CSU-Aserbaidschan-Lobbyist und CDU-Abgeordnete im Visier von Korruptionsermittlern

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt gegen die CDU-Abgeordnete Karin Strenz und den früheren CSU-Politiker Eduard Lintner. Beide sollen unter Ausnutzung ihrer Stellung gegen Geld für die Republik Aserbaidschan Lobbyarbeit betrieben haben. 
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Ein Arbeiter demontiert ein CDU und CSU-Logo.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images
Von 31. Januar 2020

Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag (30.1.) nicht nur die parlamentarische Immunität des AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland wegen des Verdachts von Steuervergehen aufgehoben, sondern auch die der aus Mecklenburg-Vorpommern stammenden CDU-Abgeordneten Karin Strenz.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main wirft ihr vor, sich der Bestechlichkeit, der Bestechung von Mandatsträgern und der Geldwäsche schuldig gemacht zu haben. Im gleichen Zusammenhang ermittelt die Behörde gegen den früheren CSU-Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner und einen weiteren Verdächtigen.

Verspätete Anzeige verdächtiger Zuwendungen

Die Ermittlungen gehen auf den Bericht einer Untersuchungskommission zurück, der im April 2018 veröffentlicht wurde und in dem die Rede davon war, dass mehrere aktive und ehemalige Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats unzulässigerweise Geld von Lobbyorganisationen zentralasiatischer Regierungen angenommen haben sollen, im Fall von Strenz sei es dabei um Aserbaidschan gegangen. Die Abgeordnete war nach eigenen Angaben zudem Vizepräsidentin der „Deutsch-Kasachischen Gesellschaft“.

Die Bundestagsverwaltung hatte bereits im Vorjahr eine Geldbuße von knapp 20 000 Euro gegen Strenz verhängt, weil diese veröffentlichungspflichtige Angaben nicht fristgerecht angezeigt habe. Bereits 2014 und 2015 hatte Strenz, wie sie später selbst einräumte, mindestens 15 000 Euro vom Unternehmen „Line M-Trade“ erhalten. Eine Grundlage für die Zahlung sei nicht nachvollziehbar gewesen. Das „T-Online“-Portal schreibt sogar von mindestens 22 000 Euro, die an Strenz geflossen seien.

Lintner, vor und nach seinem Intermezzo in der Politik als Anwalt tätig, trat als Geschäftsführer von Line M-Trade auf. Das Unternehmen beziehungsweise der Anwalt selbst galten als gewichtige Lobbyisten des Staates Aserbaidschan.

Gegen kritische Berichte gestimmt

Strenz war 2015 als Wahlbeobachterin des Europarats in dem bedeutenden zentralasiatischen Öl- und Gas-Exportstaat tätig. Dies wäre nach Einschätzung des Verbandes „LobbyControl“ nicht möglich gewesen, hätte sie rechtzeitig angegeben, dass sie persönliche Geschäftsinteressen mit dem Land verbinden. Die Politikerin hatte hingegen noch vor den Bundestagswahlen 2017 erklärt, sie sei „allen rechtlichen Transparenzanforderungen“ nachgekommen.

Auch galt ihr Abstimmungsverhalten im Europarat selbst und im Bundestag als auffällig, wenn es um Belange der Kaukasusrepublik ging. So stimmte sie gegen Berichte, die Kritik an der Politik der Regierung in Baku artikulierten oder gegen Entschließungen, welche die Freilassung mutmaßlicher politischer Gefangener forderten.

In der 10-Millionen-Einwohner-Republik Aserbaidschan herrscht seit 2003 Präsident Ilham Alijew, der Sohn von Heydar Alijew, der nach Erlangung der Unabhängigkeit von der Sowjetunion zehn Jahre lang die Geschicke des Landes steuerte. Kritiker werfen dem Alijew-Clan autoritäre Führung, Personenkult, Wahlfälschung und gewaltsame Unterdrückung der Opposition vor. Befürworter seiner Politik attestieren ihm hingegen, das Land zu Wohlstand geführt zu haben und ein für mehrheitlich muslimische Länder hohes Maß an Religionsfreiheit zu gewährleisten.

Insgesamt 16 Immobilien durchsucht

Aserbaidschans Reichtum stammt vor allem aus dem Export von Öl und Erdgas, auch für die EU nimmt das Land dadurch eine große Bedeutung bei der Energieversorgung ein. Zentraler Akteur ist dabei die staatliche Mineralölgesellschaft SOCAR. Außenpolitisch orientiert sich die Republik vorwiegend an jener des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion befindet sich Aserbaidschan zudem de facto im Kriegszustand mit Nachbar Armenien. Dabei geht es vor allem um die Hoheit über die Enklave Bergkarabach, die von beiden Ländern beansprucht wird.

Die Hauptperson im mutmaßlichen aserbaidschanischen Lobbyismus-Netzwerk in Deutschland soll jedoch Lintner sein. An ihn sollen, wie T-Online schreibt, von einem unbekannten Gewährsmann aus der Kaukasusrepublik mindestens vier Millionen Euro geflossen sein, die der Anwalt an Abgeordnete weiterleiten sollte. Der Geldfluss soll in den Jahren 2008 bis 2016 über britische Briefkastenfirmen mit baltischen Konten erfolgt sein.

Über Lintner sollen allein rund 500 000 Euro an Gesellschaften und Vereine von belgischen und aserbaidschanischen Mitgliedern des Europarates weitergeflossen sein. Ein dritter Verdächtiger soll zudem eine eigens dafür gegründete Gesellschaft, seine Rechtsanwaltskanzlei und Bankkonten für die Zahlungen aus Aserbaidschan zur Verfügung gestellt haben.

Gegenüber T-Online bestätigte Lintner zwar, dass es Durchsuchungen unter anderem seiner Geschäftsräumlichkeiten gegeben habe – insgesamt sollen 16 Wohnungen, Geschäftsräume und eine Rechtsanwaltskanzlei in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Belgien betroffen gewesen sein. Die wider ihn erhobenen Vorwürfe seien jedoch „haltlos“, so Lintner. Er habe ein „völlig reines Gewissen“.



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