RKI-Vize will auf Corona-Impfstoff warten – vorherige Lockerungen nicht empfohlen

Mehr Geschäfte und Einrichtungen als bisher dürfen nach wochenlangen Schließungen in der Corona-Krise wieder öffnen. Ein Grund für die Rückkehr zum Alltag – wie man ihn kannte – ist das aber nicht, mahnt das Robert Koch-Institut in seiner Pressekonferenz vom 21. April.
Epoch Times21. April 2020

Trotz der ersten Lockerungen in der Corona-Pandemie betont das Robert Koch-Institut (RKI) den Ernst der Lage. „Das Virus ist nicht weg“, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade in Berlin.

„Es ist kein Ende der Epidemie in Sicht. Die Fallzahlen können wieder steigen.“ Die Situation sei immer noch ernst, auch wenn in Deutschland bei der Bekämpfung einiges erreicht worden sei.

„Die Fallzahlen müssen auf einem Level bleiben, mit dem das Gesundheitssystem umgehen kann“, betonte Schaade. Am besten sei es, sie so weit wie möglich zu drücken. „Wenn die Fallzahlen in die Höhe schießen, kann das Gesundheitssystem immer noch sehr schnell überlastet werden. Dann können Patienten nicht mehr bestmöglich versorgt werden.“ Die Folgen wären dann gravierend für alle Menschen in Deutschland, nicht nur zum Beispiel für Ärzte und COVID-19-Patienten. Dieses Szenario gelte es weiterhin zu verhindern.

Maßnahmen gelten weiterhin

Schaade rief die Menschen dazu auf, weiter den geltenden Empfehlungen zu folgen und möglichst zu Hause zu bleiben. Weiterhin gelte ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen sowie Hygieneregeln. Hinzu kommt das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in Geschäften oder im öffentlichen Nahverkehr. Eine derartige Stoffbedeckung allein sei allerdings kein sicherer Schutz, vor allem nicht für den Träger selbst, betonte der RKI-Vize und fügte hinzu: „Und bitte beachten Sie auch: medizinischer Mund-Nasen-Schutz oder die FFP2-Masken sollen dem medizinischen Personal vorbehalten bleiben.“

Die täglichen Anstiege der Fallzahlen seien inzwischen deutlich geringer als noch in der Vorwoche. Für die vergangenen Tage könnten aber noch Fälle nachgemeldet werden. Von bislang 143.457 Infizierten (Stand 21.4.) sind nach Schätzung der Wissenschaftler rund 95.200 genesen. Mit anderen Worten gesagt: Von den rund 83 Millionen Einwohnern in Deutschland sind aktuell etwa 48.000 Menschen infiziert. Darüber hinaus wurden 4.598 Todesfälle gemeldet.

[Anmerkung der Red.: Nicht jeder, der infiziert ist, erkrankt am Virus. 80 Prozent aller Corona-Infektionen verlaufen mild. Nach Auskunft des Robert-Koch-Instituts werden alle Todesfälle von Patienten, bei denen eine Corona-Infektion nachgewiesen wurde, als Corona-Tote gewertet. Vorerkrankungen werden nicht berücksichtigt. Bei der Influenza ist das anders.]

Die Reproduktionszahl habe am Montag bei etwa 0,9 gelegen: Das bedeutet, dass im Durchschnitt beinahe jeder Infizierte eine weitere Person ansteckt. Wie bei den COVID-19-Fallzahlen gebe es auch hier große regionale Unterschiede. Die Reproduktionszahl lag in den vergangenen Tagen auch schon etwas niedriger als 0,9. Allerdings unterliegt diese geschätzte Zahl laut RKI auch einer gewissen Unsicherheit.

Vermeidung einer zweiten Welle

Bei einer vorschnellen Rücknahme aller oder eines großen Teils kontaktbeschränkender Maßnahmen bestünde die grundsätzliche Gefahr einer zweiten Welle, warnte Schaade. Mit menschlichem Verhalten könnte die Übertragung des Virus „deutlich reduziert“ werden. Anders gesagt bedeute dies: „Je weniger wir das Virus durch unser Verhalten hindern, von Mensch zu Mensch zu springen, umso mehr werde das Virus auf die eigentliche Reproduktionszahl zurückfallen.“ Dies würde einen Anstieg der Reproduktionszahl auf einen Wert zwischen zwei und drei nach sich ziehen. „Wenn wir alle weiter jetzt so tun, als ob das Problem überwunden wäre, werden wir wieder einen Ausbruch haben. Das ist ziemlich sicher.“

Ziel sei es, die Anzahl der Neu-Infizierten zu mindern und gleichzeitig den Reproduktionsfaktor auf unter Null zu senken. Aber „selbst wenn es uns gelänge, keine Fälle mehr in Deutschland zu haben, dann wird das Virus ja noch in der Welt vorhanden sein“, sagte Schaade.

„Bis ein Impfstoff da ist, von dem wir alle nicht wissen, wann er kommt und ob er kommt, müssen wir uns so verhalten, dass wir Infektionen vermeiden. Denn auch wenn wir in Deutschland keine Fälle mehr haben, ist es durchaus möglich, dass das Virus unerkannt wieder eingeführt werden kann.“ Um Neuausbrüche von vornherein zu vermeiden, sei es „sicherlich sinnvoll“ die Verhaltensregeln und die Hygienemaßnahmen „auf lange Frist“ weiter zu praktizieren.

Wenn „irgendwann“ in Deutschland keine COVID-19-Fälle und keine lokale Verbreitung des Virus mehr in Deutschland auftrete, dann könne man die kontaktreduzierenden Maßnahmen „möglicherweise bis auf Null“ zurückfahren. Aber selbst dann müsse es eine Bereitschaft geben, bei Ausbrüchen die Maßnahmen erneut einzusetzen. „Das werden wir ganz sicher nur verhindern können, wenn wir einen Impfstoff haben“, betonte Schaade. (dpa/sua)



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