Im Visier des Verfassungsschutzes: IDCPC – Pekings langer Arm in Deutschland

Die Kommunistische Partei Chinas (KPC) hat laut Verfassungsschutz die Bestrebungen auch in Deutschland verstärkt, hochwertige politische Informationen zu beschaffen und Entscheidungsprozesse zu beeinflussen.
Das Bundeskabinett hat eine China-Strategie beschlossen.
Das Bundeskabinett hat eine China-Strategie beschlossen.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 1. August 2023

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat am 28. Juli eine Sicherheitswarnung an deutsche Politiker und Behörden herausgegeben, in der es vor chinesischer Einflussnahme und Spionage warnt.

„Die Staats- und Parteiführung Chinas hat in den vergangenen Jahren ihre Bemühungen zur Beschaffung hochwertiger politischer Informationen sowie zur Beeinflussung von Entscheidungsprozessen im Ausland deutlich forciert“, heißt es in der Mitteilung. Die Kommunistische Partei Chinas (KPC) hat sich ein weltweites Netzwerk von Kontakten aufgebaut und sei stetig um dessen Erweiterung bestrebt.

Dabei spiele das International Department of the Central Committee of the Communist Party of China (IDCPC, 中共中央对外联络部) eine zentrale Rolle. Dessen Funktionsweise habe sich in den letzten Jahren gewandelt, sodass es in den Augen des Verfassungsschutzes mittlerweile als Arm des chinesischen Geheimdienstes eingestuft wird. „Daher gilt besondere Vorsicht bei Kontakten zum IDCPC beziehungsweise zu IDCPC-Angehörigen“, so der deutsche Inlandsgeheimdienst.

Das IDCPC sei direkt dem Zentralkomitee (ZK) der KPC untergeordnet und besitze zahlreiche Tarnposten innerhalb des Regierungsapparates. Das erklärte Ziel dieser Regierungsabteilung sei es, zur Umsetzung der chinesischen „Reform- und Öffnungspolitik“ sowie zum Aufbau des „Sozialismus mit chinesischen Merkmalen“ beizutragen und die Positionen der KPC im Ausland zu vertreten, erklärt der Verfassungsschutz.

IDCPC-Angehörige sollen dafür weltweit Kontakte zu Politikern, Parteien und parteinahen Organisationen des gesamten politischen Spektrums knüpfen. Darüber hinaus versteht sich das IDCPC als politische Forschungseinrichtung mit internationaler Reichweite, die im Austausch mit akademischen Institutionen im In- und Ausland Studien zur globalen politischen Lage, zu Parteien, sozialistischen Bewegungen und zu wichtigen internationalen Fragen anstelle, heißt es weiter.

Bundesforschungsministerin warnt vor Spionage an deutschen Universitäten

Erst kürzlich warnte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) vor Spionage durch chinesische Stipendiaten an deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen. „China wird in Wissenschaft und Forschung immer mehr zum Wettbewerber und systemischen Rivalen“, sagte sie der Mediengruppe Bayern (Samstagsausgaben).

Gleichzeitig lobte sie die Entscheidung der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg, keine Stipendiaten mehr anzunehmen, die nur von Peking staatlich finanziert werden.

Die Sicherheitsbehörden warnen in diesem Bereich, ähnlich wie im Wirtschaftsbereich, bereits seit Jahren vor Spionage, Beeinflussung und Technologiediebstahl. Dafür bieten sich aus Sicht Pekings die über Jahrzehnten gewachsenen Verflechtungen deutscher Universitäten und Unternehmen in Forschung, Bildung und Wirtschaft mit staatlichen und halbstaatlichen chinesischen Akteuren an.

In diesem Sinne sieht der deutsche Inlandsgeheimdienst auch in der durch „historisch gewachsene Beziehungen“ zwischen deutschen Politikern, Parteien und politischen Organisationen und der IDCPC-bedingten Sicht auf das IDCPC als „vertrauensvoller und wichtiger Kooperationspartner“ eine besondere Gefahr.

Denn dies ermögliche IDCPC-Angehörigen, vorbehaltlos mit einer Vielzahl einflussreicher Persönlichkeiten in Deutschland in Kontakt zu treten und bestehende Kontakte zu pflegen. Zudem könne man so dem chinesischen Regime gegenüber besonders wohlwollend eingestellte deutsche Entscheidungsträger identifizieren und diese zur Fürsprache für chinesische Interessen rekrutieren.

Und schließlich könnten dadurch IDCPC-Angehörige im Rahmen des persönlichen Austauschs in Deutschland Informationen und Meinungen zu sensiblen politischen Angelegenheiten abfragen.

Pekings wirbt um Verständnis für „chinesische Werte“ bei deutschen Parteien

Dabei wäre eine häufige Praxis, dass IDCPC-Angehörige zunächst bei deutschen Parlamentariern aller Parteien um Verständnis für „chinesische Werte“ werben. Gängige Praxis des IDCPC sei zum Beispiel, deutsche amtierende oder ehemalige Abgeordnete nach China einzuladen, um deren China-Bild im Sinne der Agenda der KPC zu „korrigieren“, berichtet der deutsche Inlandsgeheimdienst.

„Langfristiges Ziel ist es, einflussreiche Personen zu Äußerungen und Handlungen im Sinne der Interessen der KPC zu bewegen und in Deutschland ein Kontaktnetzwerk zu knüpfen, das die politische Agenda der KPC unterstützt.“ Im Fokus würden dabei deutsche Abgeordnete stehen, die der chinesischen Regierung gegenüber eine vergleichsweise unkritische Haltung vertreten.

Diese neue, viel kritischere, nach außen kommunizierte Sicht der Sicherheitsbehörden gegenüber China steht im Einklang mit dem kürzlich – nach großer Verzögerung – veröffentlichten China-Strategiepapier der Bundesregierung. Hier heißt es: „Unter Xi Jinping machen die Volksrepublik und die KPC ihren internationalen Machtanspruch immer offensiver geltend.“

Peking ändert Strategie zur Spionage und Beeinflussung

Der beschriebene Funktionswandel des IDCPC ist in den Augen des Verfassungsschutzes Ausdruck einer auf chinesischer Seite insgesamt festzustellenden organisatorischen Verlagerung im Bereich der Informationsbeschaffung und Einflussnahme.

Denn während Spionage, Sabotage und Manipulation ursprünglich primär bei den zivilen und militärischen Geheimdiensten verortet war, würde sie in den vergangenen Jahren zunehmend und zielgerichtet auch auf Institutionen des Parteiapparates übertragen, erklärt der Verfassungsschutz.

Die Zuständigkeiten und Aktivitäten Institutionen des Parteiapparates würden sich nun mit Auftrag und Arbeitsweisen der „klassischen“ Geheimdienste überschneiden. Sie würden jetzt die Funktion mitübernehmen, die eigene Führung über die politische Lage anderer Staaten und deren militärisches und wirtschaftliches Potenzial aufzuklären.



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