Pipeline-Projekt mit außenpolitischer Sprengkraft

Die Pläne für Projekt Nord Stream 2, das ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren soll, sorgen für politische Spannungen.
Titelbild
Das Verlegeschiff "Audacia" des Offshore-Dienstleisters Allseas verlegt in der Ostsee vor der Insel Rügen Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2 (Archiv).Foto: Bernd Wüstneck/dpa
Epoch Times8. Februar 2019

Seit rund achteinhalb Jahren strömt Erdgas durch die Nord Stream-Pipeline unter der Ostsee direkt von Russland nach Deutschland. Die Pläne für das nahezu identische Parallelprojekt Nord Stream 2, das ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren soll, sorgen immer wieder für politische Spannungen.

WORIN BESTEHEN DIE PLÄNE?

Die rund 1200 Kilometer lange Leitung auf dem Grund der Ostsee soll Erdgas von den gigantischen Gasfeldern der arktischen Jamal-Halbinsel bis an die deutsche Küste bei Greifswald transportieren, wo es in die europäischen Netze eingespeist wird. Der Bau unter der Federführung des russischen Staatskonzerns Gazprom soll Ende 2019 beendet sein.

Nord Stream 2 soll aus zwei Leitungssträngen bestehen und nahezu parallel zu der 2011 eröffneten Nord Stream-Pipeline verlaufen, die von Gazprom sowie deutschen, französischen, niederländischen und österreichischen Energiekonzernen betrieben wird.

Durch sie können maximal 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr strömen. Laut Betreiber ist das genug, um etwa 26 Millionen Haushalte zu beheizen. Nord Stream 2 soll die gleiche Kapazität haben, die Durchflussmenge in Richtung Westeuropa am Ende also verdoppeln.

WO LIEGT DAS PROBLEM?

Der Bau einer zusätzlichen direkten Gasleitung von Russland nach Deutschland würde die strategische und wirtschaftliche Bedeutung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer weiter schwächen. Das betrifft zum einen das ukrainische Leitungsnetz, zum anderen die quer durch Weißrussland und Polen verlaufende Jamal-Europa-Pipeline. Russische Gasimporte durch die Ukraine sanken schon nach Einweihung der Nord Stream-Pipeline merklich.

Für die betroffenen Staaten, die außerdem selbst von Lieferungen russischen Erdgases abhängig sind, ist das ein großes Problem. Die Transitgebühren sind für sie ein wichtiger Einnahmefaktor, darüber hinaus macht die Verfügbarkeit alternativer Routen sie entbehrlicher und womöglich zum Ziel politischer Erpressungen.

Auf übergeordneter Ebene spielt außerdem die Sorge Europas vor einer zu großen Abhängigkeit von russischem Erdgas eine Rolle. Derzeit deckt das Land fast ein Drittel des EU-Bedarfs. Die EU will ihre Abhängigkeit reduzieren. Dem könnte Nord Stream 2 aber zuwiderlaufen, auch die EU-Kommission ist daher gegen den Bau.

WIE ARGUMENTIEREN DIE BEFÜRWORTER?

Sie sehen in der neuen Ostsee-Pipeline eine sinnvolle, von rein wirtschaftlichen Überlegungen mit Blick auf Marktentwicklungen motivierte Investitionsentscheidung. Gazprom argumentiert mit einem steigenden Bedarf an russischen Gasexporten in die EU, da die innereuropäische Erdgasförderung künftig zurückgehen werde.

Der Verband der deutschen Energiewirtschaft wertet Zweifel an der Zuverlässigkeit russischer Gaslieferungen als übertrieben.

WAS SAGEN DIE KRITIKER?

Neben den östlichen EU-Staaten und der Ukraine ist die Pipeline auch US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Bei einem Nato-Gipfel im Juli warf er Deutschland vor, Russland Milliarden für Gaslieferungen zu zahlen und sich dann von den USA vor Moskau militärisch schützen zu lassen.

Die EU-Kommission sieht Nord Stream 2 kritisch, weil es der Strategie widerspricht, Europa bei der Energieversorgung unabhängiger und weniger erpressbar durch Russland zu machen. (afp)



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