Machtkampf bis zum Militärputsch? – Xis Zukunft entscheidet sich beim KP-Parteitag

Der geheime Parteitag der Kommunisten in China rückt immer näher, die Parteibosse kämpfen um die Macht und Xi Jinping will nun lebenslang herrschen. Doch die Zeit des Parteitags ist eine höchst sensible. Die alte Parteiführung ist abgesetzt, die neue noch nicht „gewählt“ – und die alten KP-Bosse sind wieder mit im Boot.
Chinas „Führer“ Xi Jinping
Machtkampf hinter den Kulissen: Chinas „Führer“ Xi Jinping will beim Parteitag der KPC seinen Personenkult weiter ausbauen.Foto: SERGEI BOBYLYOV/SPUTNIK/AFP via Getty Images
Von 14. Oktober 2022


Der geheime Parteitag der Kommunisten in China rückt immer näher. Ab dem 16. Oktober beginnen die großen Parteibosse, hinter verschlossenen Türen im Pekinger Militärhotel Jingxi (Peking West) die höchsten Machtverhältnisse im Regime zu klären. So ist es alle fünf Jahre der Fall.

Doch diesmal scheint sich ein historisches Ereignis anzukündigen. Der 69-jährige Xi will über die 68er-Altershürde des Parteivorsitzes springen und eine dritte Amtszeit als Generalsekretär anstreben, so wie er 2018 die zweimalige Wiederwahlhürde für den Staatschefposten ausgehebelt hatte. Zudem will der „Oberste Führer“ Xi sich als Kern des Zentralkomitees und der Partei allgemein installieren – und maogleich lebenslang den KP-Staat beherrschen.

„Der Parteitag der KPC wird eine Krönungszeremonie für Xi und seine Ideologie“, meinte kürzlich Nis Grünberg, Lead Analyst beim Berliner Mercator Institute for China Studies (Merics), über das nahende Großereignis im kommunistischen Staat. Nach Ansicht von Merics sei die beständigste Konstante bei Führungswechseln in der KPC schon immer die persönliche Macht gewesen – „und Xi hat sicherlich genug davon, um die jüngeren Normen unangefochten zurückzusetzen und das nächste Politbüro und seinen Ständigen Ausschuss ganz nach seinen Vorstellungen zu formen“.

Doch alles könnte auch ganz anders kommen …

Parteitag – Das Treffen der Bosse naht

Hinter den Kulissen scheint ein heftiger Machtkampf zu toben. Wie die chinesischsprachige Epoch Times berichtet, fand vor wenigen Tagen in Peking die 7. Plenarsitzung der Zentralkommission für Disziplinarkontrolle der KPC statt. Am nächsten Tag wurde das Kommuniqué des Treffens durch die Staatsmedien verbreitet. Es habe jedoch große Aufmerksamkeit erregt – wegen seiner extremen Kürze. Der chinesisch-amerikanische Polit-Kommentator Chen Pokong erklärte demnach in seinem Youtube-Kanal am 9. Oktober: „Es gibt nur drei Absätze, flach und geradlinig.“ Je weniger Worte, desto intensiver seien die Machtkämpfe an der KPC-Spitze, so Chen.

Die Pro-Xi-Fraktion (Zhejiang Clique) habe laut Chen eigentlich ihre eigenen Leute vorzeitig ins Amt bringen wollen, was nicht geschehen sei. Personaländerungen in der Führung der Disziplinarkommission seien nicht bekannt gegeben worden. Auch beim Vorsitz der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes seien keine Änderungen bekannt gegeben worden.

Beides sind jedoch Posten im Führungskreis der obersten sieben Führer der KP Chinas.

„Es ist ein Kampf bis zur letzten Minute“, meinte Chen Pokong. „Ich fürchte, dass der Kampf zwischen der Xi- und der Anti-Xi-Fraktion bis zur letzten Minute kaum entschieden sein wird.“

Eine kritische Phase

Auch Zheng Xuguang, ein chinesisch-amerikanischer Wissenschaftler in den Vereinigten Staaten, wunderte sich nach ET-Angaben über das Kommuniqué. Die offiziellen Medien seien am 10. Oktober sehr zurückhaltend. „Heute zeigten die Titelseiten von Xinhua-Net und People’s Daily sowie die Titelseiten des 20. Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas nicht den Bericht der 7. Plenarsitzung, auch die 19-Uhr-Nachrichten von CCTV haben nichts darüber gebracht.“ Laut Zheng habe die 7. Plenarsitzung auch die Option zu entscheiden, „ob der 20. Nationalkongress der Kommunistischen Partei Chinas planmäßig stattfindet oder verschoben wird“.

Zheng erläutert: Mit der Eröffnung des KPC-Nationalkongresses verliere das alte Zentralkomitee seine Macht, das neue sei jedoch noch nicht gewählt. Dadurch sei während dieser Zeit der Parteitag prozessual die höchste Instanz. Dessen Präsidium spiele dann eine entscheidende Rolle, insbesondere dessen Ständiger Ausschuss, der sich aus drei Teilen zusammensetze: dem bisherigen Politbüro (25 Personen), 19 im Ruhestand befindlichen früheren Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des Politbüros sowie einigen anderen der Big Twenty, die derzeit keinen Posten im Politbüro haben. Dann gebe es noch einige alte Revolutionäre. Laut Zheng würden diese per interner Konvention lebenslang an den kollektiven Entscheidungen der Partei beteiligt sein. Diese seien aber fast ausgestorben. All diese würden zum Kern der Partei, sobald der Parteitag beginne.

Militärputsch oder große Kompromisse

Im September sei Xi Jinping zehn Tage lang „unsichtbar“ gewesen, nachdem er vom Shanghaier Kooperationsgipfel zurückgekehrt war. Es habe Gerüchte gegeben, unter anderem dass Xi unter „Hausarrest“ stehe. Man spekuliert, die Opposition nutze die Gelegenheit dazu, eine öffentliche Meinung gegen Xi zu schaffen, um die politische Situation in China zu ändern und die Wiederwahl von Xi zum 20. Parteitag ins Wanken zu bringen.

Zheng Xuguang: „Ich war schon immer der Ansicht, dass Xi Jinping nicht zur Wiederwahl bestimmt ist. Es sei denn, Xi Jinping führt einen Militärputsch durch und das Militär unterstützt ihn. Andernfalls hängt die Wiederwahl von Xi Jinping vom Willen des Ständigen Ausschuss des Parteitagspräsidiums ab.“ Dann müsse Xi Jinping aber große Kompromisse machen, um „mit der Praxis der Wiederwahl“ brechen zu können.

Der in New York ansässige Chinaexperte und politische Kommentator Wang He meint, dass die alten Mitglieder des Ständigen Ausschusses Xi Jinping Ärger bereiten könnten. Allerdings denkt Wang eher, dass sie nur verhandeln und um die Interessen ihrer jeweiligen Fraktionen und Familien kämpfen werden: „Sie werden den Tisch nicht umwerfen.“ Diese Stärke hätten die Alten nicht mehr. Xi werde aber versuchen, für seinen Kampf „ihr Gesicht zu kaufen“ – und die Beute mit den anderen teilen. Wang: „Obwohl Xi Jinping die Situation noch kontrollieren kann, ist der Rauch von Schießpulver überall.“



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion