Aus für Graichen, Aus für Heizungsgesetz? FDP fordert Streckung des Zeitplans

Eigentlich soll das umstrittene Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden. Doch inzwischen wachsen die Zweifel – und nicht nur am Zeitplan.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nimmt an der Sitzung des Bundestags teil.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in einer Sitzung des Bundestags.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times18. Mai 2023

Der angekündigte Abgang von Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen hat in der Koalition eine Debatte über den Zeitplan für das umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) ausgelöst. Die FDP spricht sich dafür aus, den Zeitplan für das auch Heizungsgesetz genannte Projekt zu strecken – mit der Begründung, dem Parlament sei der Ansprechpartner für das Thema abhandengekommen. SPD und Grüne sehen aber keinen Zusammenhang zwischen beiden Sachverhalten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte gestern den Rückzug seines Staatssekretärs Graichen angekündigt, nachdem dieser in zwei nachvollziehbaren Fällen Privates und Berufliches nicht ausreichend getrennt hatte. Graichen gilt als Architekt der GEG-Novelle. Habeck strebt vor der am 7. Juli beginnenden parlamentarischen Sommerpause eine Verabschiedung des Gesetzes an.

„Rund 100 Fragen an Robert Habeck“

„Ich halte eine Verabschiedung vor der Sommerpause für ausgeschlossen“, sagte dagegen FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der „Bild“. „Es ist nicht entscheidend, wann das GEG verabschiedet wird. Entscheidend ist, dass es ein gutes Gesetz wird, das niemanden überfordert und viele Technologien ermöglicht“, betonte Djir-Sarai. Er kündigte einen Fragenkatalog seiner Fraktion an Habeck an. „Die FDP-Fraktion hat noch rund 100 Fragen an Robert Habeck. Solange die nicht beantwortet sind, können die Beratungen über das Gesetz gar nicht beginnen“, sagte der FDP-Generalsekretär.

Unionspolitiker fordern sogar den Stopp der umstrittenen Reform des Gebäudeenergiegesetzes. Mark Helfrich, der energiepolitische Sprecher der Union, erklärte gegenüber „Bild“: „Das grüne Heiz-Gesetz hat schon vor der Personalie Graichen gewackelt und ist nicht mehr zu halten.“ Habeck „sollte jetzt das Gesetz komplett stoppen“, sagte auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann den Zeitungen der „Mediengruppe Bayern“. Es gehe „völlig an der Realität vorbei“.

Nach dem vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das soll für alle Eigentümer unter 80 Jahren gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden. Im Grundsatz läuft der Entwurf in der Praxis jedoch auf ein weitgehendes Verbot neuer Öl- und Gasheizungen hinaus.

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SPD und Grüne halten am Zeitplan fest

Grüne und SPD halten am Zeitplan für das geplante Heizungsgesetz fest. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte im ZDF-„heute journal“ mit Blick auf den Abgang von Graichen: „Beide Sachverhalte haben nichts miteinander zu tun.“

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sieht dies genauso. Wenn die FDP eine Verzögerung ankündige, dann, weil sie etwas verschieben wolle, sagte Dröge gestern Abend in der ARD-Sendung „Maischberger“. An dem Gesetz hätten viele Mitarbeiter von zwei Ministerien mitgewirkt. Zudem könnten Parlamente Gesetze selbst schreiben und bearbeiten.

Opposition rückt Habeck in den Fokus

Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali sieht durch die Fehler von Graichen auch Minister Habeck „schwer beschädigt“. „Je nachdem, was jetzt noch zutage gefördert wird, muss auch sein Verbleib im Amt zur Disposition gestellt werden“, sagte sie der „Rheinischen Post“. „Die Aufklärung muss weitergehen.“

Auch die Union sieht noch Aufklärungsbedarf. Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages will sich am nächsten Mittwoch mit weiteren offenen Fragen zur Politik des Wirtschaftsministeriums befassen. Das geht aus der Tagesordnung hervor. „Jetzt muss reiner Tisch gemacht werden. Das Heizungsaustauschgesetz muss zurück in die Werkstatt. Der Versuch, den unausgegorenen Habeck-Entwurf noch vor der Sommerpause durch den Bundestag zu peitschen, muss beendet werden“, sagte der CSU-Finanzpolitiker Sebastian Brehm.

Der Ausschuss soll am Morgen zunächst entscheiden, ob am Mittag in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Ausschuss für Klimaschutz und Energie und in öffentlicher Sitzung beraten wird. Beides hatte die CDU/CSU-Fraktion beantragt. Thema soll laut Tagesordnung die „Weitere Aufarbeitung der Stellenbesetzung des Vorsitzenden der dena-Geschäftsführung sowie aktuelle Berichterstattung zu möglichen Compliance-Verstößen und zur Personalpolitik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz“ sein.

Weitere Interessenkonflikte?

Der Wirtschaftsausschuss erwartet auch einen Bericht des Ministeriums zu Medienberichten über „mögliche Interessenkonflikte in der Leitungsebene des BMWK bei der Industriepolitik, Außenwirtschaftspolitik, Digital- und Innovationspolitik und hier insbesondere bei der Startup-Förderung“.

Für diese Bereiche ist Staatssekretär Udo Philipp zuständig. Nach einem Bericht von „Business Insider“ hat Philipp privates Geld in mehrere Start-ups investiert, was angesichts seiner Position im Ministerium Fragen bei der Opposition aufwirft.

Das Ministerium erklärte, Philipp habe seine Vermögensverhältnisse den Verhaltensvorschriften entsprechend bei Amtsantritt angezeigt, seine Aktien würden von Dritten verwaltet und er habe keinen Einfluss auf Einzelgeschäfte. Vor Amtsantritt habe er als „Business Angel“ kleine Firmen unterstützt. Er sei dort schon seit Amtsantritt als Staatssekretär im Finanzministerium Schleswig-Holstein im März 2019 nicht mehr aktiv.

„Aufgrund der Illiquidität der Unternehmensanteile ist ein Verkauf der Anteile nicht möglich“, erklärte das Ministerium. Vorsorglich sei aber geregelt, dass Philipp keine Entscheidungen treffe, von denen diese Unternehmen finanziell profitieren könnten. Die Förderung von Unternehmensgründungen und finanzielle Hilfen in der Wachstumsphase liegen laut Ministerium in der Zuständigkeit der Abteilung von Staatssekretär Sven Giegold (Grüne). (dpa/afp/dl)



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