DIW-Chef kritisiert „perverse Anreize“ im Klimapaket: „Fridays for Future sind unsere einzige Hoffnung“

Es sei zwar gut, dass die Bundesregierung jetzt ein Klimapaket gepackt habe, das viele gute Ansätze zeige. "Sie hätte dabei allerdings mutiger sein sollen", sagt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher.
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Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).Foto: Daniel Naupold/Archiv/dpa
Epoch Times1. Oktober 2019

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, fordert dringend Nachbesserungen am Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Es gebe „perverse Anreize“ im Klimapaket, sagte Fratzscher der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

So würden „vor allem besserverdienende Pendler durch steuerliche Effekte und die Erhöhung der Pendlerpauschale am Ende sogar mehr Geld in der Tasche haben“, so der DIW-Chef weiter. Es sei zwar gut, dass die Bundesregierung jetzt ein Klimapaket gepackt habe, das viele gute Ansätze zeige. „Sie hätte dabei allerdings mutiger sein sollen“, sagte Fratzscher. So kritisierte er den geplanten Einstiegspreis von 10 Euro pro Tonne für das klimaschädliche CO2 als zu niedrig:

Wenn man das einmal auf Benzin hochrechnet, dann sprechen wir gerade einmal von drei oder vier Cent pro Liter“, so der Ökonom.

Hintergrund ist, dass die Bundesregierung plant, CO2-Zertifikate an die Unternehmen zu verkaufen, die Heiz- und Kraftstoffe in den Verkehr bringen. Der Festpreis soll bis zum Jahr 2025 auf 35 Euro pro Tonne steigen.

Es koste aber 100 Euro bis 150 Euro, um eine Tonne CO2 „wieder einzufangen“, sagte Fratzscher. Der Schaden für Umwelt, Natur und Mensch möge geringer sein.

„Aber zehn Euro pro Tonne sind es mit Sicherheit nicht“, so der DIW-Chef weiter. Mithilfe der Pendlerpauschale sollen Arbeitnehmer vom Januar 2021 an ab dem 21. Kilometer ihres Pendelwegs eine höhere Pauschale von 35 Cent anstatt bislang 30 Cent pro Kilometer in der Steuererklärung geltend machen können.

Die Entlastung schwankt je nach Einkommen und Besteuerung, bis der Vorteil durch die steigende CO2-Bepreisung entfällt. Der DIW-Chef fordert noch weitergehende Schritte zum Klimaschutz.

Eine klare Ansage wäre zum Beispiel: Ab dem Jahr 2030 werden keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen, so wie es andere europäische Länder machen. Das wäre ein Rahmen, auf den sich Bürger und Unternehmen einstellen könnten. Da sollte die Bundesregierung ihr Klimaprogramm nachbessern“, sagte Fratzscher der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Fridays-for-Future, die junge Generation, ist die einzige Hoffnung

Zugleich kritisierte er, die Politik sei – wie so oft – reaktiv. Vieles geschehe nur durch den Druck der Öffentlichkeit oder den Druck der Straße.

Die Fridays-for-Future-Bewegung, die junge Generation, ist die einzige Hoffnung, die wir haben. In die Köpfe der meisten älteren Menschen geht das nicht mehr rein, dass wir einen grundlegenden Kurswechsel brauchen“, so der Ökonom.

Eine ökonomische Überforderung sieht er in den neuen Klimaschutzplänen nicht.

Der DIW-Chef erläuterte, sicherlich brauche es Anpassungen. „Aber die Frage ist doch: Macht man das jetzt freiwillig, oder wird es uns aufgezwungen, weil die Umwelt der Belastung nicht standhält oder andere Länder uns neue Technologien vorgeben“, so der Ökonom weiter.

Darüber hinaus seien die Veränderungen, die zum Klimaschutz nötig seien, auch eine riesige Wachstumschance gerade für technologisch hoch entwickelte Länder wie Deutschland.

„Wir sind, etwa bei den erneuerbaren Energien, ganz vorn mit dabei. Viele technologische Entwicklungen finden hierzulande statt. Darauf können wir aufbauen“, sagte Fratzscher der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. (dts)



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