US-Gericht verwirft alle Anklagepunkte gegen „Steele-Dossier“-Informant

Das umstrittene „Steele-Dossier“ hat während der US-Wahl 2016 hohe Wellen geschlagen und Trump der Russland-Affäre beschuldigt. Obwohl der angeklagte Hauptinformant Igor Danchenko für das Dossier nun in allen Punkten freigesprochen wurde, wird eines im Prozess klar: Die Quelle der Informationen ist zweifelhaft, die Vorwürfe nicht stichhaltig. Zudem wirft der Fall Fragen über die Rolle des FBI auf.
Der russische Analyst Igor Danchenko.
Der russische Analyst Igor Danchenko.Foto: Chip Somodevilla/Getty Images
Von 20. Oktober 2022


US-Bundesrichter Anthony Trenga hat am Dienstag (18.10.) nach Epoch-Times-Angaben alle fünf Anklagepunkte gegen Igor Danchenko fallen gelassen. Der russische Staatsbürger und Privatermittler war im Jahr 2016 Hauptinformant für das umstrittene „Steele-Dossier“ des britischen Ex-Spions Christopher Steele, das Ermittlungen gegen Ex-Präsident Donald Trump und seine Wahlkampagne nach sich zog.

Die US-Staatsanwaltschaft warf Danchenko in dem jüngsten Gerichtsverfahren vor, einen seiner Informanten, der im „Steele Dossier“ auftaucht, frei erfunden sowie die Identität eines anderen in einer FBI-Befragung verheimlicht zu haben. Danschenko wurde Ende 2021 festgenommen.

Das Dossier zog eine Welle negativer Schlagzeilen über den Ex-Präsidenten nach sich. Trump bezeichnete das Dossier wiederholt als „gezielte Hexenjagd“ der Demokraten, um ihn als politischen Gegner auszuschalten.

Danchenkos Verbindungen zu Charles Dolan

Der für den Fall zuständige Sonderermittler der Staatsanwaltschaft John Durham, von dem die Anklage ausging, hatte mehrere Tage lang vor der Bundesjury in Alexandria, Virginia, ausgesagt und Beweise vorgelegt. Seinen Ermittlungen nach habe Danchenko das FBI bei einer Befragung im Jahr 2017 eindeutig hinsichtlich seiner Informanten für das Dossier in die Irre geführt, sagte er.

Konkret ging es um Danchenkos Kontakt zu einem langjährigen Washingtoner Public-Relations-Manager namens Charles Dolan Junior.

Dolan hatte Danchenko Informationen über einen angeblichen Skandal innerhalb des Trump-Lagers während der Wahlkampagne 2016 zugespielt, die in das „Steele-Dossier“ aufgenommen wurden. Das Brisante daran: Dolan war kein neutraler Informant, sondern ein überzeugter Hillary-Unterstützer. Aufgrund seiner Behauptungen wurde Trumps damaliger Wahlkampfmanager Carter Page später heimlich observiert. Dolan bestätigte das als Zeuge vor Gericht.

Danchenko hingegen leugnete 2017 gegenüber dem FBI mit Dolan über Angelegenheiten hinsichtlich des „Steele Dossier“ „gesprochen“ zu haben. Sonderermittler Durham beschuldigte ihn im Prozess, gelogen zu haben. Danchenko habe vor dem FBI eine E-Mail von Dolan „verheimlicht“, die maßgebliche Informationen für den Steele-Bericht enthielt.

Richter lässt Klage fallen

Trotz der Beweislage bestand die Verteidigung vor Gericht darauf, die fünf Anklagepunkte gegen Danchenko fallenzulassen. Ihr Mandant habe zwar in dem FBI-Verhör geleugnet, mit Dolan „gesprochen“ zu haben. Die Aussage umfasse jedoch nicht die Kommunikation per E-Mail.

Der Bundesrichter stimmte der Verteidigung zu. Eine präzise Befragung sei zwingend erforderlich, um einen Meineid nachzuweisen, betonte er. Dabei bezog er sich auf einen Präzidenzfall, der vor dem Obersten Gerichtshof verhandelt wurde.

Danchenkos Aussage sei laut Wörterbuch-Definition im Sinne der Bedeutung des Wortes „gesprochen“ wahr. Das Wort „sprechen“ umfasse nicht eine E-Mail-Kommunikation, urteilte das Gericht.

Geschworenen-Gericht lässt letzte vier Anklagepunkte einstimmig fallen

Das Geschworenen-Gericht sprach Danchenko gestern in allen anderen Anklagepunkten frei. Diese betrafen alle den Geschäftsmann Sergei Millian, einen Trump-Unterstützer, der Danchenko angeblich Informationen zugespielt haben soll.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Russen unter anderem vor, die Quelle frei erfunden zu haben. Vor Gericht behauptete Danchenko, sich zu erinnern, im Juli 2016 mit Millian telefoniert zu haben und ihn in New York hätte treffen wollen, konnte jedoch keine Beweise vorlegen.

FBI-Recherchen konnten ebenfalls keine Anrufaufzeichnungen oder sonstigen Messanger-Kontakt zwischen mit Millian und Danchenko verbundenen Nummern belegen, lediglich eine E-Mail. Informationen darüber, dass ein Treffen zustande kam, gab es jedoch nicht.

Was hat Durham in Wahrheit vor?

Das jetzige Urteil ist nicht die erste Niederlage für Sonderermittler Durham. Bereits im Mai sprach ein Geschworenengericht in Washington den einzigen anderen Angeklagten in dieser Sache, den Cbersecurity-Anwalt Michael Sussmann frei. Die Vorwürfe gegen ihn lauteten ebenfalls, das FBI belogen zu haben.

Ein Interview des Vizepräsidenten der Zeitung „The Wall Street Journal“, Paul Gigot, mit der Kolumnistin Kim Strassel geht Durhams wahren Motiven für die Anklage auf den Grund. Ihnen zufolge handele es sich bei den Vorwürfen gegen Danchenko eher um kleine Vergehen. Außerdem spekulieren sie über Durhams nächste Schritte.

Mehr Licht auf die Rolle des FBI

Für Strassel ist eines klar: Die Zeugenaussagen und Interviews während des Verfahrens hätten die Inkompetenz und die politischen Schikanen des FBI aufgezeigt. Sie vermutet, dass Durham mit der Anklage mehr Licht auf die Verwicklungen des FBI hinsichtlich des „Steele-Dossiers“ werfen wollte.

Es stelle sich die Frage, weshalb das FBI solange die Informationen über das „Steele Dossier“ zurückhielt. Denn nachdem Teile des Dossiers im Juni 2016 veröffentlicht wurden, sei das FBI zu Christopher Steele gegangen und habe bereits festgestellt, dass die Vorwürfe gegen Trump nicht stichhaltig sind.

Statt die Information weiterzugeben, habe das FBI Steele eine Million Dollar geboten, damit dieser beweise, dass die Anschuldigungen darin richtig seien. Das sei äußert fragwürdig, so Strassel. Normalerweise würde man das Geld einer zweiten Quelle zahlen, um die Richtigkeit der Anschuldigungen der ersten Quelle zu beweisen und nicht umgekehrt.

Als es schließlich im Januar 2017 Danchenko zu seinen Quellen befragte, behauptete dieser, Steele habe im Dossier übertrieben und ihn falsch zitiert. Das seien alles nur Gerüchte und was man so von Freunden mitbekomme, so Danchenko. Die Krönung des Ganzen sei laut Strassel, dass das FBI trotz Danchenkos Aussage zugelassen habe, dass das fragwürdige „Steele-Dossier“ 2017 medial aufgerollt und Ermittlungen gegen Michael Flynn eingeleitet wurden.

Durhams nächste Adresse könnte Justizminister Garland sein

Strassel vermutet, dass die Anklage gegen Danchenko vorerst Durhams letzte Anklage in dieser Angelegenheit sein wird. Sie kann sich vorstellen, dass Durham mit seinem Team einen Bericht ausarbeitet und diesen Justizminister Merrick B. Garland in der Biden-Regierung vorlegt.

In diesem werde er wahrscheinlich die Versäumnisse des FBI stärker in den Vordergrund rücken. Garland habe schon angedeutet, den Bericht zu veröffentlichen. Man müsse jedoch schauen, wie die Biden-Regierung in dem Fall reagiert und ob sie den Bericht verschweigt, sagt Strassel.

Der Sonderermittler John Durham wurde 2019 vom damaligen Generalstaatsanwalt William P. Barr beauftragt, die Ermittlungen des FBI in der Russland-Affäre im Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu überprüfen. Er war auch federführend bei den Ermittlungen gegen die Clinton-Kampagne während der US-Wahl 2016.

 



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