Corona-Hotspot Stuttgart: Bundeswehr für Risikogebiet angefordert – Maskenpflicht in Innenstadt

Stuttgart hat es erwischt, das China-Virus verwandelt die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg in ein Risikogebiet. Mittlerweile wurde sogar die Bundeswehr angefordert. Doch auf welche Corona-Maßnahmen und Kontrollen müssen sich die Menschen dort nun einstellen?
Von 13. Oktober 2020

Nachdem sich in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart die Anzahl der positiv Getesteten am Sonntag, den 11. Oktober, auf 55,8 je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen weiter erhöht hatte, ordnete die Stadtführung für denselben Tag weitere Einschränkungen an. Der Wert wurde erreicht, nachdem am Sonntag 42 neue positive Testfälle bekannt wurden.

Private Feiern sind bereits seit dem 9. Oktober laut Stadtportal nur noch eingeschränkt möglich. Nach den neuen Regelungen dürfen sie nur noch mit zehn Teilnehmern in privaten Räumlichkeiten stattfinden. Öffentliche Feiern in öffentlichen und angemieteten Räumen werden auf 25 Teilnehmer beschränkt. Diese Maßnahmen sollen ab Mittwoch, 14. Oktober, 0 Uhr gelten. „Mit verstärkten Kontrollen soll darüber hinaus gegen illegale Partys vorgegangen werden“, kündigte die Stadt an.

Im Innenstadtbereich des City-Rings wird das Tragen von Masken zur Pflicht: „Eine Allgemeinverfügung wird die Örtlichkeiten und Verbindlichkeiten benennen.“

Verkauf und der Konsum von Alkohol werden eingeschränkt. Das Ordnungsamt wird noch genauer definieren, wo genau ab 23 Uhr kein Alkohol mehr getrunken werden darf. Die Geschäfte in der Umgebung dieser Plätze dürfen ab 21 Uhr bereits keinen Alkohol mehr verkaufen – ausgenommen: Gastronomiebetriebe mit Konzession. Mit einer Sperrstunde hält sich die Stadtführung noch zurück.

Sport- und Kulturveranstaltungen werden auf 500 Zuschauer und durchgängige Maskenpflicht eingeschränkt. Fußballspiele müssen jedoch völlig ohne Zuschauer auskommen.

Bundeswehr zur Unterstützung angefordert

Nach Angaben des Stuttgarter Gesundheitsamtschefs drohe die Kontrolle über die Kontaktketten zu entgleiten:

Die Zahlen steigen so stark, dass das Gesundheitsamt die für die Kontrolle der Pandemie so wichtige Nachverfolgung der Kontaktpersonen nicht mehr gewährleisten kann. Wir mobilisieren daher alle Kräfte innerhalb der Stadtverwaltung und erbitten Hilfe bei der Bundeswehr.“

(Prof. Stefan Ehehalt, Landesgesundheitsamt BW)

Ehehalt fordert dazu auf, die Zahl der Begegnungen untereinander deutlich zu reduzieren, die Abstands‐ und Hygieneregeln einzuhalten und unbedingt Masken zu tragen. Jeder sei gefordert, hieß es.

Auf Nachfrage in Stuttgart wurde der Epoch Times bestätigt, dass „die Bundeswehr um Amtshilfe zu Unterstützung des städtischen Gesundheitsamts gebeten“ wurde. Die Entscheidung des Verteidigungsministeriums stehe derzeit jedoch noch aus.

Sofern das Ministerium dem Antrag auf Amtshilfe zustimmt, werden die Soldatinnen und Soldaten telefonische Erstgespräche mit Infizierten führen und uns auch bei der Kontaktnachverfolgung unterstützen.“

(Martin Thronberens, Pressesprecher, Landeshauptstadt Stuttgart)

Die Bundeswehr unterstützt derzeit die deutschen Kommunen mit etwa 1.400 Soldaten in der Corona-Pandemie. Der Schwerpunkt dabei ist die Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten. Dies berichtete die Nachrichtenagentur AFP nach Angaben der Streitkräftebasis der Bundeswehr am Montag, 12. Oktober. Von derzeit über 1.000 Amtshilfeersuchen wurden demnach 67 Prozent zugesagt.

Die Zahlen verdeutlichen, wie wichtig die Bundeswehr als Partner für die Länder und Kommunen ist.“

(Martin Schelleis, Generalleutnant, Inspekteur der Streitkräftebasis)

„Eingriffsstufe“ seit Samstag in Kraft

Bereits am Samstag, 10. Oktober, wurde der Grenzwert von 50 positiv Getesteten auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen überschritten und die sogenannte „Eingriffsstufe“ ausgerufen und die Bundeswehr zur Amtshilfe gerufen. Nach Angaben von Sven Matis, Leiter der Pressestelle der Landeshauptstadt, wurde die 50er-Grenze am Samstag durch 82 Neuinfektionen erreicht.

Laut Stuttgarts Oberbürgermeister Kuhn fühle man sich „stark an die Situation im März erinnert. Immer mehr Fälle werden registriert, das Infektionsgeschehen wird diffuser“. Nach einer Telefonkonferenz zur Lage sagte OB Kuhn:

Wir müssen jetzt entschieden handeln, um die Zahl der Neuinfektionen sofort wieder runter zu bekommen.“

(Fritz Kuhn, Grüne, OB Stuttgart)

Nur so könnten Schulen, Kitas, Wirtschaft und Handel offen gehalten werden, so der Rathauschef. Die Stadt will in Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium und auf Basis des Infektionsschutzgesetzes eine „Entzerrung“ des Unterrichtsbeginns an den Schulen verfügen, um für mehr Abstand in Bussen und Bahnen zu sorgen.

Oberbürgermeister Kuhn werde zu Beginn der Woche „die wichtigsten Dienstleister in der Stadt kontaktieren“ und „Banken, Versicherungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Kanzleien bitten, die Möglichkeiten zum Home‐Office zu schaffen oder auszuweiten“.

„An die Maske habe ich mich gewöhnt“

Die „Stuttgarter Nachrichten“ sprachen mit Menschen auf der Straße in Stuttgart über die Maßnahmen. Unter anderem wurde ein Ingenieur befragt:

An die Maske habe ich mich gewöhnt.“

(Thomas D., Stuttgart, Ingenieur)

Für den Ingenieur sei auch Home-Office okay. Auch das mögliche Beherbergungsverbot für Stuttgarter innerhalb mancher Orte Deutschlands sieht er gelassen. Zwar könne dies womöglich Dienstreisen einschränken, es gebe aber auch digitale Möglichkeiten: „Das sind wir ja seit Beginn der Coronakrise gewöhnt.“

Merkel traf sich mit Bürgermeistern deutscher Großstädte

In einem Statement zur Lage hatte sich vor wenigen Tagen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Video-Treffen mit den Stadtchefs der elf größten deutschen Städte bereits dazu geäußert, dass unter anderem ab einer Zahl von 35 positiven Corona-Tests pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen die Bundeswehr auf Anforderung des betroffenen Stadtchefs Experten zur Beratung und Koordinierung der kommunalen Krisenstäbe entsenden kann. Dabei soll auch die Kontaktnachverfolgung durch die Bundeswehr erfolgen.

Diese elf Städte sind: Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig, Dortmund, Essen und Bremen – und sie haben eines gemeinsam, …

… nämlich eine hohe und zum Teil auch rapide wachsende Zahl an Coronainfektionen.“

(Angela Merkel, Bundeskanzlerin)

Ab einer entsprechenden Infektionszahl von über 50 soll es eine erweiterte Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum, Sperrstunden und Alkoholbeschränkungen geben. Auch sollen Veranstaltungen und Feiern beschränkt werden, auch im privaten Umfeld.



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