Steinmeier kritisiert Störungen der Lucke-Vorlesungen an Uni Hamburg

"Andere zum Schweigen bringen zu wollen, nur weil sie das eigene Weltbild irritieren, ist nicht akzeptabel", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Nachdem gewalttätige Demonstranten die Sicherheitsvorkehrungen am Eingang der Vorlesung von Professor Bernd Lucke überwunden hatten, mussten Studenten und Professor die Hörsäle verlassen.
Titelbild
Antifa-Anhänger übernehmen Hörsaal 16. Oktober 2019 an der Uni Hamburg. Professor Bernd Lucke musste unter Polizeischutz gehen.Foto: Screenshot Youtube
Epoch Times23. Oktober 2019

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Störungen von Vorlesungen des Mitbegründers der AfD, Bernd Lucke, an der Universität Hamburg kritisiert. „Was wir gewiss nicht brauchen – lassen Sie mich das aus gegebenem Anlass klar sagen –, sind aggressive Gesprächsverweigerung, Einschüchterung und Angriffe“, sagte Steinmeier am Freitag in einer Rede auf einer Veranstaltung in Berlin. Dies gelte für Politiker ebenso wie für „umstrittene Professoren in Hörsälen“.

„Andere zum Schweigen bringen zu wollen, nur weil sie das eigene Weltbild irritieren, ist nicht akzeptabel“, sagte Steinmeier weiter, ohne Lucke dabei namentlich zu nennen. „Der offene politische Streit im Respekt für den anderen ist etwas, was wir uns gegenseitig zumuten müssen. Er ist das Herzstück der Demokratie“, hob er weiter hervor.

Freiheit von Wissenschaft in Gefahr

Zuvor hatte es in Hamburg mehrfach Proteste gegen Vorlesungen Luckes gegeben. Eine Vorlesung fand daraufhin nicht statt, eine zweite wurde vorzeitig abgebrochen. Die Universität hat die Störungen verurteilt. Diese seien „mit dem grundgesetzlich garantierten Schutz der Freiheit von Wissenschaft nicht zu vereinbaren“, hieß es in einer Erklärung.

Scharfe Kritik daran äußerte auch Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Der Wirtschaftswissenschaftler Lucke gehörte bis zum Sommer dem Europaparlament an und hat danach wieder seine Dozententätigkeit aufgenommen.

Karliczek kritisiert Studenten

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) warnte im Magazin „Spiegel“ davor, „den politischen Diskurs zu verengen“. Mit Blick auf die Proteste gegen Lucke hob sie hervor: „Es geht nicht, dass sich Studentengruppen oder Aktivisten als Meinungszensoren aufspielen.“ Am Montag war auch eine geplante Lesung des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) an der Universität Göttingen durch Demonstranten verhindert worden.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte mit Blick auf die Vorfälle in Hamburg und Göttingen, dort seien „Meinungen, die nicht als akzeptabel eingeschätzt worden sind, von den Gegnern niedergebrüllt worden“. Lindner beschwerte sich auch, dass ein geplanter Auftritt von ihm an der Universität Hamburg von der Hochschule nicht genehmigt worden sei. Diese hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass Veranstaltungen mit parteipolitischer Ausrichtung nicht vorgesehen seien.

Kein Polizeischutz vom Innensenator

Nachdem es bereits in der vergangenen Woche zu einer lautstarken Blockade der Vorlesung von Bernd Lucke über Makro-Ökonomie an der Uni Hamburg durch linksextreme Studenten unter Beteiligung der Antifa, sowie Nazi-Schwein-Beschimpfungen und körperlichem Bedrängen gekommen war, musste der 57-jährige Professor und AfD-Begründer unter Polizeischutz das Gebäude verlassen.

Eine erneute Vorlesung war für den 23. Oktober vorgesehen. Die Uni-Leitung hatte eine Einlasskontrolle angeordnet. Um Eventualitäten zuvorzukommen, forderte Uni-Präsident Dieter Lenzen (71) sogar Polizeischutz an. Was offenbar versagt wurde, wie „Bild“ berichtet. Die Polizei wollte nur im akuten Fall einschreiten und die Sicherung sei Angelegenheit der Uni. Lenzen bezeichnete dies in einem Brief an den SPD-Innensenator Andy Grote als „nicht akzeptabel“.

Er sollte recht behalten.

Schwarz Gekleidete überwinden Einlasskontrollen

Rund 30 Personen hatten vor dem Gebäude gegen die Vorlesung Luckes demonstriert. Zehn bis 15 schwarz gekleidete Personen bedrängten und überwanden schließlich mit Gewalt die Einlasskontrollen eines von der Uni engagierten Sicherheitsunternehmens und stürmten den Hörsaal, in dem seit rund 40 Minuten gelehrt wurde. Sie entrollen die schwarze Antifa-Fahne und ein Transparent.

Unter dem Video erinnerte ein User an die einstigen Worte des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten und langjährigen Bundesministers Franz-Josef Strauß (CSU) bezüglich seinen Erfahrungen mit linksextremen Demonstranten:

Wer durch Lautstärke oder andere Gewaltanwendung die Abhaltung einer politischen Veranstaltung verhindern will, ist ein Radikaler, ein Extremist und in den Methoden ein Nazi.“

(Franz-Josef Strauß, 1915 – 1988)

Studenten und Professor verlassen Saal

Die Studenten der Vorlesung verließen den Hörsaal durch den Hintereingang. Auch Professor Lucke war bereits durch einen Seiteneingang in Sicherheit gebracht worden.

Uni-Präsident sieht Staat in der Pflicht

Der Präsident der Universität Hamburg sieht nach dem erneuten Vorfall die Uni hier im Bereich Sicherheit und Ordnung an ihre Grenzen gekommen.

Es ist unter keinen Umständen hinzunehmen, dass die Freiheit von Forschung und Lehre in irgendeiner Form beeinträchtigt wird und Beamte an der Ausübung ihrer Amtspflichten gehindert werden.“

(Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg)

Es sei Aufgabe der Politik, dafür Sorge zu tragen, dass die Hochschulen ihrem staatlichen Auftrag in Sicherheit und Freiheit nachgehen können, so der Uni-Präsident.

Hamburgs Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) kritisierte die Stürmung der Vorlesung durch offenbar universitätsfremde Personen als „Unrecht in seiner reinsten Form“ anlässlich einer Aktuellen Stunde im Parlament. Ebenfalls in der Sitzung der Bürgerschaft sagte laut „Welt“ Dirk Nockemann, Vorsitzender der AfD-Fraktion, dass es sich um „Meinungsterror in seiner übelsten Form“ handele und beklagte: „Linke Aktivisten können machen, was sie wollen.“

Im Video: Bereits vergangene Woche Mittwoch übernahmen Antifa-Anhänger den Hörsaal.

Professor Lucke lehrt seit 1998 an der Uni Hamburg

Lucke, der als neoliberal gilt, und 33 Jahre der CDU angehörte, gründete 2013 die AfD mit. Nach einer Resolution 2015 gegen ihn, initiiert durch die Landesvorsitzenden von Thüringen (Björn Höcke) und Sachsen-Anhalt (Andre Poggenburg), trat Lucke nach seiner Abwahl 2015 im Parteivorsitz durch Frauke Petry aus der Partei aus und kritisierte fortan zunehmend fremdenfeindliche Tendenzen innerhalb der Partei.

Von der Uni Hamburg, an der er seit 1998 Volkswirtschaftslehre lehrt und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Wachstum und Konjunktur an der dortigen Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ist,  ließ er sich in der Zeit als Mitglied des Europäischen Parlaments von 2014 bis 2019 beurlauben. Nun trat er seine Professorenstelle wieder an, was die Antifa auf den Plan rief. (sm/afp/sua)

Im Video: „Alerta, Alerta, Antifascista“ und andere linksradikale Schlachtrufe und Nazi-Bezichtigungen am 16. Oktober 2019 in der Uni Hamburg.



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