NZZ-Chefredakteur: Sozialismus wird Corona-Folgen nicht überwinden – Exzessiver Staat erstickt Innovationskraft
In einem Beitrag für die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) warnt Chefredakteur Eric Gujer davor, dass die Corona-Krise zu einem noch stärkeren Ausbau der Staatsgläubigkeit führen könnte. „Die Seuche besiegen wir nicht mit Sozialismus“, mahnt Gujer, nach der Corona-Krise brauche es weniger Staat und nicht mehr.
Eine breite Einsicht sei diesbezüglich derzeit jedoch kaum zu erkennen. Es gäbe sie zwar, die Unternehmer, die sich eine Reserve aufgebaut hätten, um jetzt die Gehälter weiterbezahlen zu können – und damit zeigten, dass es nicht nur um Wirtschaft gehe, sondern auch um Werte: „Es geht um das Prinzip der Selbstverantwortung, das für Unternehmen genauso gilt wie für Individuen. Auf ihm basiert unsere freiheitliche Gesellschaft.“
Eigenverantwortung als Schlüssel
Das derzeitige Gebaren des Staates stütze jedoch eine andere Mentalität. Die Exekutive sperre die Menschen in ihren Wohnungen und im Home Office ein, gleichzeitig lasse sie Geld in Form von Milliardenhilfen, Kurzarbeitergeld oder Krediten regnen. Daraus könnten nicht nur neue Schuldenkrisen entstehen, sondern es würde auch ein Anspruchsdenken gefördert, das dem Prinzip der Eigenverantwortung zuwiderlaufe.
Es sei legitim, wenn Firmen die Hilfe in Anspruch nähmen, schreibt Gujer. Zugleich müssten sie jedoch auch selbst Vorsorge für Notlagen treffen: „Auch die Corona-Krise besiegen wir nur mit Selbstverantwortung, nicht mit Seuchen-Sozialismus. Mit den banalen Details der Prophylaxe, mit Händewaschen und Social Distancing. Aber auch mit weniger Dividenden und Boni für das Geschäftsjahr 2020 oder der Einsicht, dass wir unsere Ferien in diesem Jahr zu Hause verbringen. Wir werden auf manches verzichten, und solange der Verzicht nicht mehr bedeutet als einige Unannehmlichkeiten, haben wir Glück gehabt.“
Notenbanken verschärfen Schuldenkrise
Die Politik hingegen versuche die Bevölkerung in Sicherheit zu wiegen. Die Botschaft, der Staat wäre schon in der Lage, für alle zu sorgen, werde der unangenehmen Wahrheit vorgezogen. Diese bestehe darin, dass die Pandemie „unbarmherzig Schwachstellen der Unternehmen wie der Politik“ aufdecke – und dass es deshalb Entlassungen ebenso geben werde wie Firmenpleiten.
Die Zentralbanken, die ohnehin bereits seit 2008 die Welt mit billigem Geld überschwemmten, verschärften ihre diesbezügliche Gangart noch weiter. Allein die Fed in den USA pumpe täglich 63 Milliarden US-Dollar in die Märkte.
„Seit der Finanzkrise haben die US-Unternehmen ihre Schulden verdreifacht, und viele Firmen geraten jetzt in Liquiditätsengpässe“, schreibt Eric Gujer. „Sie nahmen die Mittel in der Erwartung auf, dass die von den Notenbanken angeheizte Konjunktur ewig brummt. Nun geht dieses Kalkül wegen der Corona-Krise nicht auf. Das ist unternehmerisches Risiko.“
Die Politik habe schon vor Ausbruch der Krise gezeigt, dass sie nicht klüger sei als der Normalbürger. Unter diesen, etwa Ärzten, Krankenschwestern oder Pflegern, fänden sich die tatsächlichen Helden.
SPD versucht Uralt-Rezepte mit Corona zu verkaufen
Europas Staaten hingegen hätten die Gefahr eines Übergreifens der Corona-Krise unterschätzt, keine Vorräte, etwa an Masken, angesammelt und die Behörden hätten zudem zu lange tatenlos zugesehen. Parteien wie die SPD versuchten, ewig gestrige Umverteilungs- und Belastungsideen als Corona-Maßnahmen zu verkaufen.
Dabei zeige gerade das Gesundheitswesen, dass viel Staat nicht bessere Versorgung bedeute: In Italien sei die Staatsquote annähernd bei 50 Prozent, insbesondere das Gesundheitssystem sei stark reguliert. Dennoch sei die Versorgung in der Corona-Krise dort an den Rand ihrer Kapazitäten gelangt – und bereits vor der Wuhan-Seuche seien in Italien 2015 nicht weniger als 10.000 Patienten an den Folgen resistenter Krankenhauskeime verstorben. Hingegen habe die stärker auf den Markt setzende Gesundheitsversorgung im Tessin effizient auf die Krise reagiert.
NZZ-Gujer: „Raum für Kreativität nur dort, wo Staat zurückweicht“
„Staatliche Überfürsorge hat ihren Preis“, schreibt der NZZ-Chefredakteur. „Der Staat entzieht Unternehmen und Bürgern die Verfügungsgewalt über das von ihnen erwirtschaftete Vermögen. Gemäß Prognosen der Deutschen Bank wird die deutsche Staatsquote in diesem Jahr auf deutlich über 50 Prozent klettern. Es findet also gerade eine Umverteilung von privat zum Staat statt. Die Schulden, die ein Finanzminister jetzt aufnimmt, tragen seine Nachfolger ab, indem sie Steuern erhöhen oder später als geplant senken.“
Der exzessive Staat ersticke jedoch jene private Findigkeit und Innovationskraft, derer es jetzt bedürfe, um die Folgen der Krise zu bewältigen. Medizinisch sei kollektive Disziplin das Erfolgsrezept gegen Corona gewesen, wirtschaftlich brauche es die Kreativität und die Leistungsbereitschaft jedes Einzelnen. Der Raum dafür könne aber nur dort entstehen, wo der Staat sich wieder zurückziehe.
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