„Spirale der Gewalt“: Bandenkriminalität in Schweden eskaliert
Schüsse fallen, Sprengladungen detonieren – und immer wieder trifft es Unbeteiligte: Das seit langer Zeit von Bandenkriminalität geplagte Stockholm erlebt seit Wochen eine Serie von Bombenanschlägen und Schießereien. Allein in der vergangenen Woche registrierte die Polizei in der schwedischen Hauptstadt nach eigenen Angaben vier Schießereien und drei Bombenanschläge. Seit dem 25. Dezember habe es insgesamt 21 solcher Vorfälle und zwei Tote gegeben.
Die Beamten führen die Gewalt auf Streitigkeiten zwischen rivalisierenden Bandenmitgliedern zurück – unter ihnen viele Minderjährige. Dabei gehe es vor allem um Drogengeschäfte, aber auch um persönliche Rachefeldzüge.
„Wir haben es heute nicht mit einem Konflikt zu tun, sondern mit mehreren, die gleichzeitig ausgetragen werden“, sagte Mattias Andersson, Interims-Chef der Stockholmer Polizei. Die Angriffe träfen nicht nur diejenigen, auf die sie gerichtet seien, sondern auch die Bewohner in den Vierteln.
Die Lage ist „sehr ernst“
Die neue Regierung unter Ministerpräsident Ulf Kristersson ist mit dem Versprechen angetreten, die Bandengewalt in den Griff zu bekommen. In seiner ersten Weihnachtsansprache hat Kristersson ein düsteres Bild vom Zustand seines Landes gezeichnet. „Schweden befindet sich in einer sehr ernsten Lage“.
Das Land wird international als „friedlich“ und „harmonisch“ wahrgenommen. Tatsächlich habe kein anderes Land in der EU nur annähernd so ein starkes Problem mit Schusswaffengewalt und Bandenkriminalität wie Schweden, erklärte der Regierungschef.
Besonders betroffen sind die Vororte der großen Städte. Der Polizei zufolge rekrutieren die Banden immer jüngere Jugendliche, da ihnen bei einer Festnahme weniger harte Strafen drohen. Ein Krisenstab wurde einberufen, erklärte Interimschef Andersson.
Die oberste Priorität in der Region Stockholm sei es, den „Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen“. Es gebe im Moment „nichts Wichtigeres als das“. Ein neues Verfahren soll es ermöglichen, mehr Personal in die betroffenen Gebiete zu schicken.
„Spirale der Gewalt“
Im Jahr 2022 registrierte Schweden insgesamt 388 Schießereien, davon 61 mit tödlichem Ausgang. Ein Jahr zuvor waren es laut der offiziellen Polizeistatistik 45 gewesen. Die Polizei scheint die Kontrolle verloren zu haben. Seit 2015 ist die Aufklärungsquote bei tödlichen Attentaten abgesackt. Im Jahr 2022 führte lediglich jede vierte Tat zu einer Verurteilung.
Die Folge: Morde würden von den Gangs als risikolos eingeschätzt, sagte der Kriminologe Amir Rostami. Die Kriminellen würden immer brutaler. Eine Polizeisprecherin nannte die Situation „sehr angespannt“. „Das ist nicht die Norm und ist in dieser Spirale der Gewalt noch nie vorgekommen“, sagte sie.
Anwohner in Angst
Am 20. Januar wurden zwei Minderjährige bei einer Verfolgungsjagd verletzt. In dem Auto, mit dem sie unterwegs waren, fand die Polizei Waffen. Einen Tag später wurden drei junge Leute festgenommen, nachdem im Südstockholmer Stadtteil Enskede auf einen Menschen geschossen worden war. Die Hälfte der Verdächtigen sei unter 18, sagte die ermittelnde Kommandantin Hanna Paradis kürzlich.
Die Verbrechen sorgen unter Anwohnern für Furcht. Am 27. Dezember etwa hörten zwei Mädchen im südlichen Stockholmer Vorort Enskededalen einen lauten Knall. Zuerst hätten sie gedacht, das Geräusch komme aus dem Fernseher, sagte die zehnjährige Liv dem Sender SVT. Doch es war eine Detonation – seitdem fühle sie sich unsicher, so das Mädchen. (dl)
(Mit Material von Nachrichtenagenturen)
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