem Equipment in Rom. Aufgedruckt war auf den Hilfsgütern der Satz „Die Straße der Freundschaft hat keine Grenzen“. Der vor kurzem zurückgetretene Fünf-Sterne-Chef und nach wie vor amtierende Außenminister Luigi di Maio half dabei mit, der Öffentlichkeit die Lieferung als „Geschenk“ Chinas in der Zeit der Not zu verkaufen.

Di Maio als „nützlicher Idiot“ des Regimes in Peking

Tatsächlich hatte Italien das medizinische Material käuflich erworben, allerdings hatte man es zeitgleich mit einer Schenkung des chinesischen Roten Kreuzes als Zeichen von Pekings vermeintlicher „Politik der Großzügigkeit“ vorgestellt. Tage später sagte Premierminister Giuseppe Conte dem chinesischen Machthaber Xi Jinping am Telefon zu, dass er gerne bereit wäre, als Teil der „Gesundheits-Seidenstraße“ an der Bekämpfung der Pandemie mitzuwirken.

Di Maio nutzte gleich noch die Gelegenheit, sich in einem Interview seines eigenen vermeintlichen Weitblicks zu rühmen, Italiens Bande zu China zu stärken – und tönte, dass jetzt auch frühere Kritiker der Seidenstraßen-Mitgliedschaft in der Demokratischen Partei begriffen, dass „die Investition in diese Freundschaft uns jetzt ermöglicht, in Italien Leben zu retten“.

Lucrezia Poggetti vom Mercator Institute for China Studies spricht gegenüber dem Magazin „Foreign Policy“ von „nützlichen Idioten“ in Italiens Regierung, die Pekings Propaganda reproduzierten. Di Maio wisse teilweise nicht, was er tue, und teilweise betreibe er die Ehrerbietung gegenüber China auch bewusst, um die eigenen Stammwähler zu bedienen.

Antiamerikanismus als einigende Vision der Fünf Sterne

Für diese habe Antiamerikanismus eine zentrale Bedeutung, bestätigt auch Antonio Talia, ein weiterer bekannter Analyst der italienisch-chinesischen Beziehungen:

„Über ein ganzes Jahrzehnt hinweg hat Fünf Sterne die Idee kultiviert, die transatlantische Allianz sei eine Art Unterwerfung unter das amerikanische Imperium. Sie haben die NATO ins Zwielicht gerückt, ihre Wähler dazu gebracht, an alternative Wahrheiten zu glauben und die Auffassung kultiviert, es gäbe auch außerhalb des westlichen liberal-demokratischen Rahmens funktionstüchtige Systeme.“

Entsprechend würden Fake-News und Verschwörungstheorien auch heute noch im Regierungspalast in Rom die Runde machen – beispielsweise durch Gunter Pauli, der Premier Conte in Wirtschaftsfragen berät und der erst kürzlich behauptet hatte, es gäbe einen Zusammenhang zwischen Corona und dem 5G-Mobilfunkstandard.

Lega geht zu China auf Distanz

Immerhin hat das Zerbrechen der Koalition zwischen Fünf Sterne und Lega einen Akteur auf Distanz zum Regime in Peking gebracht: Lega-Chef Matteo Salvini hat jüngst im Senat erklärt, die Regierung in Peking hätte „ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen“, sollte sie – was sich immer deutlicher abzeichnet – von dem Virus gewusst und dies nicht rechtzeitig öffentlich mitgeteilt haben. Zudem warf Salvini die Frage auf, ob die KP Chinas nicht gezielt neue Viren als biologische Waffe in ihren Laboren züchte.




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