Deutschland an der Nadel: Bundeskabinett will Gesetzentwurf zur Impfpflicht verabschieden
Manche haben sie, manche nicht: die Angst vor den Masern. Seit Monaten gibt es heiße Diskussionen um den kleinen Stich mit großer Wirkung. Zumindest erhitzen sich die Gemüter, wenn sie nur das Wort „Masernimpfpflicht“ hören. Nun geht die Debatte rund um die Masern in die nächste Runde. Wie das „Ärzteblatt“ berichtet, soll das Bundeskabinett am kommenden Mittwoch den Gesetzentwurf über die Masernimpfpflicht verabschieden. Demnach will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) alle Kinder sowie Erwachsenen, die in Gesundheitsberufen oder in Schulen und Kitas arbeiten, zwangsimpfen.
Mit der beabsichtigten Impfpflicht sollen zukünftig neben Kindern auch alle Berufstätigen in Schulen und Kitas sowie in medizinischen Einrichtungen, die Kontakt mit Patienten haben, erfasst werden. Medizinische Einrichtungen sind unter anderem Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, Arzt- und Zahnarztpraxen oder Geburtshäuser. Ebenso gelte laut „Ärzteblatt“ die Impfpflicht für alle, die in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindertagesstätten betreut werden oder in bestimmten Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind.
Impfschutznachweis oder Kontraindikations-Bescheinigung
Grund für eine Zwangsimpfung besteht nicht für denjenigen, der ausreichenden Masernschutz vorweisen kann, entweder durch Nachweis der erfolgten Impfung oder anhand eines Titer-Testes. Zudem könnten Ärzte auch eine gesundheitliche Kontraindikation gegen eine Masernschutzimpfung bescheinigen, nach der keine gesetzliche Impfpflicht besteht.
Wer seiner Nachweispflicht nicht nachkommt, wird an das Gesundheitsamt gemeldet. Dieses entscheidet über mögliche Sanktionen.
Laut „Ärzteblatt“ dürfen Kinder ohne Impfschutz keine Kita mehr besuchen. Bei Schulkindern gilt diese Regelung nicht.
Aber wer sein Kind nicht impfen lässt, dem drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 2.500 Euro“, so Spahn.
Verhängt würden die Bußgelder durch das Gesundheitsamt.
Zukünftig soll – so geht es aus dem Kabinettsentwurf vor – jeder Arzt eine Schutzimpfung vornehmen können:
Fachärzte dürfen Schutzimpfungen unabhängig von den Grenzen der Ausübung ihrer fachärztlichen Tätigkeit durchführen. Die Berechtigung zur Durchführung von Schutzimpfungen nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften bleibt unberührt.“
Eine Neuregelung sieht im Gesetz vor, dass das Robert-Koch-Institut jährlich eine Bundesstatistik zur Beurteilung der Entwicklung des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Deutschland erstellen muss. Kassenärztliche Vereinigungen und Gesundheitsämter sollen die entsprechenden pseudonymisierten Versorgungsdaten liefern. So können die Daten über die Inanspruchnahme von Schutzimpfungen und Impfeffekten generiert werden.
Eine verstärkte zielgruppenspezifische Aufklärung über Schutzimpfungen soll über die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erfolgen.
Impfpflicht verstößt gegen Menschenrechte
143.000 Unterschriften für die Petition „Deutschland braucht keine Impfpflicht“ hatten Ärzte am 27. Juni an Heiko Rottmann-Großner, Unterabteilungsleiter des Bundesgesundheitsministeriums, überreicht. Die Petition der „Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V.“ fordert die Unterlassung sämtlicher Bemühungen zur Einführung einer Impfpflicht. In der Petition heißt es:
Aktuell gibt es keine tragfähige Begründung, die verfassungsmäßigen Grundrechte der Kinder auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs.2 GG), der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder (Art. 6 Abs. 2 GG) sowie das Grundrecht auf Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) durch eine Impfpflicht einzuschränken.“
Auf einer Pressekonferenz sagte Dr. Stefan Schmidt-Troschke, Kinder- und Jugendarzt und stellvertretender Sprecher des Vereins:
Es geht hier um eine echte Grenzüberschreitung. Mit der Impfpflicht wird die Büchse der Pandora geöffnet.“
Denn eine Impfung würde nicht nur gegen Masern, sondern obendrein gegen Mumps und Röteln erfolgen. Einen alleinigen Masernimpfstoff gibt es nämlich nicht.
Impfung ohne Wirkung – Ärzte fordern Aufklärung
Schließlich seien 97 Prozent der Kinder in Deutschland erstgeimpft. Dass die zweite Impfung lediglich dazu dient, die Impfversager aufzufangen, weiß inzwischen kaum jemand. Doch eine Garantie, dass der Impfstoff anschlägt, gibt es nicht. Selbst wenn jemand also zweifach gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft ist, könnte sich bei einem Titer-Test herausstellen, dass er keinen Masernschutz aufweist.
„Man kann die Masernimpfung nicht beliebig oft auffrischen“, erklärte Michael Friedl, Kinder- und Jugendarzt aus Heidelberg und Vorstand des Vereins. Er fügt hinzu:
Wer in der Kindheit zu früh geimpft wurde und/oder nur eine schwache Reaktion ausgeprägt hat, kann zwar nachgeimpft werden und für eine Zeitlang auch geschützt sein, aber niemals eine lebenslange Immunität erreichen. Wir brauchen deshalb eine Forschung, die herausfindet, wann der richtige Zeitpunkt ist, um eine bestmögliche Impfantwort zu erreichen.“
Dr. Jost Deerberg ist Kinder- und Jugendarzt in Hamburg und stellvertretender Vereinsvorstand. Er fordert den Erhalt der freien, individuellen Impfentscheidung:
Jeder soll nach einer umfassenden und vor allem ergebnisoffenen Beratung frei entscheiden können, ob eine Impfung gewünscht ist oder nicht. Eine ärztliche Impfberatung wird derzeit aber nur vergütet, wenn im Anschluss auch geimpft wird. Deshalb fordern wir, die Beratung auch dann zu vergüten, wenn anschließend aus guten Gründen keine Impfung erfolgt.“
Statt eine Impfpflicht einzuführen, solle ehrliche Aufklärung betrieben werden, denn mit dem Vertrauen in Impfstoffe ist es in Deutschland nicht so weit her. Jeder Fünfte geht davon aus, dass Impfstoffe nicht sicher sind. Diese Menschen könnte man nur erreichen, wenn sie sich anhand von Fakten ein eigenes Bild verschaffen könnten, betonte Deerberg.
Masern auf dem Weg zur Erwachsenenkrankheit
Der Anteil der Erwachsenen, die an Masern erkranken, liegt in Deutschland derzeit bei 55 Prozent. Der Anteil der Kinder nimmt entsprechend ab. Das beruhe darauf, so Schmidt-Troschke, dass die nach 1970 Geborenen schon keine bzw. nur selten eine Masernerkrankung durchgemacht haben, aber auch nicht über einen ausreichenden Impfschutz verfügen.
Diese Altersgruppe müsste viel mehr in die Impfung einbezogen werden. Die vom Bundesgesundheitsminister vorgesehene Impfpflicht gehe damit am eigentlichen Problem vorbei. Gerade diese Altersgruppe müsste geimpft oder der Impfstatus anhand eines Antikörpertiters geklärt werden:
Was in dem Gesetz steht, ist im Grunde genommen Kosmetik. Offenbar hat sich Herr Spahn nicht getraut, Erwachsene zwangszuimpfen oder eine entsprechende Struktur zu schaffen.“
Lediglich entsprechende Berufsgruppen sollen verpflichtet werden, sich impfen zu lassen, beispielsweise Pädagogen und medizinisches Personal. Doch auch das stellt eine Verletzung der Grundrechte dar. Verfassungsrechtlich wird das allerdings so gesehen, dass man seinen Beruf ja wechseln könne, um diesem Impfzwang zu entgehen. Schmidt-Troschke:
Der Gesetzgeber sagt: Wir nehmen dir nicht grundsätzlich deine Rechte, aber wenn du in diesem Beruf arbeiten willst, dann musst du dich gefälligst impfen lassen.“
Gerade bei Ärzte und Therapeuten sei die Skepsis gegenüber Impfungen jedoch hoch ausgeprägt – ein Zeichen dafür, dass die Impfpolitik versagt habe.
Der „Anfang der Diskussion“
Bei der Übergabe der Petition an das Bundesgesundheitsministerium hatte Rottmann-Großner einen gemeinsamen Termin der Ärzte mit dem Fachreferat seiner Abteilung und dem Robert-Koch-Institut in Aussicht gestellt, ebenso eine Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung der Abgeordneten im Bundestag. Schließlich sei man „am Anfang der Diskussion“ und die Argumente der Ärzte seien „willkommen“ und werden auch angeschaut.
Für den Fall, dass das Gesetz wie von Spahn beabsichtigt im Frühjahr 2020 in Kraft treten sollte, werde die Ärzteinitiative Verfassungsbeschwerde einlegen, weil dieses Gesetz nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei, betonte Jost Deerberg und forderte:
Wir brauchen eine Impfpolitik! Unsere Devise lautet: Vertrauen statt Zwang! Wir wollen ermöglichen, dass die Menschen selbst und eigenverantwortlich entscheiden. Das entspricht auch der Charta der WHO von 1986, die besagt, dass wir als Ärzte und Gesellschaft aufgefordert sind, die individuelle Fähigkeit zur Gesundheitsfürsorge zu stärken und nicht etwa den Zwang des Staates zu erhöhen.“
Auch der Deutsche Ethikrat kam am 27. Juni zu einem ähnlichen Ergebnis: Er fordert ein „Maßnahmenbündel zur Erhöhung der Impfquote statt einer allgemeinen Impfpflicht“.
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