Maaßen schreibt an „Tagesschau“: „Kritischer Blick auf Maßstäbe der medialen Darstellung des Rechtsextremismus erforderlich“

Auch in Anbetracht seiner bevorstehenden Versetzung als Berater ins Bundesinnenministerium nimmt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, kein Blatt vor den Mund. Er weist Vorwürfe zurück, dem Ruf der „Tagesschau“ geschadet zu haben, und mahnt deutsche Medien zu mehr Quellenkritik und Präzision.
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Ex-Verfassungsschutzpräsident Maaßen.Foto: Rainer Jensen/Archiv/dpa
Von 26. Oktober 2018

Vielerorts wird die bevorstehende Versetzung des noch amtierenden Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, ins Bundesinnenministerium als salomonische Lösung im Streit um den ins Visier von Politik und Medien geratenen Spitzenbeamten gesehen.

Einige Menschen in Deutschland sehen in der Kampagne gegen ihn hingegen einen Skandal und eine bedenkliche Entwicklung, die befürchten lasse, dass der antitotalitäre Konsens in der Bundesrepublik Deutschland erodiert ist. Dass Kritik an einer Einschätzung der Regierung und an der unhinterfragten Verwendung linksextremistischer Quellen ausreicht, um einen Spitzenbeamten zu versetzen, weckt vielfach Argwohn.

Maaßen scheint sich unterdessen nicht einschüchtern zu lassen und hat, wie unter anderem „Spiegel online“ und „Focus“ berichten, in einem vier Seiten langen Brief an den Chef der „Tagesschau“, Kai Gniffke, seine Kritik an der medialen Berichterstattung über die Ereignisse rund um das Stadtfest in Chemnitz im August erneuert. Nach einem tödlichen Messerangriff, mutmaßlich ausgeführt durch einen Iraker und einen Syrer, starb damals ein 35-jähriger Stadtfestbesucher.

Kurzvideo von „Antifa Zeckenbiss“ als Quelle

Unter dem Eindruck der Tat riefen die AfD, Pegida und weitere – rechtsstehende oder rechtsextreme – Gruppen zu Demonstrationszügen auf. Dabei soll es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit linksextremen Gegendemonstranten und auch mit jugendlichen Asylbewerbern gekommen sein. Medien und der Regierungssprecher Steffen Seibert hatten im Zusammenhang mit den Vorfällen den Begriff „Hetzjagd“ in den Mund genommen. Ein Video der linksextremistischen „Antifa Zeckenbiss“ sollte dabei die Darstellung stützen, wonach Demonstranten Asylbewerber gejagt hätten.

Hans-Georg Maaßen hatte nach den Ausschreitungen von Chemnitz die Medien für die Verwendung des Begriffes „Hetzjagd“ kritisiert. In einem Interview mit „Bild“ rief er zur Skepsis gegenüber den entsprechenden Berichten auf. Insbesondere mit Blick auf die Quelle des Videos, das eine solche „Hetzjagd“ zeigen soll, äußerte er den Verdacht, dass es sich dabei auch „um eine gezielte Falschinformation“ handeln könnte. Eine solche könnte den Zweck verfolgen, die Öffentlichkeit vom Tod eines Chemnitzers abzulenken, der offenbar von Asylbewerbern erstochen wurde.

Die kritischen Sätze des Verfassungsschutzpräsidenten liefen jedoch dem Narrativ der Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der deutschen Leitmedien entgegen, die den Fokus der Berichterstattung nicht auf die tödlichen Messerstiche, sondern auf den vermeintlichen oder tatsächlichen Rechtsextremismus im Umfeld der Proteste zu lenken suchten.

Einheitsfront gegen Maaßen

Entsprechend lancierten Politiker von der Linken bis zu Teilen der CDU sowie führende Medien, allen voran die öffentlich-rechtlichen, in weiterer Folge eine heftige Kampagne gegen Maaßen mit der Forderung, diesen als Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu entlassen. Die Regierung beschloss am Ende eine Versetzung ins Bundesinnenministerium. Da Minister Horst Seehofer (CSU) allerdings noch keinen Nachfolger benannt hat, ist Maaßen nach wie vor als Verfassungsschutz-Präsident im Amt.

In seinem nunmehrigen Schreiben, das ein Sprecher präsentierte, mahnt Maaßen zu einem „kritischen Blick“ auf die „Maßstäbe der medialen Darstellung des Rechtsextremismus“, wie sie in deutschen Medien vorherrsche. Zudem wies er Behauptungen Gniffkes zurück, er habe „wahrheitswidrige Behauptungen“ aufgestellt und den Ruf der Tagesschau beschädigt.

Maaßen habe Gniffke zufolge im Innenausschuss „fälschlicherweise“ behauptet, die ARD-Nachrichtensendung habe das Internet-Video der linksextremistischen Gruppe ungeprüft ausgestrahlt und sich die Behauptung, es habe eine „Hetzjagd“ stattgefunden, zu eigen gemacht.

Weder kritische Kommentierung noch Einordnung

Zwar sei das Wort „Hetzjagden“ tatsächlich nicht im redaktionellen Teil des Beitrags der Sendung vom 27. August verwendet worden. Der Zusammenschnitt des Videos mit einer Aussage von Regierungssprecher Seibert, in der das Wort fiel, ohne dass eine kritische Kommentierung oder Einordnung des Begriffs stattgefunden hätte, habe beim Zuschauer „den Eindruck einer redaktionellen Bewertung des Geschehens erweckt“.

Zudem hätten in den darauffolgenden Tagen Moderatoren in der „Tagesschau“ und bei den „Tagesthemen“ explizit von „Hetzjagden auf Ausländer“ gesprochen, obwohl zum damaligen Zeitpunkt keine amtlichen Erkenntnisse diesbezüglich vorgelegen hätten. Auch das Video der linksextremistischen „Antifa Zeckenbiss“ tauge „bei quellenkritischer Betrachtung nicht als Beleg“ für eine solche Darstellung.

Es sei Maaßen mit seiner damaligen Kritik, wie er deutlich macht, nicht um eine Begriffsdefinition gegangen, sondern um „die Sorge, dass unklare Informationen in die Berichterstattung deutscher Medien Eingang finden“. Gegen Rechtsextremismus helfe, so Maaßen „nur eine präzise Analyse der Ereignisse und – angesichts der wachsenden Bedeutung sozialer Medien – eine sachliche und kritische Deutung insbesondere von Bildern“. Es sei ein „kritischer Blick“ auf die „Maßstäbe der medialen Darstellung des Rechtsextremismus erforderlich“.

Ob der ARD die journalistische Präzision und die kritische Auseinandersetzung mit Bildern in jedwedem Zusammenhang  allerdings tatsächlich so wichtig sind, wie das moralische Urteil oder die „Haltung“ gegenüber Phänomenen, bleibt offen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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