Bonn: Deutsch-Palästinenser attackiert jüdischen US-Touristen – Opfer anschließend von Polizei versehentlich geschlagen

Ein deutscher Staatsangehöriger mit palästinensischen Wurzeln hat unweit der Bonner Universität eine antisemitische Attacke auf einen israelischen Hochschulprofessor aus den USA verübt. Doch als die Polizei dazukommt, schlägt diese dem Opfer ins Gesicht.
Titelbild
Kippas.Foto: iStock
Von 13. Juli 2018

Mittwochnachmittag, 11. Juli, Bonn: Einen antisemitischen Angriff nahe der Bonner Universität musste ein in den USA lebender israelischer Professor erleben, als er gegen 14.20 Uhr mit einer Bekannten am Hofgarten entlang ging. Plötzlich wurde der 50-Jährige von einem jungen Mann attackiert.

Den Ermittlern zufolge hatte der 20-jährige Angreifer, deutscher Staatsbürger mit palästinensischem Migrationshintergrund, den Professor auf seine jüdische Kopfbedeckung hin angesprochen und zunächst verbal beleidigt.

Der Unbekannte schlug ihm die Kippa dann mehrfach vom Kopf, schubste und schlug ihn gegen die Schulter und sagte hierbei unter anderem ‚Kein Jude in Deutschland‘.“

(Polizeibericht)

Die Begleiterin alarmierte umgehend die Polizei, während sich der Professor gegen den Angreifer zur Wehr setzte.

Verwirrender Polizei-Einsatz

Als der Angreifer die Polizeisirenen hörte, ließ er von seinem Opfer ab, riss sich das T-Shirt vom Leib und rannte mit entblößtem Oberkörper in Richtung „Alter Zoll“ davon, wie die Polizei berichtete. Der Professor rannte dem Flüchtenden hinterher.

Als sich die polizeilichen Einsatzkräfte den beiden Personen dann von zwei Seiten näherten, hielten sie den Professor, der auch auf mehrere Aufforderungen der Beamten, stehen zu bleiben, nicht nachkam, irrtümlich für den Aggressor.“

(Polizei Bonn)

Die Polizisten überwältigten den 50-Jährigen, brachten ihn zu Boden und fixierten ihn. Weil sich der Professor dagegen wehrte, schlugen ihm die Polizisten ins Gesicht.

Die Begleiterin des Professors konnte das Missverständnis aufklären. Währenddessen wurde der „eigentliche Angreifer, ein 20-jähriger Deutscher mit palästinensischen Wurzeln, gestellt und vorläufig festgenommen“, so die Polizei in ihrem Bericht.

Polizeibekannter Täter

Der junge Täter ist der Polizei hinlänglich wegen Gewaltkriminalität und Drogenvergehen bekannt.

Auch in diesem Fall schien der 20-Jährige unter Drogeneinfluss zu stehen, worauf die Beamten einen Schnelltest vornahmen. Aufgrund der Ergebnisse wurde anschließend die Entnahme einer Blutprobe angeordnet.

Der Beschuldigte wurde schließlich aufgrund von ärztlich attestierten psychischen Auffälligkeiten in eine Fachklinik eingeliefert.“

(Polizei Bonn)

Zu seiner Attacke selbst hatte er sich zuvor nicht geäußert, wohl aber den Polizisten gegenüber seine antisemitischen Äußerungen wiederholt, hieß es.

Der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen in enger Abstimmung mit der Bonner Staatsanwaltschaft. „Die Ermittlungen gegen die eingesetzten Beamten wegen Körperverletzung im Amt übernehmen aus Neutralitätsgründen Ermittler des Polizeipräsidiums Köln“, so die Polizei Bonn in ihrem Bericht.

Polizeipräsidentin und Innenminister entschuldigen sich

Noch in den Abendstunden des Mittwochs versuchte die Bonner Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa den geschädigten Professor persönlich zu erreichen. Zuvor wurde ihm bereits eine schriftliche Nachricht zukommen gelassen.

Am Donnerstagmorgen traf sich die Polizeipräsidentin mit dem Professor und bat ihn in einem persönlichen Gespräch um Entschuldigung für das Verhalten ihrer Beamten.

Ein schreckliches und bedauerliches Missverständnis im Einsatzgeschehen, für das ich bei dem betroffenen Professor ausdrücklich um Entschuldigung gebeten habe.“

(Ursula Brohl-Sowa, Polizeipräsidentin von Bonn)

Man werde genau prüfen, wie es zu dieser Situation gekommen sei und alles Mögliche dafür tun, um solche Missverständnisse zukünftig vermeiden zu können, versicherte die Behördenleiterin.

Auch Ashok-Alexander Sridharan (CDU), der Bonner Oberbürgermeister, verurteilte den Übergriff auf den Wissenschaftler:

Ich verurteile den Angriff auf Schärfste und bitte den Wissenschaftler um Entschuldigung, dass ihm dies hier in Bonn passiert ist. Niemand, keine Bonnerin und kein Bonner und erst recht kein Gast, sollte sich in unserer Stadt vor Tätlichkeiten fürchten müssen, auch nicht wegen eines religiösen Symbols.“

(A. Sridharan, OB Bonn)

Für den Rektor der Universität Bonn ist es umso peinlicher, dass seinem Gast Derartiges widerfuhr.

Unserem Gast gilt unser aller Respekt vor seinem unbeschreiblichen Einsatz, am Mittwoch trotz der Tat im Bonner Hofgarten auch nach dem Angriff für seine Studierenden weiter Gesprächspartner gewesen zu sein und einen Vortrag gehalten zu haben. Wir sind sehr traurig, dass unser akademischer Freund dieses Erlebnis aus Deutschland zurück in die Heimat mitnehmen musste.“

(Michael Hoch, Rektor der Universität Bonn)

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul, CDU, entschuldigte sich in einem Telefonat bei dem Professor. Es sei zu einem „verhängnisvollen Missverständnis“ der Polizei gekommen, so Reul am Donnerstagvormittag. „Es wird neutral ermittelt, ob in diesem Fall angemessen gehandelt wurde, erklärte der Minister in der Freitagsausgabe der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.

Den Angriff verurteilte er Reul mit klar Worten:

Die antisemitische Straftat ist abscheulich. Wir werden nicht zulassen, dass in Deutschland wieder Hatz auf Juden gemacht wird.“

(Herbert Reul, Innenminister NRW, CDU)

Die neuen Nazis?

Ebenso entsetzt und „zutiefst empört“ zeigte sich der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, aus dem Bundesinnenministerium angesichts des erneuten antisemitischen Vorfalls in Deutschland. Er äußerte in der „Rheinischen Post“ deutlich seine Erwartungen hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise:

Ich erwarte, dass gegen den mutmaßlichen palästinensischen Täter nun rasch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird“.

(Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung)

Klein fügte hinzu, es erfülle ihn mit besonderer Sorge, dass die Tat offenbar von einem Menschen ausgegangen sei, der schon lange in Deutschland lebe und mahnte, dass wir „bei unseren Anstrengungen in der Integrationsarbeit nicht nachlassen“ dürften.

Zudem verwies Klein darauf, dass er vom Familienministerium finanzierte bundesweite Anlaufstellen in allen großen und kleinen Kreisstädten nach Vorbild der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus in Berlin schaffen wolle.

Mein Ziel ist es, dass wir einen Überblick bekommen, wie viele antisemitische Vorfälle es unterhalb der Strafbarkeitsgrenze gibt – wie beispielsweise Pöbeleien, Schmierereien oder Anfeindungen.“

(Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter)

In der jüdischen Gemeinschaft ist das Problem wohl aber schon länger bekannt:

Als ich vor Kurzem öffentlich gesagt habe, dass sich viele Juden in Deutschland nicht trauen, mit Kippa auf die Straße zu gehen, wurde ich angefeindet und man meinte, dass so etwas in Bonn niemals passieren würde.“

(Dr. Margaret Traub, Jüdische Gemeinde Bonn)

Jetzt sehe man, dass es doch passiere und zwar „nicht in Bad Godesberg, sondern mitten in Bonn an der Hofgartenwiese“, so Dr. Traub gegenüber dem „Kölner Express“. Sie sage ihren Kindern, dass sie die Kippa nicht auf der Straße tragen sollen. Man werde schief angeguckt, angepöbelt oder sogar attackiert.

Sie würden immer wieder schriftlich oder telefonisch bedroht. Kürzlich sei von der Polizei sogar ein Verdächtiger vor der Synagoge festgenommen worden. Dieser hatte sich sogar mit einer Kippa „getarnt“.

Viele Juden überlegen sich inzwischen, ob sie in Europa noch eine Zukunft haben.“

(Dr. Margaret Traub, Jüdische Gemeinde Bonn)

Offenbar wurde der arabische Antisemitismus lange Zeit nicht erkannt. Oder wurde politisch korrekt einfach weggeschaut? Passt diese Form der Kriminalität nicht in die rot-grüne Traumwelt?



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