Österreich holt sich Sicherheitsrisiko ins Haus: Huawei will Forschungszentrum eröffnen

Der umstrittene chinesische Telekommunikationskonzern Huawei will sich in Österreich offenbar einen weiteren europäischen Brückenkopf schaffen. Teil dieser Strategie wird die Eröffnung eines Forschungszentrums in Wien sein. Konzernvorstand Chao-Bin Yang besucht im September die Digitalkonferenz „Darwin’s Circle“.
Titelbild
Ein Huawei-Store in Peking (10. Dezember 2018).Foto: GREG BAKER/AFP/Getty Images
Von 8. Juli 2019

Bereits 2018 hatte eine hochkarätige Delegation aus Österreichs Wirtschaft und Politik den Start des ersten direkten Güterzuges der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) zwischen Chengdu und Wien als Beitrag zur umstrittenen „One Belt, One Road“-Initiative empfangen. Der damalige Infrastrukturminister Norbert Hofer kündigte an, dass bis zu 600 Züge jährlich entlang dieser Strecke unterwegs sein sollen.

5G-Konzernchef als Keynote-Speaker geladen

Nun könnte Peking bald auch auf dem Gebiet der Mobilfunk-Infrastruktur zum einflussreichen Player in der Alpenrepublik werden. Darauf deutet die Vorankündigung der diesjährigen Digitalkonferenz „Darwin’s Circle“ hin, die am 19. September in Wien stattfinden wird.

Wie der „Kurier“ berichtet, wird der 5G-Konzernvorstand von Huawei, ChaoBin Yang, persönlich zur Konferenz kommen. Er soll als Keynote-Speaker über die aktuellen technischen Entwicklungen im 5G-Bereich und die damit verbundenen Möglichkeiten für Konsumenten und Unternehmen referieren. Dass dies sein erster Besuch überhaupt im deutschsprachigen Raum sein wird, lässt erkennen, dass der Konzern offenbar ein Auge auf den österreichischen Markt geworfen hat.

Der 5G-Ausbau in Österreich soll etwa drei Milliarden Euro kosten und der Markt ist für einen weltweit agierenden Konzern wie Huawei überschaubar. Der besondere Wert Österreichs für Huawei geht offenbar über das rein monetäre Interesse hinaus. In einer Zeit, da die USA und mehrere ihrer Verbündeten in Sachen Infrastruktur im Allgemeinen und 5G im Besonderen im chinesischen Großkonzern ein Sicherheitsrisiko identifiziert und entsprechende Konsequenzen gezogen haben, könnte ein Brückenkopf mit langer Tradition politischer Neutralität wie Österreich Huawei mehr als einen bloßen Prestigegewinn ermöglichen.

Magenta Österreich hat noch nicht über 5G-Partner entschieden

Im Zeichen des Handelskonflikts mit den USA beschwört Yang den „offenen und wettbewerbsfähigen Markt in Europa“ – und will schon im Oktober ein Zentrum für Forschung in der Alpenrepublik eröffnen. Über Details gibt der Konzern keine Auskunft, laut „Kurier“ sollen allerdings bereits 100 Mitarbeiter in Österreich beschäftigt sein. Derzeit arbeiten 2500 der 12 200 Huawei-Mitarbeiter in Europa im R&D-Bereich. Insgesamt betreibt der Konzern 23 solcher Zentren in 14 Staaten des Kontinents.

Bereits im September des Vorjahres hatte Huawei Rotating Chairman Guo Ping bei einem Besuch beim damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz angekündigt, die Zusammenarbeit mit Österreich bei Forschung und Entwicklung forcieren zu wollen.

Was die Beteiligung am 5G-Ausbau anbelangt, kann Huawei allenfalls bei Magenta auf eine Partnerschaft hoffen. Die Telekom Austria bleibt ihrem langjährigen Partner Nokia treu. Beim dritten Großanbieter Drei hat China aber bereits seit dem 4G-Standard via ZTE einen Fuß in der Tür.

China verpflichtet jeden Bürger zur Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden

Die USA haben in den vorangegangenen Monaten umfangreiche Untersuchungen bezüglich der Anfälligkeit der nationalen Telekommunikationsnetze für Sabotage und Spionage in Auftrag gegeben, wobei Akteuren wie Huawei ein besonderes Augenmerk gilt. Da mit dem 5G-Standard mit seiner superschnellen mobilen Technologie eine „vierte industrielle Revolution“ entstehen würde, so heißt es aus dem Weißen Haus, hätte dies so erhebliche Auswirkungen, dass eine Anfälligkeit der Netze für Spionage oder Sabotage katastrophale Folgen auf breiter Ebene für Gemeinwesen, Wirtschaft und nationale Sicherheit haben könnte.

Huawei selbst weist Sicherheitsbedenken immer wieder vehement zurück. Tatsächlich ist Huawei als in der China ansässiger Konzern jedoch den dortigen Gesetzen unterworfen, unter anderem jenem, das jeden Bürger in Angelegenheiten nationaler Sicherheit zur Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen verpflichtet. Da die Außenwirtschaft ein Kernbereich der chinesischen Machtpolitik ist und kein Unternehmen ohne politische Rückendeckung und Subventionen auch international eine derartig starke Marktposition erlangen kann, ist der Dienstweg zwischen der Konzernspitze und der Führung in Peking kurz. Zudem hat es auch im Ausland bereits Fälle des Spionageverdachts von Huawei-Angestellten für das chinesische Regime gegeben.

Huawei-Vertriebsmanager in Polen wegen Spionageverdachts verhaftet

In Polen wurde ein Mitarbeiter von Huawei, der als Vertriebsmanager in Warschau tätig war, vor einigen Wochen wegen Spionageverdachts verhaftet. Sein Komplize soll ein Experte für Cybersicherheit gewesen sein, der früher für den polnischen Inlandsgeheimdienst ABW gearbeitet habe.

Im Dezember des Vorjahres wurde Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou auf Betreiben der USA in Kanada festgesetzt. Ihr droht ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Iran-Sanktionen. Derzeit ist sie auf Kaution frei, aber darf das Land nicht verlassen. Peking reagierte mit der Inhaftierung zweier kanadischer Staatsbürger unter dem Vorwurf, in Aktivitäten verwickelt zu sein, die die nationale Sicherheit gefährden. Zwei weitere wurden wegen angeblicher Drogendelikte zum Tode verurteilt.

Diese harsche Reaktion der chinesischen Behörden unterstreicht, dass ein enges Naheverhältnis zwischen der Regierung und Huawei besteht. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass kaum ein chinesischer Konzern, insbesondere im Bereich der Technologie, ohne Rückendeckung durch das Regime seinen Weg ins Ausland findet – und das Regime sich im Gegenzug vorbehält, bei Bedarf Gefälligkeiten einfordern. Im Schweizer Kanton Zug wurde erst jüngst ein Fall bekannt, da chinesische Spione ein dortiges Hi-Tech-Unternehmen ausspionierten.



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