Überlebenskampf der Bauern (Teil 2): Volkserziehung, Kühe und Millionen

Seit rund zwei Wochen berichten Medien von Protesten der Bauern in den Niederlanden. Viele von ihnen sollen weg. Dabei sind die Niederlande der zweitgrößte Agrarexporteur der Welt – die ohnehin schon Probleme mit Nahrungsmittelmangel hat.
Bauern-Blockade der A67 in der Nähe von Eindhoven am 4. Juli 2022.
Bauern-Blockade der A67 in der Nähe von Eindhoven am 4. Juli 2022.Foto: Rob Engelaar/ANP/AFP via Getty Images
Von 14. Juli 2022

In den Niederlanden kämpfen die Bauern ums Überleben. Neue Stickstoff-Umweltgesetze sollen viele dazu zwingen, ihren Tierbestand deutlich zu reduzieren oder ihre Höfe ganz aufzugeben. Die Regierung geht von einem Höfesterben von 30 Prozent aus – als Folge der bis 2030 umzusetzenden neuen Umweltgesetze. Alles für den Naturschutz?

=> Siehe auch: „Überlebenskampf der Bauern (Teil 1): WEF, Hunger und Fake-Fleisch“

Erziehung zur Volksgesundheit

Im März berichtete die „NL Times“, dass der nierderländische Landwirtschaftsminister Henk Staghouwer (CU) dem Parlament in einem Brief mitgeteilt habe, dass er die Einführung einer Fleischsteuer auf ihre Durchführbarkeit prüfen werde. In den Niederlanden gibt es auch Erziehungsbestrebungen durch eine Extrasteuer auf zuckerhaltige Getränke, stehe im Koalitionsvertrag der Regierung Rutte IV.

Auch sollen die Supermärkte per Gesetz dazu gezwungen werden, „einen Mindestanteil an nachhaltigen und/oder Bio-Lebensmitteln in den Regalen“ anzubieten. Die Fleischsteuer-Pläne stehen jedoch in Kritik: Lebensmittel müssten „für alle erschwinglich bleiben“, sagte beispielsweise der Abgeordnete Thom van Campen (VVD).

Bill Gates: Kunstfleisch nur für die reichen Länder

Auch Bill Gates sagte im vergangenen Jahr gegenüber dem „TechnologyReview“ des Massachusetts Institute of Technology (MIT): „Ich glaube nicht, dass die ärmsten 80 Länder synthetisches Fleisch essen werden. Ich denke aber, dass alle reichen Länder zu 100 % auf synthetisches Rindfleisch umsteigen sollten“. Die Menschen könnten sich an den Geschmacksunterschied gewöhnen und die Umweltprämie sei moderat genug, „dass man das Verhalten der Menschen ändern oder durch Regulierung die Nachfrage“ völlig umstellen könne.

Dem Beitrag nach sei Bill Gates persönlich oder über sein Breakthrough Energy Ventures Investor in mehreren der Unternehmen für pflanzliches Kunstfleisch, wie Beyond Meats und Impossible Foods.

Auch in Firmen wie Upside Foods (ehemals Memphis Meats), die kultiviertes „Fleisch“ aus Tierzellen im Bioreaktor herstellen, investierte Gates.

Methan, Kühe und „unpopuläre“ Politik

Bei den Tieren – nicht nur in den Niederlanden – sei es schwierig, beispielsweise die Methanemissionen zu senken, erklärte Gates und verwies auf ein Produkt des niederländischen Chemiekonzerns DSM zur Senkung der Methanemission bei Tieren um 20 Prozent. „Aber leider sind diese Bakterien [in ihrem Verdauungssystem, die Methan produzieren] ein notwendiger Bestandteil des Grasabbaus. Und deshalb weiß ich nicht, ob es da einen natürlichen Ansatz geben wird“, so der 122-fache Milliardär und Nummer vier der Forbes-Weltreichstenliste 2021.

Gates meinte auch, wenn man den Leuten sage: „Du kannst keine Kühe mehr haben“, dann sei das eine „politisch unpopuläre Herangehensweise“. „Seltsamerweise“ sei es laut Gates jedoch so, dass die Emissionen durch Viehzucht in den USA „pro Pfund Rindfleisch dramatisch geringer als die Emissionen pro Pfund in Afrika“ sind, weil die Amerikaner so produktiv seien.

Gates-Großinvestition in NL

Wie bereits eingangs erwähnt, kämpft die niederländische Journalistin und Rechtsphilosophin Eva Vlaardingerbroek für die Belange der Bauern. Sie verwies bezüglich der Bauernproteste auf einen Hintergrund, der in den Niederlanden spekulativ diskutiert wird. Dabei geht es um die niederländische Ministerin für Natur und Stickstoff, Christianne van der Wal. Vlaardingerbroek schrieb auf Twitter, dass jene Ministerin, die das Stickstoffgesetz vorangetrieben habe, „das der Regierung die Befugnis gibt, das Land unserer Bauern zu enteignen“, einen Bruder habe, dem der Online-Supermarkt Picnic gehöre: „Ratet mal, wer 600 Millionen Dollar in dieses Unternehmen investiert hat? Bill ‚Fake Meat‘ Gates. So sieht Korruption aus.“


Ein möglicherweise brisanter Hintergrund, auch wenn einige Details in der Aussage nicht zu einhundert Prozent stimmen.

Im September 2021 berichtete die Nachrichtenagentur „Reuters“ über den 2015 gegründeten Online-Lebensmitteldienst. Picnic habe mitgeteilt, dass es 600 Millionen Euro an Finanzmitteln gesammelt habe, um seine Expansion zu beschleunigen. „Zu den Investoren hinter der jüngsten Kapitalbeschaffung gehörte der Bill and Melinda Gates Foundation Trust“, so „Reuters“. Ebenfalls wurde berichtet, dass nach Aufzeichnungen der niederländischen Handelskammer das Unternehmen 2019 einen Verlust von 41 Millionen Euro bei einem Umsatz von 210 Millionen Euro gemeldet habe. Auch das „Handelsblatt“ berichtete zu dieser Zeit über die Finanzierung der Deutschland-Expansion von Picnic durch Bill Gates als Hauptinvestor.

Die niederländische Tageszeitung „Volkskrant“ berichtete einige Jahre zuvor, im März 2017, von einer Finanzspritze von 100 Millionen Euro für das noch junge Start-up. Hinter den Geldern standen demnach vier wohlhabende Familien in den Niederlanden: „die Anlagevehikel der Familien Fentener van Vlissingen (SHV Holding), Hoyer (der mit einer Beteiligung an Heineken reich wurde), Van der Wal (Boni Supermarket) und De Rijcke (Kruidvat)“. Auch wurde berichtet, dass die Familien Hoyer, Van der Wal und De Rijcke bereits zuvor schon Geld in Picnic investiert hätten.

Doch was genau ist die angedeutete verwandtschaftliche Verflechtung zwischen Stickstoff-Ministerin Van der Wal und Picnic? Offenbar ist hiermit die Beteiligung von Boni-Inhaber Bouke van der Wal gemeint. Internetinformationen nach soll dieser ein Bruder von Piet van der Wal sein, dem Ehemann der Ministerin. Damit wäre das verwandtschaftliche Verhältnis nicht Bruder (brother), wie von Vlaardingerbroek angegeben, sondern Schwager (brother in law). Die verwandtschaftliche Beziehung wird unter anderem in einer Todesanzeige aus dem Jahr 2019 deutlich. Damals verstarb der vorherige Boni-Besitzer und Multimillionär Okke van der Wal im Alter von 83 Jahren.

Ob dies alles einen Zusammenhang mit den von der Ministerin vorangetriebenen Stickstoff-Umweltgesetzen und dem damit verbundenen zukünftigen Bauernsterben in den Niederlanden hat, bleibt allerdings spekulativ.

„Schildmaid“ der Niederlande

Eva Vlaardingerbroek erklärte auch, dass es sie unglaublich stolz mache, Niederländerin zu sein, wenn sie sehe, „wie sich die Bauern in den Niederlanden so mutig gegen die kommunistische Agenda der globalen Eliten erheben“.

Für ihr politisches Engagement wird Vlaardingerbroek nach eigenen Aussagen von den sogenannten Mainstreammedien der Niederlande gerne auch als „Schildmaid der extremen Rechten“ angeprangert. Nach dem Interview im US-TV und ihrem „Plädoyer für unsere Bauern“ seien diese Medien dazu übergegangen, sie „Milchmädchen“ und Hitlers Frau zu nennen: „Scheint, als hätten sie immer noch nicht realisiert, dass ihr Namensspiel mich nicht einschüchtern und zum Schweigen bringen wird“, erklärte die Journalistin auf Twitter.

=> Siehe auch: „Überlebenskampf der Bauern (Teil 1): WEF, Hunger und Fake-Fleisch“



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