Dresden: Neue Überraschungen im Juwelenraub-Prozess

Die Verteidiger wollen wohl ihre Mandanten bremsen, sich weiter zu belasten. Der erhoffte Schwung im Juwelenraub-Prozess in Dresden mithilfe einer direkten Befragung der Angeklagten durch Gericht und Staatsanwaltschaft blieb aus.
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Die Verhandlung gegen Mitglieder des Remmo-Clans aus Berlin wegen des Raubes der Juwelen aus dem Grünen Gewölbe in Dresden findet am Landgericht Dresden statt.Foto: Erik Rusch / Epoch Times
Von 22. Januar 2023

Im Gerichtsprozess zu dem Juwelenraub im Grünen Gewölbe gab es am Freitag, 20. Januar, zwei Überraschungen. Zum einen gab es neben dem erwarteten vierten Geständnis noch ein weiteres vom fünften Angeklagten.

Zum anderen beantragte das gesamte Verteidigerteam, die vereinbarte Befragung der Angeklagten in schriftlicher Form durchzuführen. Darin geht es um die Aussagen in den Geständnissen.

Der vierte Angeklagte, Bashir Remo (26), erklärte, dass er nicht an den Vorbereitungen beteiligt gewesen sei. Allerdings sei er am Juwelenraub beteiligt gewesen, gestand er. An vieles könne er sich nicht mehr erinnern.

In der Nacht des Einbruchs war er über die Mauer geklettert und empfing den geraubten Juwelenschmuck am Fenster. Zudem hatte er die Aufgabe, „Schmiere“ zu stehen. Sein weiteres Erinnerungsvermögen sei durch die Aufregung am Tattag getrübt. Erst im Nachhinein sei ihm das Ausmaß des Raubes bewusst geworden, erklärt er.

Zum Verbleib der restlichen Juwelen könne er keine Angaben machen. „Wenn ich darüber verfügen könnte, würde ich es sagen“, führt er in seinem Geständnis aus. Er habe die Tat als Abenteuer verstanden. Nun bereue er sie zutiefst. Er wolle wieder zu seiner Familie zurück.

„Ich wusste, dass die Juwelen wertvoll sind“

Abdul Majed Remmo (23) erklärte, dass er bei dem Raub in Dresden nicht dabei gewesen sei, aber bei der Vorbereitung geholfen habe. Aus Baumärkten habe er dazu beispielsweise die Äxte, das Kreppband und die Farbe entwendet.

„Ich wusste, dass die Juwelen wertvoll sind, aber nicht, was sie für eine kulturhistorische Bedeutung haben“, so der Angeklagte. „Ich will eine Therapie machen.“ Ihm tue es leid, dass die Juwelen beschädigt wurden.

Überraschend war dann auch die Diskussion zu der Form der Befragung. Der Richter zeigte sich verwundert über den Antrag der Verteidiger, die Befragung schriftlich durchführen zu wollen. Die Staatsanwaltschaft signalisierte, dass sie sich solch einen Ablauf schwer vorstellen könne, zumal sie viele Fragen an die Angeklagten richten wolle.

Kurzzeitig bestand die Möglichkeit, dass sich das Gericht durch die Forderung nach einer schriftlichen Befragung nicht mehr an die Verständigung gebunden fühlt. Es hätte daher entscheiden können, dass die Geständnisse zwar vorlägen, aber die in Aussicht gestellten Strafrahmen dann noch mal überdacht werden müssten. Auch hätte die Vereinbarung zwischen den Parteien platzen können.

Richter willigt dem Gesuch der Verteidiger ein

Nach einer Beratungspause willigte der Richter jedoch dem Gesuch der Verteidiger ein. Er wies jedoch darauf hin, dass sich dadurch der Prozess länger hinziehen werde. Ob das im Interesse der Angeklagten ist, die deutlich machten, dass sie schnell die Untersuchungshaft verlassen möchten, blieb offen.

Unter den Verteidigern führte der Verlauf der Beweisaufnahme nach der Verhandlung zu intensiven Gesprächen. Letztlich wirkte dieser etwas unabgestimmt, wie beobachtet werden konnte.

„Eigentlich besteht eine Befragung aus mündlichen Fragen und Antwort und dann folgen möglicherweise weitere Fragen“, erklärt Gerichtssprecher Andreas Feron.

Wenn jetzt, so wie von den Verteidigern beantragt, jedes Mal der Prozess nach Vorlage der schriftlichen Fragen zur Beratung zwischen den Verteidigern und den Angeklagten unterbrochen werden müsse, dann sei das einfach ein sehr langwieriges Verfahren, führt er aus.

Verteidiger befürchten verfängliche Aussagen

Aus der Begründung durch die Verteidiger zu ihrem Antrag wurde deutlich, dass sie sich Gedanken machen, dass ihre Mandanten belastende Aussagen während einer mündlichen Befragung äußern könnten.

Dass der Richter sich auf dieses Verfahren einließ, erklärt Feron damit, dass es keine Verpflichtung im Strafprozess gebe, dass seitens der Angeklagten Angaben gemacht werden müssen. Andererseits war Gegenstand der Verständigung, dass auch Fragen beantwortet werden müssen. „Allerdings sieht es jetzt so aus, dass vielleicht nicht konkret genug dargelegt worden ist, in welcher Form die Fragen zu stellen sind.“

Ob man dieses schriftliche Verfahren nach den ersten Anwendungen beibehält, bleibt für Feron fraglich. Spannend bleibt auch, ob durch die Befragung herauskommt, wer möglicherweise der sechste Tatbeteiligte beim Raub war. Denn einer der sechs Angeklagten erklärte wiederholt, dass er in der Tatnacht nicht mit dabei gewesen sei. Im Rahmen der Ermittlungen geht man von sechs Tatbeteiligten aus.

Interessant wird auch zu sehen, ob die Verteidigung die vollständige Akteneinsicht durch den Adhäsionskläger, dem Freistaat Sachsen, abwehren kann. Das Land versucht über ein sogenanntes Adhäsionsverfahren innerhalb eines Strafverfahrens Entschädigungssprüche gegen die Angeklagten geltend zu machen.

Das erhöht den Druck auf die Angeklagten, den restlichen Schmuck, wenn er denn noch verfügbar ist, doch noch zurückzugeben. Sonst drohen hohe Entschädigungszahlungen. Unabhängig davon kann auch eine Entschädigung für die Beschädigungen am bereits zurückgegebenen Schmuck eingefordert werden.



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