Lückenpresse – Faktensuche: Debatte rund um die Berliner Demo gegen die Corona-Politik

Noch immer wird in den sozialen Netzwerken über die Anzahl der Teilnehmer, die am 1. August bei der friedlichen Kundgebung „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“ anwesend waren, heiß diskutiert.
Von 12. August 2020

Ob die Teilnehmeranzahl auf der Kundgebung unter dem Motto „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“ sich jemals ermitteln lässt? Schwer zu sagen. Die Menschen, die an der Veranstaltung teilgenommen haben, wissen jedenfalls um die Umstände vor Ort. Außenstehende hingegen müssen sich anhand der Medienberichte ein eigenes Bild machen. Wenn dort jedoch falsche Tatsachen zugrunde gelegt werden, ist dies für Unbeteiligte schwer.

„Leser und Zuschauer wollen die Sachverhalte kennen, um sich sachgerecht zu verhalten. Gehen wir aufeinander zu, nicht aufeinander los!“, heißt es in einem Bericht (16.6.) von Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung – der Stiftung, die das Recherche-Netzwerk CORRECTIV im Juni 2014 mit einer Anschubfinanzierung von drei Millionen Euro unterstützte. Die rationale Mitte wolle Argumente.

Insoweit nutzte auch CORRECTIV die Gelegenheit, mit einem Faktencheck dem Rätsel um die Teilnehmerzahl rund um die große Berliner Demonstration am 1. August auf die Schliche zu kommen. Das Unternehmen veröffentlichte einen Bericht mit dem Titel „Zahlreiche Falschmeldungen über Teilnehmerzahl bei Anti-Corona-Protest in Berlin“. Darin wurde der zuerst veröffentlichte Text zur Kundgebung „falsch verortet“. Es wird darauf verwiesen, dass die Polizei fälschlicherweise mitgeteilt habe, dass der Hauptbereich der Kundgebung auf der Höhe des Sowjetischen Ehrendenkmals gelegen habe. Der Fehler wurde später nach Leserhinweisen korrigiert.

Auszug aus CORRECTIV-Bericht „Zahlreiche Falschmeldungen über Teilnehmerzahl bei Anti-Corona-Protest in Berlin“. Foto: Screenshot

„CORRECTIV hat die Polizei Berlin am Donnerstag damit konfrontiert, doch keine Rückmeldung mehr erhalten“, heißt es in dem Bericht der „Faktencheckerin“, die früher für „Focus Online“ zum Thema Klima, Umweltschutz und Nachhaltigkeit recherchiert hat.

Auszug aus CORRECTIV-Bericht „Zahlreiche Falschmeldungen über Teilnehmerzahl bei Anti-Corona-Protest in Berlin“. Foto: Screenshot

Insoweit erklärte Pressesprecher Martin Halweg gegenüber Epoch Times, dass es sich wohl um ein Missverständnis handele. Er selbst habe mit der CORRECTIV-Mitarbeiterin gesprochen und dabei erwähnt, dass der eigentliche Demonstrationszug am Sowjetischen Ehrendenkmal enden sollte. Allerdings sei der Zug bereits vor der Straße des 17. Juni vom Veranstalter beendet worden.

Mit der Kundgebung selbst habe diese Information aber überhaupt nichts zu tun. Zudem habe es nach seiner Kenntnis keinerlei Anfrage von CORRECTIV gegeben, jedenfalls nicht in schriftlicher Form.

Pressemeldungen der Polizei am 1. August?

Weiterhin nimmt CORRECTIV Bezug auf eine Pressemitteilung der Berliner Polizei vom 1. August, nach der sich bei der Kundgebung 20.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor versammelt haben sollen. Finden lässt sich dieser Bericht im Internet jedoch nicht mehr. Die Pressemitteilungen der Berliner Polizei beginnen im August erst mit dem Zweiten des Monats.

Auszug aus den Pressemitteilungen der Berliner Polizei vom 31.7. bis 2.8.2020, Quelle. Foto: Screenshot, 11.8.

Auf Nachfrage der Epoch Times teilte eine Pressesprecherin der Berliner Polizei mit, dass die Pressestelle der Polizei Berlin am 1. August den ganzen Tag in einem Einsatz gebunden gewesen sei. „Relevante Ereignisse wurden am 2. August nachgeschrieben.“

Correctiv errechnet 173.600 Teilnehmer

Weiterhin nimmt das Recherche-Netzwerk Bezug auf das Online-Tool „Mapchecking“, das es ermöglicht, eine maximale Anzahl stehender Personen in einem bestimmten Bereich zu schätzen. Selbst bei der Annahme von fünf Personen pro Quadratmeter betrage die Schätzung des Tools „lediglich rund 173.600 Personen“, die auf dem Bereich zwischen Yitzhak-Rabin-Straße und Siegessäule Platz hätten. „Selbst wenn später noch zahlreiche weitere Menschen zu der Kundgebung hinzugestoßen wären, sind Zahlen von 500.000 oder mehr Teilnehmern nicht realistisch“, heißt es weiter.

Die Aufnahmen unseres Kamera-Teams zeigen ganz klar, dass sich unzählige Teilnehmer der Kundgebung auf den Gehwegen befanden. Weitere hatten es sich unter den Bäumen gemütlich gemacht, die hinter der Hecke am Fußgängerweg standen. Insoweit gab es also nicht nur Menschen auf der Straßenfläche, die für die Berechnung zugrunde gelegt worden ist.

Falschmeldung: Es gab keine Straßensperrung

CORRECTIV zufolge habe es die „Behauptung“ in sozialen Medien gegeben, dass die Polizei nicht alle Teilnehmer zur Kundgebung auf die Straße des 17. Juni gelassen habe. „Stattdessen seien zahlreiche Menschen in Seitenstraßen und rund um den Großen Stern geleitet worden“, gibt die „Faktencheckerin“ die Meldungen in den sozialen Medien wider. Um diese „Behauptung“ zu entkräften, zitiert CORRECTIV die Aussage des Polizeisprechers wie folgt: „Wir haben alle, die zu dieser Kundgebung wollten, auch in den Kundgebungsbereich hineingelassen.“ Hinter der Yitzhak-Rabin-Straße oder rund um den Großen Stern seien keine Menschen umgeleitet worden, heißt es weiter.

Unser Kameramann hat die Straßensperre der Polizei auf seinem Video festgehalten. Zur besseren Übersicht der Lage hat er die Umleitung in einem Auszug von Googlemaps mit einer roten Linie eingezeichnet.

Foto: Google/Epoch Times

Im Verlauf der Kundgebung ging unser Kameramann von der Kundgebungsbühne in Richtung Brandenburger Tor.

Wie den Videoaufnahmen zu entnehmen ist, hatte die Polizei den Bereich auf Höhe der Yitzak-Rabin-Straße umgeleitet. „Der Bereich ist überfüllt“, sagte ein Polizist zu den ankommenden Teilnehmern über die Lautsprecheranlage. Dabei zeugte ein Blick unseres Kameramannes von der Yitzak-Rabin-Straße zurück in Richtung Siegessäule, dass die Straße zu diesem Zeitpunkt etwa zu einem Drittel leer war.

Auch im weiteren Verlauf Richtung Brandenburg Tor kamen auf unseren Kameramann unzählige Menschen zu. Sie gingen vereinzelt auf der Straße, strömten aber auch auf den Fußwegen im Schutz der Bäume in Richtung Kundgebung.

Missverständliche Begriffserklärung: Umleitung

„Eine Umleitung in dem Sinne gab es tatsächlich nicht“, erklärte Pressesprecher Halweg gegenüber Epoch Times. Es habe eine Vorsperre mit Polizeifahrzeugen gegeben. Diese haben das Ende der Veranstaltungsfläche markiert. Dabei wurde die Veranstaltungsfläche so ausgelegt, dass die Teilnehmerzahl der vom Veranstalter angemeldeten Teilnehmer der Kundgebung, nämlich 20.000, unter Einhaltung der Abstandsregeln in diesen Bereich passen würde.

Eine Umleitung der „avisierten“ Veranstaltungsteilnehmer, also derjenigen, die zu dieser Veranstaltung wollten, fand nicht statt. Hier und da sei ein Zugang kurzfristig gesperrt worden, weil an dieser einen Stelle punktuell ein zu hoher Andrang herrschte. Die „abgeleiteten“ zukünftigen Versammlungsteilnehmer mussten daher auf andere Zugangsflächen ausweichen.

Aus diesem Grund habe die Polizei laut Pressesprecher die ankommenden Demonstranten darauf hingewiesen, über andere Zugänge auf die Fläche zwischen der Siegessäule und dem hinteren Bühnenbereich zu gelangen.

Mit anderen Worten: Wenn alle zur Kundgebung angemeldeten Teilnehmer die Mindestabstände eingehalten hätten, dann wäre die Fläche vor der Bühne bis zu dem durch Polizeifahrzeuge markierten Bereich mit angemeldeten Kundgebungsteilnehmern gefüllt gewesen. Aus diesem Grunde durfte die Polizei dort auch keine weiteren Personen hinein lassen.

Dementsprechend wurden die Ankommenden auf die übrigen Ausweichflächen verwiesen, da der Veranstaltungsbereich wesentlich länger war.

Nach Terminus der Polizei handele es sich dabei nicht um eine „Umleitung“, sondern um einen Hinweis. „Als Versammlungsteilnehmer haben wir tatsächlich nur die gezählt, die auf der vorgesehenen Veranstaltungsfläche für die Versammlung ‚Ende der Pandemie – Tag der Freiheit‘ anwesend waren“, stellt Halweg klar. Nach Zählweise der Polizei gehören Personen, die möglicherweise auf dem Weg zur Veranstaltung waren, nicht dazu. Naturgemäß würden diese nicht dazuzählen, sondern nur die Teilnehmer in diesem Bereich.

Wie in den 1968ern

Viele Leser verglichen die Ähnlichkeiten der Berliner Demonstration „Das Ende der Pandemie – Tag der Freiheit“ mit denen der sogenannten 1968er. „Auf die Straße gingen Menschen, die mit bestimmten Regierungsbeschlüssen nicht konform gingen“, erinnert sich einer unserer Leser. Einst seien es die Atomkraftwerke, Startbahn West, Gleichberechtigung und ein ganzes Spektrum bunter Ideologien gewesen. Diese 68er Generation habe sich oder wurde angepasst. Das sehe man am besten an dem früheren Außenminister, der damals mit Steinen auf Polizisten warf und später Turnschuhe im Bundestag trug. Noch später sei dieser dem Mainstream gefolgt und habe seine ursprünglichen Ideologien fallen gelassen.

„Jetzt am 1.8. sind wir wieder an dem Punkt, an dem wir zu Beginn der 68er Bewegung waren: gegen umstrittene Regierungsmaßnahmen, Verlogenheit zugunsten von Pharmakonzernen, Umsetzung von Eliteplänen zur Kontrolle und zu Lasten der Menschen“, schreibt unser Leser weiter.

Und auch wie damals versuche man, kritische Menschen ins Mainstream-Lager zu bringen, indem man populistisch „mit Kanonen auf Spatzen“ schießt, hauptsächlich durch die staatseigenen Medien. Bezeichnungen wie „Leugner“, „Nazis“ oder „Linke“ würden von einer „geistigen Unfähigkeit“ zeugen. Man wolle sich nicht den Kritikern stellen und biete ihnen keine Diskussionsbasis. „Die Demonstranten wollten keine Spaltung, sondern eine Einigung“, so das Fazit unseres Lesers –  „nicht zurück in eine diktatorische, zentralistische EU-Lobbyistengesellschaft“, sondern zu demokratischen Verhältnissen. Wie sich alles weiterentwickelt, bleibe abzuwarten. „Ich bin gespannt.“

Demo am 29. August rechnet mit einer „deutlich größeren Teilnehmerzahl“

Für die nächste Kundgebung in Berlin am 29. August wird die Polizei nach eigenen Aussagen die Erfahrungen aus der vergangenen Versammlung bei der Planung mit einfließen lassen. Man gehe davon aus, dass man mit einer „deutlich größeren Teilnehmerzahl“ zu rechnen habe als vom Veranstalter gemeldet.

Die Polizei werde dafür sorgen, dass die Beamten in der Lage sind, auf alle möglichen Eventualitäten zu reagieren. In diesen Plänen ist auch inbegriffen, mögliche Anschlagsszenarien zu verhindern.

Gegenüber Epoch Times betonte Pressesprecher Martin Halweg: „Wir werden alles in unserer Macht dafür tun, dass diese Versammlung friedlich ablaufen kann, dass sie überhaupt stattfinden kann und von außen niemand in die Versammlung eindringt.“



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