Orbán fordert Plan B in Brüssel: Kein Geld mehr für Ukraine und Migranten

Die derzeitigen führenden Politiker der EU „können die Probleme nicht lösen“, meinte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán. Es sei die beste Zeit für einen Wechsel.
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Ministerpräsident Viktor Orbán spricht am ersten Tag des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs auf einer Pressekonferenz in Brüssel, 26. Oktober.Foto: Vivien Cher Benko/Pressestelle des Premierministers/MTI
Von 28. Oktober 2023


Am Freitagmorgen meldete sich Ungarns Regierungschef Viktor Orbán im staatlichen Rundfunk am Rande des zweitägigen EU-Gipfels in Brüssel zu Wort. Er zeigte seine Sicht auf die drängendsten Probleme der Tagung.

Konflikte, die Tausende Kilometer entfernt sind, wurden auf die Straßen der Großstädte der Europäischen Union gebracht“, sagte Orbán.

Ferner fügte er hinzu, dass sowohl in Bezug auf die Migrationspolitik als auch auf den Krieg in der Ukraine eine grundlegende Änderung der bisherigen EU-Haltung erforderlich sei, denn „das Problem ist gewaltig“.

Gleichzeitig merkte er an, dass dies in Ungarn glücklicherweise nicht der Fall sei. Die früheren ungarischen Vorhersagen scheinen, sich zu bewahrheiten.

„Wir haben ein Modell entwickelt, mit dem wir ganz Europa schützen können“

Orbán hat auf der Pressekonferenz am ersten Tag des Brüsseler Gipfels deutlich gemacht, dass er große Hoffnungen in das Treffen setzt.

„Wir hoffen, dass auch Brüssel erkennen wird, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen Terroranschlägen und Migration gibt“, sagte er vor Reportern.

Die Formel ist nach Ansicht der ungarischen Regierung sehr einfach: „Wir lassen niemanden herein, den wir nicht wollen.“

EU-Entscheidungsträger beginnen einfach zuzugeben, dass sie „versagt haben“, sagt Orbán in Brüssel. Aber sie „wollen noch nicht zugeben“, dass das ungarische Modell in der Lage wäre, das Problem zu lösen. Es sei sehr leicht, dieses Modell in wenigen Worten zu beschreiben. Die Quintessenz sei, dass „die Migranten vor der Tür bleiben müssen, bis ihre Anträge geprüft worden sind“. Das sei ein Superrezept, so der Ministerpräsident, dies sollte sofort „in der gesamten EU gemacht werden“.

Für Orbán war außerdem wichtig klarzustellen, dass es sich hierbei nicht um eine Form der rassistischen oder kulturellen Verurteilung handelt. Es gehe ganz und gar nicht darum, gegen die Migration zu sein, „nur um Menschen aus einer anderen Kultur oder diese andere Kultur selbst zu verurteilen“.

Ungarns Regierungschef erklärte dabei, selbst den Islam für eine große kulturelle Errungenschaft zu halten. Das Problem liege viel mehr darin, dass die Entscheidungsträger in Brüssel nicht verstehen möchten, dass die Menschen, die sie ins Europa lassen, auch eine Kultur mitbringen, „die unserer eigenen völlig fremd sei“.

In Brüssel, so Orbán, „dachten sie, dass diese Einwanderer formbare Persönlichkeiten sind. Jeder hat aber eine Vergangenheit, sie bringen ihre Kultur mit“. Das Problem sei im Grunde so einfach: „All dies ist hier auf den Straßen zu sehen“. Den Menschen hier im europäischen und christlichen Kulturkreis seien „diese Dinge völlig fremd“, erklärte er.

Die Frage sei daher laut Orbán nicht, was das alles hier zu suchen habe, sondern „warum das alles überhaupt hier hergebracht werden muss“.

Die Ukraine-Strategie ist „ein Fehlschlag“

Ungarn hat sich von Anfang an gegen eine bewaffnete Unterstützung der Ukraine ausgesprochen – und das trotz der Tatsache, dass viele Angehörige der ungarischen Minderheit ebenfalls an die Front geschickt wurden. Auf dem Brüsseler Gipfel schloss sich der neu gewählte Regierungschef der Slowakei, Robert Fico, dieser Idee auch an.

Orbán war daher etwas bestärkt, als er erklärte, dass „Ungarn es weder tolerieren kann noch wird“, Geld aus ungarischen Steuergeldern in die Ukraine zu schicken. Damit hat Ungarn am 26. Oktober gleichzeitig den Haushaltsplan der EU abgelehnt. Orbán fügte jedoch hinzu, dass dies so lange so bleiben wird, bis eine ernsthafte und akzeptable Strategie für die finanzielle Unterstützung gefunden werden kann.

Das größte Problem sei, dass die EU-Strategie „versagt hat und dadurch wurden die Mitgliedsstaaten in das Unglück hineingezogen“, so der Regierungschef. Die Ungarn drängen auch auf die Entwicklung eines Plan B und weisen darauf hin, dass auch Militärexperten inzwischen das Scheitern der bisherigen Strategie eingestehen.

Es ist peinlich zu sagen, dass sie nicht funktioniert. Die Ukraine gewinnt nicht an der Front, die Russen verlieren nicht an der Front“, sagte Orbán.

Hinter einer gescheiterten Strategie stünden die Entscheider. Orbán hat es klar formuliert: „Wir brauchen einen Wechsel bei den EU-Wahlen, weil es Führungskräfte gibt, die das Problem bei Weitem nicht lösen können“. Das Mindeste, was man jetzt bräuchte, sei ein Friedensplan und die notwendige Kommunikation mit Russland. „Beides kann Ungarn vorweisen.“

Reaktionen aus Brüssel

Für seine Ansätze wurde Orbán aus Brüssel scharf kritisiert. Zum einen wurde ihm vorgeworfen, dass er versuche, „die EU zu erpressen“. Er lege sozusagen ein Veto gegen die Hilfe für die Ukraine ein, um die Ungarn vorenthaltene Finanzhilfe der EU zurückzubekommen.

Dies wurde in Brüssel von Premierminister Xavier Bettel, der Luxemburg vertritt, bekräftigt. „Sie können nicht sagen: Wenn ihr Geld für die Ukraine wollt, wollen wir Geld für uns selbst.“ Dann fügte er mit Blick auf seine Kollegen im Europäischen Parlament hinzu:

Wir dürfen keine Geisel von Herrn Orbán sein und ich bin überzeugt, dass wir eine positive Lösung finden werden“, sagte Bettel.

Ein anderer Kritikpunkt war, dass Orbán ein Verbündeter Putins wäre und damit ein Sicherheitsrisiko für die EU darstelle. Einige wollen sogar verhindern, dass Ungarn im zweiten Halbjahr 2024 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, um seinen Einfluss als „Putins Verbündeter“ einzudämmen.

Nach Angaben ungarischer Oppositionsmedien war es der französische Präsident Emmanuel Macron, der diese wiederkehrende Kritik bei dem Treffen am lautesten geäußert hat.

In einem Gespräch mit der französischen Presse sagte Macron, dass „in den Reden von Viktor Orbán sehr oft Vergleiche zwischen Brüssel und Moskau gezogen werden. […] Es gibt einen grundlegenden Unterschied, nämlich dass Brüssel weder in Ungarn noch in der Europäischen Union eingedrungen ist. Ungarn hat eine souveräne Entscheidung getroffen, sich unserem Europa anzuschließen. Es hat davon sehr profitiert“.

Auch glaube er nicht, dass man einem Staats- oder Regierungschef verbieten sollte, „diesen oder jenen Führer zu treffen“. Macron betonte jedoch, dass er „aus Respekt und Loyalität“ um eine vorherige und anschließende Konsultation bitten möchte.

In Bezug auf eine unwillkommene Rolle forderte er Orbán diplomatisch auf: „Nutzen wir unsere bilateralen Beziehungen nicht für Verhandlungen über Dinge, die unsere Einheit [im EU] schwächen würden“.



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