Rukwied vor Bauern-Protesten: „Kooperativer Naturschutz muss auf Anreize… setzen, nicht auf Verbote“

Vor neuen Protesten von Landwirten gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung hat Bauernpräsident Joachim Rukwied zur Kooperation beim Insektenschutz aufgerufen.
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Bauernpräsident Joachim Rukwied.Foto: Jan Woitas/dpa
Epoch Times4. März 2020

Vor neuen Protesten von Landwirten gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung hat Bauernpräsident Joachim Rukwied zur Kooperation beim Insektenschutz aufgerufen.

„Es ist nicht die Frage, ob wir Insektenschutz machen, sondern nur wie: Kooperativer Naturschutz muss auf Anreize und Förderung setzen, nicht auf Verbote“, sagte Rukwied der „Passauer Neuen Presse“ vom Mittwoch.

Landwirte, Politik und Naturschutzorganisationen müssten gemeinsam Lösungen finden, wie sich Natur- und Artenschutz weiter verbessern.

„Naturschutz nur über Auflagen und Verbote führt in die Sackgasse“, betonte der Bauernpräsident. Insektenschutz dürfe nicht zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit gehen.

Der Protest der Bauern richte sich nicht gegen Insektenschutz, sondern gegen die Art und Weise, wie das Aktionsprogramm der Bundesregierung ausgestaltet ist, sagte Rukwied.

Er verwies darauf, dass Landwirte 2019 bereits Blühstreifen als Lebensraum für Insekten in einer Länge von mehr als 230.000 Kilometern angelegt hätten. „Umgerechnet entspricht das einem fünf Meter breiten Band, das fast sechsmal um die Erde reicht.“

Naturschützern reicht der Aktionsplan Insektenschutz der Bundesregierung allerdings nicht aus. Sie fordern gesetzliche Regeln. Rukwied sagte dazu: „Insektenschutz geht nur mit uns Bauern, nicht gegen uns.“ Priorität müsse sein, die Förderfähigkeit von Maßnahmen zum Insekten- und Naturschutz zu erhalten.

Diese würde durch ordnungsrechtliche Verbote ausgehebelt werden. „Naturschutzrechtliche Unterschutzstellungen schaffen allenfalls Anreize, dass solche Biotope erst gar nicht entstehen. Das wäre der falsche Weg.“

Die Initiative „Land schafft Verbindung“ hat für Donnerstag zu erneuten bundesweiten Bauernprotesten aufgerufen. Die Hauptkundgebung soll in Dessau vor dem Umweltbundesamt stattfinden.

Geplant sind zudem Aktionen in Dresden, Hamburg, Kiel, Mainz und Bonn. Zuvor stellt sich am Mittwochmittag Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) im Bundestag Fragen der Abgeordneten.

Vor den Protesten drängte der Sprecher von „Land schafft Verbindung“, Dirk Adresen, auf eine Wende in der Agrarpolitik. „Wir fordern eine von Grund auf neue Landwirtschaftspolitik.

Wir nehmen eine Politik nicht weiter hin, die die Landwirtschaft in ihrer jetzigen Form abschaffen will“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Bauernhöfe in Deutschland bräuchten eine Perspektive.

Politiker wie Klöckner hatten zuletzt wiederholt vor einer Radikalisierung der Agrarproteste gewarnt und drastische Wortmeldungen gerade in sozialen Netzwerken kritisiert. Andresen betont, dass es nach wie vor darum gehe, in den Dialog um die Landwirtschaft zu kommen.

„Es gibt Äußerungen und Entwicklungen aus unseren Reihen, die kann ich einfach nicht gutheißen. Wenn wir als Bewegung uns radikalisieren, dann werden wir unser Gesicht verlieren.“ Andresen schloss indessen nicht aus, dass sich die Protestbewegung eines Tages in Form einer Partei zusammenschließt.

Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft arbeiten am längsten

Vollzeitbeschäftigte Männer im Agrarsektor haben die längsten Arbeitszeiten. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, kamen im Jahr 2018 bei Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei im Schnitt 49,9 Wochenstunden zusammen.

Die kürzesten Arbeitszeiten haben demnach vollzeitbeschäftigte Männer im verarbeitenden Gewerbe mit 40,4 Wochenstunden. Für vollzeitbeschäftigte Frauen gilt dasselbe, allerdings mit niedrigeren Wochenarbeitszeiten von 45,3 beziehungsweise 39,6 Stunden.

Trotzdem wünschen sich die Vollzeitbeschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft am seltensten andere Arbeitszeiten: Nur 4,5 Prozent von ihnen wollen etwas an ihrer Wochenarbeitszeit verändern – also weniger als jeder Zwanzigste. Bei den Vollzeitbeschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe wünschen sich dies hingegen mit 8,2 Prozent deutlich mehr.

Dabei wollen den Statistikern zufolge 4,3 Prozent ihre Wochenarbeitszeit um durchschnittlich 9,8 Stunden verkürzen – sie fallen also in die Kategorie der Überbeschäftigten.

Gleichzeitig wollen aber 3,9 Prozent durchschnittlich 6,4 Stunden länger arbeiten; sie sind also unterbeschäftigt. Damit verzeichnet das Verarbeitende Gewerbe die höchste Unterbeschäftigtenquote unter den Vollzeitbeschäftigten.

Am stärksten überbeschäftigt fühlen sich Befragte im Bereich „Information und Kommunikation“. Der Anteil derer, die sich hier kürzere Arbeitszeiten wünschen, lag den Daten aus dem Jahr 2018 zufolge bei 5,9 Prozent.

Bei einer Million Vollzeitbeschäftigten in dem Bereich entspricht das rund 60.000 Menschen. Sie wollten ihre Wochenarbeitszeit um durchschnittlich 11,1 Stunden verringern. (afp/nh)



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