Komplott komplett? Wurde Berliner Stasi-Gedenkstätten-Direktor Knabe Opfer einer politischen Säuberung?

Im Fall des überraschend entlassenen Stasi-Gedenkstätten-Direktors und Kommunismus-Kritikers Dr. Hubertus Knabe gerät nun auch der Berliner Kultursenator Klaus Lederer in Erklärungsnot. Hatte der Linken-Politiker von langer Hand die "Beseitigung" des unliebsamen Historikers geplant?
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Symbolbild.Foto: istockphoto/Gajus
Von 2. Oktober 2018

Der Kommunismus-kritische Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Dr. Hubertus Knabe, wurde wegen einer Sexismus-Affäre seines Stellvertreters künstlich zu Fall gebracht. Anonyme Mitarbeiterinnen, Volontärinnen und Praktikantinnen hatten einen Brief an die Kulturstaatsministerin Grütters (CDU) und den Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) geschrieben.

Doch mehr und mehr regt sich Unmut gegen die Entlassung des Historikers. So manchen erinnert dies an eine politische Säuberung nach Art des sozialistischen DDR-Regimes.

Ein linkes Komplott?

Dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der CDU Berlin, Kai Wegner, kommt der Fall offensichtlich merkwürdig vor. Er warf Kultursenator Lederer vor, den Rauswurf von Direktor Knabe von langer Hand geplant zu haben, so der „Tagesspiegel“.

Zu dem Vorwurf des Stiftungsrats gegen Knabe, er habe nichts getan, um ein Arbeitsklima zu schaffen, das keinen Raum mehr für die sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen lasse, sagte Wegner im Interview mit „Cicero“, dass er dies nicht glauben könne und wolle, da er Hubertus Knabe seit vielen Jahren kenne. Das müsse belegt werden.

Hier geht es nicht um Vertrauen oder Misstrauen, sondern darum, dass aufgrund eines bloßen Verdachts keine Fakten geschaffen werden dürfen. Ich stehe mit meiner Meinung nicht allein. Ich habe viel Rückendeckung von anderen Bundestagsabgeordneten bekommen, vor allem aus den neuen Bundesländern.“

(Kai Wegner, CDU, stellv. Landeschef)

Bevor Knabe nicht die Chance zu einer Stellungnahme zu den Vorwürfen gegeben worden sei, könne man ihn nicht freistellen, so der allgemeine Tenor der Abgeordneten.

Zufall? Fünf Millionen zur Erforschung des Linksextremismus

Kai Wegner bringt es auf den Punkt: „Fakt war: Für Klaus Lederer war Hubertus Knabe ein Stachel im Fleisch der Stadt, der gestört hat.“

Dann habe Hubertus Knabe im August auch noch vom Haushaltsausschuss des Bundestages fünf Millionen Euro zugesprochen bekommen, um den Linksextremismus zu erforschen, so Wegner. Könnte das dem überzeugten Sozialisten Lederer missfallen haben?

Plante Kultursenator von langer Hand „Beseitigung“ Knabes?

Merkwürdig findet der CDU-Politiker zudem, dass Kultursenator Lederer den Brief der sieben anonymen Frauen schon im Juni bekommen habe, aber Knabe erst im August davon in Kenntnis setzte, ohne dabei Details zu nennen. Dabei hätte Lederer in der Zwischenzeit doch die Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte schützen müssen, gibt der Abgeordnete zu bedenken. Warum tat er das nicht?

„Offenkundig hat Lederer von vornherein ein Ziel verfolgt“, vermutet der CDU-Parlamentarier.

In der Begründung der Entlassung des Direktors Knabe hieß es unter anderem:

Der Stiftungsrat hat kein Vertrauen, dass Herr Dr. Knabe den dringend notwendigen Kulturwandel in der Stiftung einleiten wird, geschweige denn einen solchen glaubhaft vertreten kann.“

(Senatsverwaltung für Kultur und Europa, Berlin)

Innerhalb von zwei Tagen nach der Freistellung des Direktors wurde vom Kultursenator schon die ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, mit der Nachfolgersuche beauftragt.

„Es deutet darauf hin, dass das von langer Hand geplant war“, vermutet Wegner.

Nach Informationen des CDU-Landesvize wurde Knabe am 17. September vom „RBB“ telefonisch über den Inhalt des Briefes informiert, am nächsten Tag dann erst von Lederer und erst auf Nachfrage. Zwei Tage später gab Knabe eine Presseerklärung ab, den Vorwurf gegen den Stellvertreter zu prüfen, zwei Tage später wurde sein Stellvertreter Frauendorfer freigestellt, einen Tag später dann überraschend Knabe selbst entlassen, und das einstimmig: „Das sieht nicht so aus, als wäre das alles zufällig passiert.“

Der „Cicero“-Reporter fragte nach: „Sondern?“ und Wegner antwortet: „Nach einem Plan.“ Wie könne sonst der Senator so schnell eine kommissarische Nachfolgerin aus dem Hut zaubern?

Auf Facebook schreibt Wegner:

Hubertus Knabe war stets eine authentische Stimme für die Opfer des SED-Unrechtsstaates. Wir brauchen Transparenz und Klarheit über die Vorwürfe. Es darf nicht der Eindruck bleiben, dass eine aus Sicht der SED-Nachfolger unbequeme Stimme zum Schweigen gebracht werden soll.“

(Kai Wegner, CDU, Berlin)

Die Kahane-Akte

War der Gedenkstätten-Direktor (seit 2001) und Historiker Dr. Hubertus Knabe, unter anderem auch Autor des Buches „Honeckers Erben: Die Wahrheit über die Linke“, dem Vorsitzenden des Gedenkstätten-Stiftungsrates und Berliner Kultursenator Lederer möglicherweise ein Dorn im linken Auge?

In Lederers Biografie steht bezüglich der SED-Nachfolgepartei PDS: „Nach dem Ende der DDR engagierte er sich in linken Jugendverbänden und seit 1992 in der Partei des demokratischen Sozialismus (PDS).“ Später übernahm Lederer langjährig den Landesvorsitz der Linkspartei und arbeitete innerhalb derselben im Forum für demokratischen Sozialismus.

Laut einem Bericht des Online-Magazins „Publicomag“ kritisierte Hubertus Knabe 2016 die Bildung der rot-rot-grünen Regierung in Berlin.

Im selben Jahr hatte sich der Historiker auch mit einer mächtigen linken Galionsfigur angelegt. Als erster Historiker überhaupt hatte Knabe die Stasiakte der Leiterin der Antonio-Amadeu-Stiftung, Anetta Kahane, analysiert. In seiner Beurteilung wurde Kahane, alias IM „Victoria“ von Hubertus Knabe vorgeworfen, in ihrer achtjährigen Spitzeltätigkeit DDR-Bürger belastet, Berichte über Freunde und Gesprächspartner übermittelt zu haben. Ihr „Führungsoffizier“ hob sie mehrfach hervor, weil sie eine „ausgeprägte positive Haltung zu den Sicherheitsorganen“ hatte. Als Lohn für ihre „Arbeit“ erhielt sie unter anderem „Kaffee, Schnaps, Zigaretten und Kuchen“.

Erinnerung an „kommunistische Säuberungen in der DDR“

Offenbar waren auch dem Bundesvize und Berliner Landesvorsitzendem der AfD diese Umstände aufgefallen. Der Parlamentarier und ehemalige Oberst der Bundeswehr, Georg Pazderski, schrieb auf Facebook dazu:

Das jetzt inszenierte Schauspiel erinnert fatal an kommunistische Säuberungen in der DDR. Es scheint, dass Berlins linker Kultursenator dieser Tradition seiner SED-Nachfolgepartei enger verbunden ist, als er bisher zugeben wollte.“

(Georg Pazderski, Bundesvize der AfD)

Demnach war die (noch nicht bewiesene) Sexismus-Affäre des Stellvertreters von Dr. Knabe ein „willkommener Anlass, um den politisch unbequemen Direktor abzusetzen“.

Denn Knabe steht nicht nur für die konsequente Aufarbeitung linker Verbrechen in der deutschen Geschichte. Vielmehr hat er die Gedenkstätte Hohenschönhausen auch zu einem Zentrum für staatlich geförderte Projekte gegen Linksextremismus weiterentwickelt.“

(Georg Pazderski, AfD)

Er forderte im Namen der Alternative für Deutschland die umgehende Rehabilitierung und Wiedereinsetzung des Leiters der Stasi-Gedenkstätte, der laut Pazderski Vorbildliches zur „Aufarbeitung kommunistischen Terrors in der DDR-Diktatur“ geleistet habe.

War Knabe das eigentliche Ziel?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) hatte am 20. September von Belästigungs-Beschwerden gegen den stellvertretenden Direktor, Helmuth Frauendorfer, berichtet. Frauendorfers Anwalt habe daraufhin nach Senderangabe ein Fehlverhalten seines Mandanten und Mangel an Sensibilität eingeräumt. Dies sei aber vor gut zwei Jahren eingestellt worden, nachdem Frauendorfer von Direktor Knabe daraufhin in einem Personalgespräch unter Androhung von Konsequenzen ermahnt wurde.

Doch von wem erhielt der „RBB“ die Informationen über die anonymen Beschwerden an Kultursenator Lederer?

Knabe veröffentlichte noch am selben Tag zu den Vorwürfen gegen seinen Stellvertreter ein Statement in einer Presseerklärung:

Ich bin entsetzt, wenn ich höre, dass sich Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte von meinem Stellvertreter bedrängt gefühlt haben. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein absolutes No-Go. Die Vorwürfe müssen ohne Ansehen der Person geprüft und, wenn sie sich bestätigen, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln geahndet werden.“

(Dr. Hubertus Knabe, Direktor und Stiftungsvorstand, Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen)

Zudem bedauerte Knabe, dass sich die „Mitarbeiterinnen weder an den Personalrat noch an die Leitung der Gedenkstätte gewandt haben“. Er selbst habe nach Kenntnisnahme der anonymen Beschwerden im April 2018 Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet, da die Kulturverwaltung unter Dr. Lederer keinen Auskünfte zu den Vorwürfen erteilt hatte. Das Ermittlungsverfahren sei jedoch im August von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden, da der „für eine Anklageerhebung erforderliche hinreichende Tatverdacht nicht gegeben sei“.

Weiter hieß es, dass sich der Stiftungsrat am 25. September 2018 in einer Sondersitzung mit den Vorwürfen befassen und über Konsequenzen entscheiden werde. Bereits am Vortag hatte Direktor Knabe seinen Stellvertreter „mit sofortiger Wirkung beurlaubt“ und eine Aufarbeitung der Vorwürfe von unabhängiger Seite eingeleitet. Dazu trat er an die Ärztin und ehemalige Präsidentin der ersten frei gewählten DDR-Volkskammer, Sabine Bergmann-Pohl, heran und bat sie, zusammen mit der Anti-Diskriminierungsbeauftragten der Gedenkstätte, die Mitarbeiterinnen der Gedenkstätte zu befragen und die Situation zu untersuchen. „Wenn es Kritik gibt, dann gehört diese auf den Tisch“, so Direktor Knabe.



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