China führt Sozialkreditsystem auch für ausländische Unternehmen ein

Bis 2020 will China für Alle das Sozialpunktesystem einführen – auch für ausländische Unternehmen. Deutsche Politiker sind empört: Das chinesische Ratingsystem sei nicht mit demokratischen Grundsätzen vereinbar. Chinas "Social Credit System" bewertet Bürger nach der "Richtigkeit" ihres Verhaltens und ihrer (politischen) Äußerungen.
Dem kommunistischen Staat entgeht nichts
In China hat die Überwachung der Bürger ein bisher nie gekanntes Ausmaß erreicht.Foto: iStock
Epoch Times28. August 2019
Bis 2020 soll nach Plänen der kommunistischen Regierung in China ein landesweites Sozialpunktesystem eingeführt werden. Geplant ist, dass nicht nur Einzelpersonen, sondern auch ganze Unternehmen dem Wertesystem unterworfen sind.
Ziel der Regierung in Peking ist es, die Unternehmen dazu zu bringen, sich durch „Selbstkontrolle“ an Gesetze und Vorschriften zu halten. Jedes Unternehmen, das in China tätig ist, ist demnach diversen Ratings unterworfen. Wer ein schlechtes Ergebnis erzielt, dem droht im schlimmsten Fall der Marktauschluss.

Politiker von Koalition und Opposition haben scharfe Kritik an dem Ratingsystem für in China tätige Unternehmen geübt. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), sagte dem „Handelsblatt“, er habe den Eindruck, dass das System gezielt benutzt werde, um deutsche Unternehmen von öffentlichen Aufträgen abzuhalten. „Jetzt ist die EU gefordert, angemessene Maßnahmen zu ergreifen.“

Doch auch auf nationaler Ebene gelte es, sich dazu Gedanken zu machen, sagte Pfeiffer. Nach Ansicht des wirtschaftspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Bernd Westphal, ist das chinesische Ratingsystem nicht mit demokratischen Grundsätzen vereinbar. „Dem System fehlen dazu die Transparenz, klare Kriterien sowie eine Berufungsinstanz“, sagte Westphal dem „Handelsblatt“. Willkür müsse ausgeschlossen, Datenschutz gewährleistet sein.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte, die Bundesregierung müsse gemeinsam mit der EU in Gesprächen mit Peking darauf hinwirken, dass ein Mindestmaß an Transparenz erreicht werde. Auch müsse eine gerichtliche Überprüfbarkeit der Rating-Ergebnisse gewährleistet sein, so Theurer.

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Kerstin Andreae, sieht in dem System „ein weiteres Protektionismus-Instrument der Volksrepublik China“. Die Unternehmen müssten transparent über Kriterien und Gesetzesvorhaben informiert werden – von chinesischer, aber auch von deutscher und europäischer Seite, forderte sie im „Handelsblatt“.

Handelskammern schlagen Alarm

„Rund ein Jahr vor der geplanten Einführung eines umfassenden nationalen Scoring-Systems für Unternehmen zeigt sich, dass knapp sieben von zehn deutschen Unternehmen in China nicht mit dem System, seiner Wirkungsweise und Zielsetzung im Geschäftskontext vertraut sind“, so Jens Hildebrandt, Geschäftsführer der deutschen Auslandshandelskammer in Peking.

Hildebrandt ist über die Tatsache besorgt, dass zukünftig die Unternehmensbewertung mit dem individuellen Sozialkreditsystem verknüpft sind. Laut Gesetzentwurf haften Geschäftsführer künftig für ihre Firmen. Die Firmenbewertung kann bei „Fehlverhalten“ eines Managers – zu viele Strafzettel oder gezeigte Sympathie mit Hongkonger Demonstranten – plötzlich sinken. Definiert ist jedoch nicht, welche und wie viele Führungskräfte dazu unter die Lupe genommen werden. Im Gesetz ist die Rede von „verantwortlichen Personen“.

Bei Unternehmen wie Siemens, Daimler oder Volkswagen könne es sich laut „Süddeutscher Zeitung“ rasch um einige Dutzend Personen handeln, deren Verhalten Einfluss auf die Bewertung und damit auf die Geschäftschancen in einem der wichtigsten Märkte der Welt habe. Hildebrandt fordert deshalb, dass Manager aus der Haftung genommen werden.

Ein mahnendes Beispiel für ausländische Unternehmen in China ist die südkoreanische Supermarktkette Lotte. Nachdem der Konzern im vergangenen Jahr in der Heimat zugestimmt hatte, dass auf dem Gelände eines Golfplatzes ein US-Raketenabwehrsystem installiert wird, kam es plötzlich zu Plünderungen der Läden in China. Es gab Boykottaufrufe und schließlich musste Lotte „aus Brandschutzgründen“ Filialen schließen. Für die Firma bedeutete das einen Milliarden-Verlust.

Angela Merkel reist kommende Woche mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach China. Im Kanzleramt hat man den Bericht gelesen. (rm/afp)



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