Bundesregierung will Corona-App veröffentlichen – Robert-Koch-Institut testet App

Bund und Länder machten kürzlich deutlich, wie wichtig eine Corona-App sei, um Infektionsketten zu erkennen. Sie soll schnellstmöglich veröffentlicht werden. Verbraucherschützer warnen allerdings, dass die Corona-Krise nicht als Einfallstor dienen dürfe, um Unternehmen neue Zugriffe auf private Daten zu geben.
Epoch Times16. April 2020

Bislang mussten die deutschen Behörden anhand der Gesprächsdaten herausfinden, mit wem ein Corona-Erkrankter Kontakt hatte. Dies war sehr zeitaufwändig. Zukünftig soll die Corona-App helfen Infizierte zu identifizieren. Sie soll aber auch dabei helfen, dass Handynutzer von bereits Infizierten Abstand halten können. Solch eine App möchte die Bundesregierung schnellstmöglich einführen. In dem gestrig vereinbarten Beschluss zwischen Bund und Ländern zu den Corona-Maßnahmen heißt es wörtlich:

„Zur Unterstützung der schnellen und möglichst vollständigen Nachverfolgung von Kontakten ist der Einsatz von digitalem „contact tracing“ eine zentral wichtige Maßnahme. Bund und Länder unterstützen hierbei das Architekturkonzept des „Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing“, weil es einen gesamteuropäischen Ansatz verfolgt, die Einhaltung der europäischen und deutschen Datenschutzregeln vorsieht und lediglich epidemiologisch relevante Kontakte der letzten drei Wochen anonymisiert auf dem Smartphone des Benutzers ohne die Erfassung des Bewegungsprofils speichert. Darüber hinaus soll der Einsatz der App auf Freiwilligkeit basieren. Sobald auf Grundlage der bereits vorgestellten Basissoftware eine breit einsetzbare Anwendungssoftware (App) vorliegt, wird es darauf ankommen, dass breite Teile der Bevölkerung diese Möglichkeit nutzen, um zügig zu erfahren, dass sie Kontakt zu einer infizierten Person hatten, damit sie schnell darauf reagieren können. Bund und Länder werden dazu aufrufen.“

Robert-Koch-Institut testet Corona-Warn-App

Die von der Bundesregierung initiierte App wird gerade durch das Robert-Koch-Institut (RKI) getestet, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Sie soll so bald wie möglich veröffentlicht werden. Doch vorher werden die Datenschutz- und Datensicherheitsaspekte durch den Datenschutzbeauftragten und das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) geklärt. Derzeit lasse sich nicht genau sagen, wann die App bereitstehe. „Wir hoffen, sobald wie möglich“, so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums zur „Süddeutschen Zeitung“. Die App soll dazu dienen, Handybesitzer schnell zu informieren, wenn sie Kontakt zu einem SARS-CoV-2-Infizierten hatten.

Ursprünglich war im Gespräch, die von Google und Apple angekündigten Technologiekomponenten für den Bau von Tracing-Apps zu nutzen. Allerdings wird die Veröffentlichung dieser Technologiekomponenten sich noch etwas hinziehen. Beide Technologiekonzerne sind für die Erarbeitung einer App zur Eindämmung der Corona-Pandemie eine Kooperation eingegangen. Dabei handelt es sich um eine Tracing-App, die die Bluetooth-Technologie nutzt.

Sie soll später in die Betriebssysteme Android und iOS bereits integriert sein. Zur Tracing-App von Apple und Google erklärte Hanno Kautz, Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, dass die Nutzung der App eine freiwillige Entscheidung sein soll. „Die Ankündigung von Apple und Google hat erst einmal damit nichts zu tun, sondern wäre ein anderes Produkt.“

Im Gegensatz zu Tracking-Apps, wie sie in einigen asiatischen Ländern eingesetzt werden, erfassen Tracing-Apps keine Geodaten, sondern registrieren nur die unmittelbare Nähe anderer Smartphones.

Kanzleramtschef fordert Einführung einer europäischen Tracking-App

Kürzlich äußerte sich auch Kanzleramtschef Helge Braun zur Einführung einer europäischen Tracking-App. „Wir brauchen das in jedem Fall EU-weit.“ Das begründe sich allein durch den europäischen Binnenmarkt und die zahlreichen Pendler, die jeden Tag die Grenze überquerten. „Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass es jetzt viele verschiedene Tracking-Apps gibt.“

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller knüpft den Einsatz der geplanten Corona-Warn-App an Bedingungen. „Schnelle, pragmatische Lösungen zum Schutz von Gesundheit und Leben sind nötig“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) dem „Handelsblatt“ vom Samstag. „Eine Anti-Corona-App kann hier helfen, wenn sie folgende fünf Bedingungen erfüllt: Sie muss freiwillig, geeignet, nötig, verhältnismäßig und zeitlich befristet sein.“ Müller warnte zugleich vor den Risiken.

„Die Corona-Krise darf nicht als Einfallstor dienen, um Unternehmen neue Zugriffe auf private Daten zu geben“, mahnte der Verbraucherschützer. Kommunikationsdaten beinhalteten sensible und persönliche Informationen und genössen grundrechtlichen Schutz. „Dieser Schutz darf nicht leichtfertig aufgegeben werden.“

Der Einsatz einer sogenannten Tracking-App zur Nachverfolgung von Corona-Infektionen könnte eine große Rolle bei der schrittweisen Lockerung der bestehenden Einschränkungen spielen. Diese Anwendungen sollen helfen, Kontaktpersonen von Infizierten schneller ausfindig zu machen und sie zu informieren.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hält Corona-Warn-Apps, die freiwillig installiert wurden, nicht für problematisch. Allerdings warnt er vor einem Zugriff auf Handy-Daten, um Corona-Infizierte aufzuspüren. Bei der Pandemie-Bekämpfung dürften „nicht Grundrechte über den Haufen geworfen werden“, sagte Kelber den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgabe). (er)

(Mit Material von afp erstellt)



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