Maskendiplomatie und Kurswechsel bei der Produktion von Schutzausrüstung – Kanzlerin telefoniert mit Chinas Staatsoberhaupt

Die Bemühungen der Bundesregierung, an ausreichend Schutzausrüstung zu gelangen, erwiesen sich als schwierig. Durch die Intervention der Bundeskanzlerin soll ein Durchbruch erreicht worden sein. Künftig will man noch einen Schritt weiter gehen und Produktionskapazitäten wieder zurück nach Deutschland holen.
Titelbild
Xi Jinping und Angela Merkel.Foto: Photo by Michele Tantussi/Getty Images
Von 10. April 2020

Viele Länder weltweit stehen vor dem Problem, nicht genügend Schutzausrüstung zu besitzen. Es wird dringend zur Eindämmung der Corona-Pandemie benötigt, die im chinesischen Wuhan ihren Anfang nahm.

Auch Deutschland fehlt es an Schutzausrüstung, insbesondere an medizinischen Atemschutzmasken. Eigene Produktionskapazitäten besitzt Deutschland mittlerweile nur noch wenige. Sie wurden über die Jahre ans Ausland abgegeben, insbesondere an China, den weltweit größten Produzenten von Schutzmasken und anderen medizinischen Produkten und Arzneien.

Im Februar noch belieferte Deutschland China mit 8,7 Tonnen Hilfsmaterial im Wert von mehr als 150.000 Euro. Das Schutzausrüstungsmaterial stammte vom Deutschen Roten Kreuz und dem DRK Sachsen sowie von den Firmen Beiersdorf und Scholz Recycling.

Den Transport bis nach Shanghai organisierte und finanzierte das Auswärtige Amt. Das war bereits die zweite Lieferung der Bundesregierung. Anfang Februar wurden bei der Rückholung deutscher Staatsangehöriger aus Wuhan bereits 5,4 Tonnen Verbrauchsmaterial nach China gebracht.

Mehrere Millionenlieferungen verschwanden

Nun wurde bekannt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel im März telefonisch direkt Kontakt zum chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping suchte, um die Versorgungssituation in Deutschland zu verbessern.

Denn bei Versuchen des Bundesgesundheitsministerium (BMG) an ausreichend Schutzausrüstung zu gelangen, traten mehrere Schwierigkeiten auf. Auch verschwanden mehrere Millionenlieferungen noch auf dem Weg in die Bundesrepublik.

Man wand sich daher an das kommunistische China. Doch die Nachfrage nach chinesischem Material ist hoch. Und die Beschaffung schwierig trotz etwa 1.000 Herstellern von Schutzausrüstung in China, von denen in einem aktuellen Bericht des BMG berichtet wird.

Hier heißt es auch, dass aufgrund der hohen Nachfrage die „Spanne und Volatilität der Preise“ hoch sei. Die chinesischen Anbieter würden zudem „sehr schnelle Entscheidungen, Vorauszahlungen (mit entsprechendem Ausfallrisiko)“ und „eingeschränkte Qualitätsprüfungen“ als Kaufbedingungen diktieren.

Das Einschalten der Kanzlerin soll dann allerdings für einen Durchbruch gesorgt haben.

Kanzlerin sucht Hilfe beim chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping

Wörtlich heißt es laut „Business Insider“ in dem Bericht:

„Nach einem Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi und darauf aufbauenden Gesprächen zwischen dem chinesischen Handelsministerium (MofCOM) und dem Gesundheitsministerium konnte Anfang April ein direkter Zugang zu einem staatlichen Produzenten (MOHECO) hergestellt werden, der ein höheres Maß an Qualität und Liefersicherheit verspricht.“

Laut dem Bericht hätte sich die Notsituation in Bezug auf die Schutzmasken nun etwas entspannt: Aktuell stehen dem Gesundheitsministerium unter Spahn 37 Millionen Schutzmasken für Krankenhäuser, Arztpraxen, Bundes- und Landesbehörden zur Verfügung und 40 Millionen sollen diese Woche noch Deutschland erreichen.

Doch ein Großteil der bevorrateten Schutzmasken sind einfache OP-Masken (knapp 28 Millionen). Sie haben gerade im medizinischen Bereich nur eine eingeschränkte Schutzwirkung. Viel wichtiger wären hier Filtermasken der Schutzklasse FFP2 und FFP3. Von ihnen sind jedoch nur 8,6 Millionen (FFP2) beziehungsweise 423.000 Stück (FFP3) vorrätig.

Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung benötigen allein die Arztpraxen bundesweit für die kommenden sechs Monate 15 Millionen FFP2/FFP3-Masken. Die Bundesregierung kündigte nun an, die heimische Produktion zu fördern.

Künftig soll das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) unter Peter Altmaier (CDU) sich um die Produktion von Atemschutzmasken kümmern. Dazu wurde ein Produktionsstab innerhalb des BMWi eingerichtet, dem 40 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung stehen, um diese Produktion finanziell zu unterstützen.

Dringend benötigt: Atemschutzmasken, Schutzkittel, Handschuhe, Desinfektionsmittel

Für die zentrale Beschaffung von Schutzausrüstung sind weiterhin das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der Krisenstab zuständig. Dem Krisenstab gehören neben Vertretern des BMG auch Vertreter des Bundesinnenministeriums (BMI) sowie Vertreter anderer Ressorts an.

Gegenüber „Epoch Times“ erklärte das Bundesgesundheitsministerium, dass man sich aktuell auf die dringliche Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung (FFP2/FFP3/OP-Masken, Schutzkittel, Handschuhe, Desinfektionsmittel) und intensivmedizinischer Infrastruktur (Beatmungsgeräte) konzentriere.

Im nationalen Bereich wird man bei der Durchführung der Beschaffung und der Lagerung durch das Beschaffungsamt des Bundesministeriums der Verteidigung (BAAINBw) in Zusammenarbeit mit dem Beschaffungsamt des BMI (BeschA) und der Generalzolldirektion (GZD) im Wege der Amtshilfe unterstützt.

Gesundheitsministerium kooperiert mit deutschen Unternehmen

Darüber hinaus ist das BMG mit verschiedenen deutschen Unternehmen (z.B. Trigema, Eterna) in Gesprächen, um Anreize zu schaffen, die nationale Produktion von Schutzausrüstung zu steigern. Im internationalen Bereich steht das Gesundheitsministerium in enger Kooperation mit chinesischen Unternehmen. Für Beschaffungen auf dem chinesischen Markt hätte man auch einen Rahmenvertrag mit einem deutschen Logistikunternehmen geschlossen.

Aktuell ist man dabei, Verträge mit großen deutschen Unternehmen (Lufthansa, VW, BASF, Otto, Daimler) auszuarbeiten, die dann ebenfalls bei Beschaffungen im internationalen Bereich tätig werden sollen.

Für die Logistik arbeitet das BMG mit einem in Deutschland ansässigen deutschen Logistikdienstleister zusammen, das die Verteilung der bundesweit beschafften Schutzausrüstungen an die Länder und an die Kassenärztlichen Vereinigungen ausführt.

„Die Kassenärztlichen Vereinigungen verteilen auf Landesebene an die ambulant versorgenden Ärzte; die Länder an alle anderen Bereiche (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, etc.)“, erklärt das Gesundheitsministerium weiter.

Beim  internationalen Transport kooperiert das BMG mit der Lufthansa, deren Flugzeuge jeden Tag Schanghai anfliegen können, wobei die Lieferungen dann schließlich in Frankfurt/Main landen.

Zur Qualitätssicherung hat das BMG den TÜV Nord beauftragt, die Schutzausrüstung bei Anlieferung schon in China quantitativ und stichprobenmäßig auch qualitativ zu überprüfen. Er soll auch stichprobenartig die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auslieferung der Schutzausrüstung in Deutschland überwachen, berichtet „ARD“.

Spahn: Gesundheitswesen benötigt 450 Millionen FFP2-Masken

Am Donnerstag (9.4.) erklärte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass die Corona-Pandemie „sehr klar [zeige], dass wir bei manchen Produkten nicht so abhängig sein sollten von anderen Regionen auf der Welt“. Bis Jahresende würden allein im Gesundheitswesen eine Milliarde OP-Masken und bis zu 450 Millionen sogenannte FFP2-Masken benötigt. Dazu kämen sonstiger Arbeitsschutz und der „Alltagsbereich“.

Laut Altmaier werden momentan rund 90 Prozent aller Masken in Asien produziert. Ziel seines Produktionsstabs ist es, diesen Anteil „deutlich zu reduzieren“ und Engpässe zu beseitigen, zumal die globale Nachfrage „für lange Zeit hoch bleiben wird“. Das gelte auch für Test- und Wirkstoffe gegen das Virus.

Altmaier will die Investitionsbedingungen für interessierte Firmen verbessern und „dafür sorgen, dass auch in Deutschland wettbewerbsfähig produziert werden kann“. Spahn verwies dabei auf eine erste „kleinere Ausschreibung“ der Regierung mit Aussicht auf langfristige Verträge. Es gebe über 100 Angebote von deutschen Unternehmen, die den Bund bis Mitte August mit der ersten Schutzausrüstung beliefern wollen.

Gesundheitspolitiker: „Abhängigkeit von China und Indien muss schnellstens enden“

Für Detlev Spangenberg AfD-Obmann im Gesundheitsausschuss war der nun eingetretene nationale Mangel im Bereich Schutzausrüstung allerdings vorherzusehen. Er erklärt, dass seine Fraktion darauf mehrfach in Plenarreden hingewiesen hätte und dies auch die Produktion von Arzneimittel beträfe.

„Die gefährliche Abhängigkeit von China und auch Indien muss schnellstens beendet werden“, so Spangenberg. Hierzu hätte man auch Anträge eingereicht.

„Durch bessere Vorsorgemaßnahmen seitens der Bundes- und Landesregierungen hätten Engpässe vermieden werden können“, ist sich der Gesundheitspolitiker sicher. Weiterhin sei die unklare einheitliche Vorgehensweise der Schutzmaßnahmen zu kritisieren – also unterschiedliche Maßnahmen in den Bundesländern und eine ungenügende Koordination.

Er hält auch die noch im Februar erfolgten Lieferungen an China – mit Schutzausrüstung – für nicht sinnvoll. „Hätte man die eigenen Überlegungen zu möglichen Pandemien in Deutschland ernst genommen, hätte die Bundesregierung eine Bevorratung vorgenommen. Das ist leider unterblieben – stattdessen wurden andere Länder beliefert.“

Auch einen fehlenden Exportstopp von Schutzausrüstung, wie andere Länder ihn frühzeitig einführten, gab es in Deutschland nicht. Das ist für Spangenberg nicht nachvollziehbar, gerade nach den Erfahrungen mit der Grippe-Epidemie von 2012.

Gesundheitsministerium: „Haben frühzeitig Maßnahmen ergriffen, um hohes Schutzniveau zu erhalten“

Für die Bundesregierung stellt sich die Situation anders dar. Gegenüber „Epoch Times“ erklärte das BMG, dass man „frühzeitig gemeinsam mit allen Verantwortlichen in Bund und Ländern und mit allen Akteuren des Gesundheitswesens Maßnahmen ergriffen hat, um ein hohes Schutzniveau zu erhalten“. Dazu hätten auch Maßnahmen gehört, um für ausreichende Schutzausrüstung zu sorgen, so das Bundesgesundheitsministerium weiter.

Der Bedarf an Schutzausrüstung und sonstigen krisenrelevanten Produkten unterliegt dabei einer dynamischen Entwicklung und ist geprägt durch politische Diskussionen“, erklärt das BMG ohne näher darauf einzugehen.

(Mit Material von afp)



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