Ungarns Geheimdienst warnt: Terroristen nahe EU-Grenze

Spannung an der serbisch-ungarischen Grenze: Aktuelle Geheimdienstinformationen, nun für die Öffentlichkeit zugänglich, beleuchten die angespannte Situation und die vermutete Präsenz terroristischer Gruppierungen an einer Schlüsselstelle Europas.
Titelbild
Die serbischen Behörden verstärken ihr Vorgehen gegen terroristische Organisationen an der serbisch-ungarischen Grenze.Foto: MTI/AP/Serbisches Innenministerium
Von 9. November 2023


Vor Kurzem wurde auf Antrag von Máté Kocsis, dem Vorsitzenden der ungarischen Regierungspartei Fidesz, ein als streng vertraulich eingestufter Geheimdienstbericht veröffentlicht. Er ist auf der Website des ungarischen Parlaments verfügbar und thematisiert die zunehmenden Spannungen entlang der Balkan-Migrationsroute. Zudem verweist er auf mögliche Sicherheitsrisiken an der serbisch-ungarischen Grenze.

Laut dem Bericht, datiert auf den 25. Oktober, seien neben Flüchtlingen aus dem westlichen Balkan auch Personen identifiziert worden, die mutmaßlich Verbindungen zu terroristischen Gruppierungen wie al-Qaida, Hamas und ISIS haben und sich an der serbisch-ungarischen Grenze aufhalten.

Die Verfasser verweisen auch auf zunehmende Informationen, wonach diese Organisationen terroristische Anschläge gegen europäische Ziele planen. Spezifischen Beweise oder Details zu diesen Hinweisen werden im zitierten Abschnitt nicht gegeben.

Schleuser in direkter Verbindung zu Haqqani-Netzwerk

Es wird angenommen, dass die Taliban entscheidend Menschenschmuggelaktivitäten im serbisch-ungarischen Grenzbereich steuern. Sie würden „nicht nur die Finanzierung, sondern auch die operative Organisation des Menschenschmuggels kontrollieren, insbesondere im serbisch-ungarischen Grenzgebiet“, heißt es darin.

Dem Bericht zufolge übernehmen die Taliban eine Schlüsselrolle in der Finanzierung des Menschenschmuggels an der serbisch-ungarischen Grenze und streben nach einer Vereinheitlichung der Gruppen mit afghanischem Hintergrund unter ihrer finanziellen Führung.

Die Köpfe der Schmugglernetzwerke, die an der Grenze operieren und teilweise Gebühren von bis zu Tausend Euro pro Grenzübertritt fordern, stehen laut Geheimdienstberichten in möglicherweise enger Verbindung zur afghanischen Taliban-Führung. Unter den Anführern könnten auch Verwandte der berüchtigten Haqqani-Gruppe sein.

Das Haqqani-Netzwerk – welches auch eng mit der Regierung in Pakistan verzahnt ist – steckt hinter einer Reihe der tödlichsten Anschläge des Krieges in Afghanistan. In den USA ist die Haqqani-Gruppe als Terrororganisation gelistet, derzeit ist ein Kopfgeld von 10 Millionen US-Dollar auf den Kopf der Terrorbande ausgelobt, ebenfalls von den USA.

Unentdeckte Eintritte in die EU

Der elfseitige Bericht widmet sich auch dem hohen Risiko, das von sogenannten „unsichtbaren Grenzübertritten“ ausgeht. Im Wesentlichen geht es darum, wie afghanische Terroristen binnen weniger Tagen in die EU gelangen können.

Das Risiko ergebe sich daraus, dass die Schmuggelaktivitäten an der Grenze zwischen Afghanistan und Tadschikistan praktisch unkontrolliert seien. „Afghanen mit tadschikischer Staatsangehörigkeit können sich leicht tadschikische Pässe besorgen“, indem sie die Möglichkeit ausnutzen, dass sie innerhalb des Gebiets der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten ohne Sondergenehmigung reisen können. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten ist ein loser Zusammenschluss von 11 der 15 Mitgliedsstaaten der ehemaligen Sowjetunion.

Dadurch könnten sie visumfrei über Moskau nach Belgrad einreisen: „Diese Methode ermöglicht es Mitgliedern von ISIS, al-Qaida und anderen extremistischen Taliban-Organisationen, fast unbemerkt in das Gebiet der EU einzureisen.“

Laut Bericht sieht sich Ungarn trotz seiner Rolle als Durchgangsland nicht als Hauptziel von Terrorbedrohungen; vielmehr sei Deutschland das primäre Ziel auf der Balkanroute.

Tausende warten auf die passende Gelegenheit

Tausende Menschen warteten dem Geheimdienst zufolge in den Waldgebieten entlang der serbischen Grenze auf eine günstige Gelegenheit, die Grenze illegal zu überqueren. Aufgrund ihrer Gewalttätigkeit wagten sich die serbischen Behörden in einige Gebiete nicht einmal hinein. Auch von türkischsprachigen Extremisten gingen Gefahren aus, da sie aufgrund der serbisch-türkischen Beziehungen mit einer leichteren Reise rechnen könnten.

Ein wachsendes Risiko sei der zunehmende Gebrauch von Waffen. Der Bericht stellt fest, dass Migranten vor Kurzem zum ersten Mal ihre Waffen „direkt auf serbische Polizeibeamte“ gerichtet hätten. Ebenso seien ungarische Grenzschützer angegriffen worden.

Der Grenzzaun, den die ungarische Regierung bisher errichtet hat, sei an mehreren Stellen beschädigt worden. Vom Geheimdienst wird der Zaun als „verwundbar“ eingestuft. Außerdem komme es häufig zu illegalen Grenzübertritten über den Fluss, meist mit Booten. Das Überschwemmungsgebiet der Theiß, die durch das Gebiet fließt, bietet mit seiner dichten Vegetation viel Schutz für Grenzgänger.

Im letzten Absatz des Dokuments wird auch das Risiko hervorgehoben, dass die Grenzbeamten in den Balkanländern angesichts des „Ende der Saison“ etwas lockerer vorgehen könnten. Wenn das kalte Wetter dazu führe, dass Migranten in Scharen die Grenze überqueren, seien diese eher daran interessiert, „so wenige Menschen wie möglich in ihrem Gebiet zu behalten, die Sicherheit und Versorgung im Winter benötigen“.

Was sagen Politiker zu dem Bericht und seinen Inhalten?

Parteichef Máté Kocsis, der die Veröffentlichung des Berichts gefordert hatte, gab im ungarischen Fernsehen mehrere Erklärungen zur Lage an der Grenze ab. Der Grund, warum er die Enthüllung des Berichts im Nationalen Sicherheitsausschuss des Parlaments initiierte, war, dass „jeder über das Problem Bescheid wissen sollte, das Europa am meisten belastet“.

Der Fraktionsvorsitzende erklärte, er sei im Zusammenhang mit dem Bericht an die serbisch-ungarische Grenze gereist. Dort habe er mit eigenen Augen gesehen, „dass sich die Situation verschlimmert und die Sicherheit der ungarischen Grenzschützer, Grenzjäger und Polizisten jetzt wirklich bedroht ist. Auch scharfe Munition wird von Migrantenbanden und terroristischen Zellen verwendet.“

Der Politiker betonte zudem, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament im nächsten Jahr „eine entscheidende Debatte über die fehlgeleitete, schlechte Migrationspolitik Brüssels sein werden“. Im Wesentlichen macht er die Brüsseler Migrationspolitik selbst für die derzeitige ernsten Lage verantwortlich.

Und die Opposition?

Kritiker des Berichts finden sich vor allem in der ungarischen linken Opposition. Im Kern geht es darum, dass ein – wie sie in der ungarischen linksliberalen „Amerikai Népszava“ schreiben – „unprofessioneller Propagandabericht“ für innenpolitische Zwecke und zur Einschüchterung der Bevölkerung benutzt werde. Die Opposition kritisiert, dass der Geheimdienst unter politischen Druck gesetzt und seine Führungskräfte durch Regierungstreue ersetzt wurden.

Eine ähnliche Einschätzung wurde unter Berufung auf anonyme nationale Sicherheitsexperten von mehreren Oppositionswebsites veröffentlicht. Die ungarische Opposition hat seit der Flüchtlingskrise 2015 wiederholt erklärt, dass Orbán durch die Manipulation von „Migrations“-Nachrichten absichtlich Angst schüre, um sich bei den Wählern als sicherheitsorientierter Regierungschef darzustellen.

Rudolf Metz, Analyst am Institut für Politikwissenschaft der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, erklärt in einer Publikation dazu: „Orbán hat in der Flüchtlingskrise eine Chance gesehen und begonnen, politisches Kapital daraus zu schlagen. Er hat eine Geschichte aufgebaut, in der er das wahre Europa, in das die Migranten eingedrungen sind, vertritt und verteidigt.“ „444.hu“ hat die Analyse von Metz veröffentlicht.

Und Viktor Orbán?

Vor dem Hintergrund der aktuellen terroristischen Bedrohung, die in den westlichen Ländern, die die Migration unterstützen, zunimmt, sollten diese Vorwürfe überdacht werden, so Viktor Orbán.

Kürzlich sagte er im ungarischen Radio „Kossuth“, dass sich die Migrationsvorhersagen der ungarischen Regierung trotz aller Kritik „zu erfüllen scheinen“.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion