„Wir sind eine freie Nation“: Großbritannien verlässt die EU nach 47 Jahren

In einem historischen Schritt hat Großbritannien die Europäische Union verlassen. Das Vereinigte Königreich vollzog um Mitternacht Brüsseler Zeit den Brexit und trat damit als erstes Mitgliedsland aus der EU aus.
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Nach 47 Jahren sind die Briten heute Nacht aus der EU ausgetreten. 31. Januar 2020, London.Foto: Jeff J Mitchell/Getty Images
Epoch Times1. Februar 2020

Großbritannien ist nicht mehr Teil der Europäischen Union: Um Mitternacht kehrte das Land den europäischen Partnern den Rücken und vollzog als erstes Mitgliedsland den Austritt aus der Staatengemeinschaft.

Vor dem britischen Parlament brachen um 23.00 Uhr (Ortszeit, 00.00 Uhr MEZ) tausende Menschen in Jubel aus, andere betrauerten die historische Zäsur mit Mahnwachen. Nun sollen die künftigen Beziehungen zwischen EU und Großbritannien bis Jahresende ausgehandelt werden.

Als der Countdown auf 0 sprang, ertönte über dem Parlamentsvorplatz der Big Ben – wegen Renovierungsarbeiten an der Glocke allerdings nur vom Band. Tausende Menschen schwenkten den Union Jack, sangen die britische Nationalhymne, ließen Luftballons in den Nachthimmel steigen und fielen sich in die Arme.

Der „wichtigste Moment der modernen Geschichte Großbritanniens“

„Es ist absolut fantastisch“, freute sich die 65-jährige Karen Ollerton, die eigens aus dem Norden des Landes angereist war. „Wir sind eine freie Nation“, bejubelte der 44-jährige John Moss den Brexit.

Die Massenkundgebung vor dem Parlament war vom Gründer der Brexit-Partei, Nigel Farage, organisiert worden. Er nannte den Austritt aus der europäischen Staatengemeinschaft nach 47 Jahren den „wichtigsten Moment der modernen Geschichte“ Großbritanniens.

Brexit-Gegner singen EU-Hymne in Berlin

Doch nicht überall im Land herrschte Jubelstimmung. Viele Brexit-Gegner, darunter zahlreiche der 3,6 Millionen in Großbritannien lebenden EU-Bürger, hielten mit Kerzen Mahnwachen ab. Vor dem Brandenburger Tor in Berlin sangen EU-Anhänger um Mitternacht gemeinsam die EU-Hymne „Ode an die Freude“.

Wie gespalten die Briten auf die EU-Mitgliedschaft blickten, zeigte das Brexit-Votum im Juni 2016: 52 Prozent der Bürger stimmten damals für einen Austritt, 48 Prozent für einen Verbleib in der EU. Es folgten jahrelange zähe Verhandlungen, mehrfach musste der Brexit verschoben werden.

Um die zahlreichen Brexit-Gegner im Land nicht vor den Kopf zu stoßen, beging die britische Regierung den Austritt ohne viel Aufhebens. Nach einer Ansprache von Premierminister Boris Johnson an die Nation am Freitagabend gab es in der Downing Street lediglich einen Empfang mit anschließender Lichtershow.

Johnson: EU-Austritt ist „kein Ende, sondern ein Anfang“

Johnson hat versprochen, das Königreich wieder zu einen. Der EU-Austritt Großbritanniens sei „kein Ende, sondern ein Anfang“, sagte er in seiner Ansprache und kündigte eine „neue Ära der freundschaftlichen Zusammenarbeit“ mit der EU an. Der Weg, der vor Großbritannien liege, sei vielleicht holprig, der Austritt biete jedoch die Chance auf „erstaunliche Erfolge“.

Das Presseecho war gespalten: Die rechtsgerichtete Boulevardzeitung „Daily Express“ etwa rief nach dem EU-Austritt „ein glorreiches neues Britannien“ aus. Der Londoner „Standard“ hingegen verwies auf die bevorstehenden Schwierigkeiten.

Harter Schlag für die EU

Für die EU ist der Abschied der 66 Millionen Briten ein harter Schlag. Sie verliert ihre zweitgrößte Volkswirtschaft nach Deutschland und wird außen- und sicherheitspolitisch geschwächt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem „tiefen Einschnitt für uns alle“. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) mahnte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, Deutschland trage nun noch größere Verantwortung in der EU. „An uns liegt es, ob die EU zusammenhält.“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezeichnete den EU-Austritt Großbritanniens als „historisches Alarmsignal“ für ganz Europa.

Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon sprach von einem Moment „der Trauer, gemischt mit Wut“. Sie versprach, sich weiterhin für Schottlands Unabhängigkeit einzusetzen. Die Schotten hatten 2016 mehrheitlich für einen Verbleib in der EU gestimmt.

Übergangsphase bis zum 31. Dezember

In der nun beginnenden elfmonatigen Übergangsphase wird sich für die Bürger erst einmal nichts ändern. London und Brüssel wollen bis zum 31. Dezember ihre künftigen Beziehungen und insbesondere ein Freihandelsabkommen aushandeln.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte sich in den ARD-„Tagesthemen“ zuversichtlich, dass bis Jahresende ein „ausbalanciertes Paket“ vorliege.

US-Außenminister Mike Pompeo versprach den Briten unmittelbar nach dem Brexit-Vollzug, sein Land werde seine „bereits starken, produktiven und erfolgreichen Beziehungen zu Großbritannien weiter ausbauen“. (afp)



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