Lastenausgleichsdebatte: Droht eine Vermögensabgabe? – Ist Ihr Haus in Gefahr?

Mit steigender Verschuldung wächst die Angst, dass der Staat über neue Abgaben und Steuern versuchen könnte, Löcher zu stopfen. Es besteht die Befürchtung, dass im kommenden Jahr über das 2019 geänderte „Lastenausgleichsgesetz“ eine Vermögensabgabe kommen kann. Impfschäden sind im neuen Gesetzestext mit abgedeckt. Was ist dran am Lastenausgleich?
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Ab Juli 2022 muss jeder Deutsche mit Haus und Grundbesitz eine Erklärung beim Finanzamt abgeben, um den Grundsteuerwert zu ermitteln.Foto: Andreas Steidlinger/IStock
Von 17. September 2023


In Deutschland wird es ab dem kommenden Jahr zahlreiche gesetzliche Neuregelungen geben. Unter anderem treten dann zwei Änderungen des sogenannten „Lastenausgleichsgesetz“ in Kraft, die im Jahr 2019 vom Bundestag beschlossen wurden.

Bisher nutzte das Gesetz zum Lastenausgleich den zentralen Begriff der „Kriegsopferfürsorge“. Am 12. Dezember 2019 erfolgte eine Änderung. Der Begriff der Kriegsopferfürsorge wurde durch den Begriff „Soziale Entschädigungen nach SGB XIV“ ersetzt. Diese Änderung tritt zum 01.01.2024 in Kraft.

Das Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch (SGB XIV) wurde am 7. November 2019 ebenfalls geändert. Ab dem 01.01.2024 gilt Folgendes, wie der Website des Deutschen Bundestags zu entnehmen ist:

Das neue 14. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) regelt die Entschädigung von schädigungsbedingten Bedarfen von Opfern einer Gewalttat, von auch künftig noch möglichen Opfern der beiden Weltkriege, […] sowie von Personen, die durch eine Schutzimpfung oder sonstige Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe nach dem Infektionsschutzgesetz, eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben.“

Seit Monaten wird in Blogs und den sozialen Netzwerken heiß darüber diskutiert, dass über einen neuen Lastenausgleich das Vermögen von Menschen enteignet werden könnte.

Deutscher Schuldenberg wächst

Bund, Länder und Kommunen haben seit Jahren einen großen Schuldenberg angehäuft. Zum Jahresende 2022 lag dieser laut dem Statistischen Bundesamt bei 2.368,0 Milliarden Euro. Das ist eine Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland von 28.164 Euro.

Gerade erst hat die Stiftung Marktwirtschaft die sogenannte Generationenbilanz veröffentlicht. Die Studie kommt auf eine stolze Summe von 17,3 Billionen Euro an Verschuldung. Das ist heute das Viereinhalbfache der jährlichen Wirtschaftsleistung in Deutschland. „Jeder muss also 4,5 Jahre arbeiten und alles an den Staatshaushalt abführen, erst dann sind wir die Lücke los“, sagte Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen, der die Studie erstellt hat – angesichts der Vorstellung der schwindelerregenden Verschuldung.

Die Diskrepanz zwischen den Zahlen aus der Generationsbilanz und der offiziellen Staatsverschuldung ergibt sich vor allem daraus, dass in die Bilanz auch die versteckten Verbindlichkeiten der drei großen Sozialkassen wie Krankenkasse, Rente und Pflege berücksichtigt werden. Diese ergeben sich vor allem aus den bestehenden Leistungszusagen bei den bestehenden Beiträgen.

Angesichts dieser drückenden Schuldenlast kann man sich gut vorstellen, dass die Politik den Gedanken ganz charmant findet, über eine einmalige Abgabe die Bürger an den Kosten des Schuldenabbaus zu beteiligen. Die deutsche Gesetzgebung gibt so etwas jedenfalls im Grundsatz her. Über einen sogenannten Lastenausgleich kann der Staat in die Taschen seiner Bürger greifen.

Lastenausgleich gab es schon einmal

Der Lastenausgleich ist ein Mechanismus, um Belastungen, Kosten und Verluste auszugleichen. Bezahlen muss das der Bürger über eine Vermögensabgabe. Dass dieses Szenario nicht nur eine „Verschwörungstheorie“ ist, das zeigt die Geschichte der Bundesrepublik. Schon einmal mussten die Deutschen eine Vermögensabgabe leisten, um Lasten auszugleichen.

Im Jahr 1952 wurde der Lastenausgleich eingeführt. Man wollte damit den Opfern der Kriegsfolgen helfen. Vor allem Hausbesitzer wurden damals vom Staat zur Kasse gebeten. Diese erhielten einen Freibetrag. Das darüber hinausgehende Vermögen wurde einmalig mit einer Sondersteuer von 50 Prozent belegt. Manchen Hausbesitzer traf diese Maßnahme damals hart, da er durch die hohe Steuerlast plötzlich seine Schulden nicht mehr tilgen konnte. Wer die Tilgungsrate nicht mehr zahlen konnte, verlor Haus und Hof. Das kam einer Enteignung gleich. 1982 endete der Lastenausgleich, doch das Gesetz existiert bis heute weiter.

Lastenausgleich immer wieder ins Spiel gebracht

Inzwischen sind viele Jahre ins Land gezogen und vermutlich erinnerte sich kaum noch einer an so eine Maßnahme. Bis 2020: Mitten in der Pandemie entstanden enorme Kosten für den Staat. Es war Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel, der diesmal den Gedanken eines Lastenausgleichs ins Spiel brachte. „Wir stehen vor einer dramatischen Entwicklung in unserer Wirtschaft“, so Gabriel vor drei Jahren. „Unsere Eltern und Großeltern haben schon mal eine Lösung finden müssen – die nannten wir ‚Lastenaustausch‘. Darüber muss man dann öffentlich reden.“

Auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) konnte 2020 dem Gedanken des Lastenausgleichs durchaus etwas abgewinnen. „Es geht darum, dass die Wohlstandsverluste solidarisch getragen werden“, sagte Bovenschulte damals im Gespräch mit dem „Weser-Kurier“. Erforderlich sei ein Lastenausgleich – sowohl zwischen den staatlichen Ebenen als auch innerhalb der Gesellschaft.

Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, machte sich erst Ende Mai 2022 ebenfalls für einen solchen Schritt stark. „Ich denke an Vermögen über eine Million Euro, die man mit einer Abgabe von einem Prozent versehen könnte“, skizzierte sie ihre Idee. Von Enteignung könne in diesem Zusammenhang aber keine Rede sein, meint die Gewerkschafterin: „Ich stelle das Eigentum an sich nicht infrage. Es geht ja auch nur um Vermögen, das in der gleichen Zeit eines Lastenausgleichs gemehrt wird.“

Die Lage in Deutschland hat sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Mit Corona, der Energiekrise und einer Turbo-Inflation jagte vielmehr eine Krise die andere. Ein Ende dieses Modus ist im Moment nicht absehbar. Kommt daher der Lastenausgleich im nächsten Jahr zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Krisen?

Als Beleg dafür, dass politisch in diese Richtung gedacht werden könnte, wird gesehen, dass aktuell die Grundsteuer in Deutschland neu geordnet wird. Mit der Reform sollen alle Immobilien neu bewertet werden. Diese Daten, so die Angst, könnten als Grundlage dazu dienen, festzustellen, wie viel Vermögen mit Blick auf Haus und Grundstück der Einzelne in unserem Land hält.

Lindner spricht von „Fake News“

Bisher ist so ein Lastenausgleich allerdings noch nicht politisch beschlossen oder findet sich im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition. Es gebe keine Vereinbarung zur Einführung eines Lastenausgleichs, beantwortete die Bundesregierung im März letzten Jahres eine „Kleine Anfrage“ aus der AfD-Fraktion im Bundestag, die sich nach einer Diskussion in der Koalition über eine einmalige Vermögensabgabe erkundigt. Weiter antwortet die Bundesregierung, dass auch der Koalitionsvertrag keine Vereinbarung zur Einführung einer Vermögensabgabe oder zur Belebung der Vermögenssteuer vorsehe.

Zuletzt hatte auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) im August die Behauptung zurückgewiesen, dass die Bundesregierung ein „Lastenausgleichsgesetz“ nach dem Vorbild von 1952 plane. Das seien „Fake News“, sagte Lindner damals am Rande des Tages der offenen Tür der Bundesregierung. Es mache ihn „richtig sauer“, dass Thesen dieser Art „aus AfD-Kreisen“ Verbreitung fänden. Ein derartiges Vorhaben würde umfassende Enteignungsmaßnahmen zulasten vieler Bürger bedeuten.

Der Wissenschaftliche Beirat des Deutschen Bundestags hat schon 2021 eine Ausarbeitung unter dem Titel „Sollte wegen der Corona-Krise eine einmalige Vermögenssteuer erhoben werden?“ veröffentlicht. Darin äußert das Gremium „erhebliche Zweifel“, dass sich so eine Abgabe verfassungsrechtlich rechtfertigen lasse. Für die Erhebung einer solchen Abgabe durch den Bund bedürfe es außerordentlicher Umstände. „Wann diese vorliegen, ist nicht abschließend geklärt“, heißt es weiter.



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