Prozess gegen dm: Streit um Klimalabels mit der Deutschen Umwelthilfe
Die Deutsche Umwelthilfe nimmt immer wieder Unternehmen unter die Lupe und überprüft sie auf die Einhaltung ihrer Labels auf Produkten. Der Verein schaute sich auch die Drogeriemarktkette dm genauer an. Diese wirbt auf vielen ihrer Produkte mit Labels wie „klimaneutral“ und „umweltneutral“, was die Umwelthilfe bemängelt.
Der Fall ging schließlich vor Gericht. Bereits am 26. Juli 2023 entschied das Landgericht Karlsruhe in erster Instanz im Sinne der Kläger. Streitgegenstand des Verfahrens waren laut einer Pressemitteilung von dm vier benannte dm-Markenprodukte, auf denen die Labels „klimaneutral“ oder „umweltneutral“ aufgedruckt waren. Im Detail ging es um deren Erläuterungen, Informationen und dahinterstehende Kompensationsprojekte.
Bei diesen Produkten wie Flüssigseife oder Sonnenmilch konnte dm das Versprechen der „Klimaneutralität“ nicht einlösen.
Die Drogeriekette wird die betroffenen Produkte daher nicht mehr mit der Bezeichnung „klimaneutral“ bewerben. Dafür versucht es, weiterhin am Label „umweltneutral“ festzuhalten.
Deutsche Umwelthilfe: Urteil war „absehbar“
Auf Epoch-Times-Anfrage äußerte sich dm zu dem Fall. Kerstin Erbe ist dm-Geschäftsführerin, verantwortlich für das Ressort Produktmanagement. Sie sagte: „Wir bei dm möchten die Zukunft positiv mitgestalten.“ Ihre Unternehmenskultur beinhalte „nachhaltiges, innovatives und sinnhaftes Handeln für den Menschen“. So sollen deren Kunden „eine fundierte Kaufentscheidung treffen“ und „bewusst konsumieren“ können.
So weit, so gut. Wäre da nicht die Deutsche Umwelthilfe. Der Verein macht regelmäßig Kontrollen in verschiedenen Geschäften, die Verbrauchsprodukte anbieten. Ebenso geht sie auf Hinweise zu Produkten und Firmen mit Ökolabels ein, wo die Vermutung besteht, dass diese Siegel nicht das halten, was sie dem Käufer versprechen.
Zum Fall mit dm sprach die Epoch Times mit Jürgen Resch, Pressesprecher der Deutschen Umwelthilfe. Er schilderte, dass es gerade bei dm viele Hinweise gab, sodass es zu einer Überprüfung des Vereins kam. Zunächst versuchte der Verein, sich außergerichtlich mit der Drogeriekette zu einigen. Erfolglos. „Wir waren überrascht, wie vehement dm reagiert hat, und wir mussten schließlich die Klage erheben“, sagte Resch.
Das Urteil ist schließlich laut Resch „absehbar“ gegen dm ausgefallen. Die Drogeriekette habe am 23. Oktober den Urteilsspruch akzeptiert, „ohne diesmal irgendwelche Bedingungen zu stellen“. Es werde seine Berufung zurückziehen und die Werbung mit dem Label „klimaneutral“ definitiv nicht mehr verwenden.
dm: Abverkauf des Labels noch bis Ende 2024
dm-Geschäftsführerin Erbe erklärte, dass das Label seit rund einem Jahr auch im eigenen Hause nicht mehr zur Wahl steht. „Bereits seit Oktober 2022 steht für dm fest, das ‚klimaneutral‘-Label auf unseren Markenprodukten nicht länger zu nutzen. Denn es war bekannt geworden, dass die Waldschutzprojekte, die wir unter anderem zur CO₂-Kompensation genutzt haben, nicht die von Labelgeber ClimatePartner versprochenen Wirkungen entfalten.“
Deswegen verzichte das Unternehmen aktuell darauf, die Zulässigkeit der Nutzung des Begriffs ‚klimaneutral‘ durch die nächsthöhere gerichtliche Instanz klären zu lassen, wie aus der Website hervorgeht.
Der Drogeriemarkt wolle seine Markenprodukte mit dem ‚klimaneutral‘-Label aber noch in diesem Jahr größtenteils abverkauft haben. Restbestände könne die Handelskette laut eigener Aussage bis Ende 2024 noch abverkaufen. Erbe vermutet, dass die Produkte ohne das Label genauso gut weggehen.
„Wir gehen nicht davon aus, dass die Entfernung des ‚klimaneutral‘-Labels von unseren dm-Markenprodukten einen großen Einfluss auf die Abverkäufe dieser Produkte haben wird“, schätzte sie.
Resch: Produkte werden ökologisch nicht verbessert
Die Bedingung für die Verwendung des Begriffs ‚klimaneutral‘ bei dm sei nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe nicht erfüllt gewesen. Kein Produkt sei wirklich ‚klimaneutral‘. Jedes Produkt habe einen ökologischen Fußabdruck.
Kunden, die beispielsweise ein Shampoo mit solch einem Label kaufen, gehen von einer inhaltlichen Optimierung aus, die etwa die Umwelt schont. Resch erklärt: „Normalerweise geht es bei der Werbung ‚klimaneutral‘ schon gar nicht mehr um eine ökologische Verbesserung bei den Produkten.“ Stattdessen werde über einen billigen Ablasshandel gearbeitet. Das geschehe etwa mit CO₂-Zertifikaten.
Laut der Deutschen Umwelthilfe werden die tatsächlichen Emissionen durch eine solche Kompensation nicht reduziert, sondern lediglich „ausgeglichen“. Falls eine „klimaschädliche“ Produktionsweise besteht, fördere der Kunde mit dem Kauf des Produkts diese weiterhin. Ein grünes Image sei dann „billig“ erkauft worden.
Solche im Hintergrund ablaufenden Praktiken würden dann als Kompensationsprojekte gelten. „Wir fordern aber, dass die Hersteller ihre Produkte wirklich besser machen, selbst wenn die Verbesserung nur klein ist. Das ist allerdings meist sehr teuer“, so Resch.
Nimmt die Bundesregierung ihre Aufgabe nicht wahr?
Als ihr Ziel nennt die Deutschen Umwelthilfe, „gegen alle Unternehmen vorzugehen, die in dieser Hinsicht verbrauchertäuschend werben“, wie Resch sagt. Die Organisation sei derzeit mit einigen Dutzend Unternehmen im Verfahren. Bei den meisten Verfahren gebe es aber eine außergerichtliche Einigung.
Kritische Worte äußerte Resch in Bezug auf die Politik. „Wir erleben derzeit eine Bundesregierung, die handlungsunfähig ist – ebenso die Bundesländer.“ Er beklagte: „Was mich maßlos ärgert, ist, dass wir als Umwelt- und Verbraucherschutzverband erneut diese Rechtsüberwachung machen müssen. Unsere eigentliche Aufgabe wäre, das Recht weiterzuentwickeln. Stattdessen kontrollieren wir die Mindeststandards, weil der Staat es nicht wagt, gegen Wirtschaft und Industrie vorzugehen.“
Normalerweise sei diese Überprüfung die Aufgabe der Verbraucherschutzminister auf Bundes- und auf Landesebene. „Doch sie tun einfach nichts“, behauptete Resch.
Dm kämpft weiter um „umweltneutral“-Label
Der Drogeriemarkt hat bereits ein weiteres Label in Umlauf gebracht. „Unabhängig davon arbeiten wir schon seit 2020 nach dem ehrgeizigeren und wissenschaftlich fundierten Ansatz von GREENZERO.“ Dies sei in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin entstanden. „Bereits heute ist es auf 150 unserer dm-Markenprodukte an der Aufschrift ‚Pro Climate‘ und ‚Umweltneutral Handeln‘ erkennbar“, erklärte Erbe.
Diese Produkte sollen in bislang fünf Wirkkategorien wissenschaftlich ökobilanziert und maßgeblich optimiert sein. Als Wirkkategorien gab dm Klimawandel, Eutrophierung (Überdüngung), Versauerung, Ozonabbau und Sommersmog an.
Ab 2024 soll diese Bilanzierung auch um Landnutzung und Wassernutzung erweitert werden. Laut dm habe es in allen gemessenen Kategorien „signifikante Einsparungen“ gegeben. „Nach dieser Reduzierung verbleibende Emissionen gleichen wir mit Investitionen in die Renaturierungsflächen von HeimatERBE hier in Deutschland aus“, versprach Erbe.
Dm bekundet aber, dass Wert auf eine tatsächlich bessere Ökobilanz der ausgezeichneten Produkte gelegt werde. „Anfangs haben wir gemeinsam mit der TU Berlin bei 14 Produkten gemessen, welche Umweltauswirkungen diese über ihren Lebenszyklus haben.“ Dabei habe dm alle messbaren Umweltwirkungen, die bei deren Produkten anfallen, betrachtet. Das umfasse den Abbau der Rohstoffe, Produktion, Distribution, Nutzungsphase, Lebenswegende bis zum Recycling.
Dabei hatte das Karlsruher Gericht allerdings auch die Verwendung des Begriffs „umweltneutral“ untersagt. Die entsprechenden Produkte konnten bei der Untersuchung keine ausgeglichene Umweltbilanz aufweisen. Resch begrüßt es, dass dm dazu in Berufung gegangen ist. „So bekommen wir ein richterliches Urteil.“
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