Corona-Maßnahmen in Schulen: Prozess gegen Weimarer Familienrichter verschoben

Das Landgericht Erfurt vertagt kurzfristig den Prozessbeginn gegen den Familienrichter am Amtsgericht Weimar. Er war bekannt für seine Entscheidung vor zwei Jahren gegen die Corona-Maßnahmen in den Schulen.
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Das Amtsgericht ist während einer Versammlung vor dem Amtsgericht in Weimar abgesperrt.Foto: Epoch Times
Von 15. April 2023

Am 18. April sollte die Hauptverhandlung am Landgericht Erfurt (Thüringen) gegen den Familienrichter am Weimarer Amtsgericht Christian D. wegen des Verdachts der Rechtsbeugung (§ 339 StGB) starten.

Am Freitag, 14. April, hat das Landgericht jedoch den Termin aufgehoben. Hintergrund ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers für den Familienrichter durch das Gericht. Dies soll der „Verfahrensabsicherung“ dienen.

Kein Maskentragen, keine Mindestabstände, keine Corona-Schnelltests

Hintergrund für den Prozess gegen den Familienrichter ist seine Entscheidung vor zwei Jahren, mehrere „COVID-19-Schutzmaßnahmen“, die das Land verhängte, an zwei Schulen für alle Kinder aufzuheben.

So sollten die Kinder nicht mehr gezwungen werden, Masken zu tragen, Mindestabstände einzuhalten und die Corona-Schnelltests über sich ergehen zu lassen. Gleichzeitig ordnete der Weimarer Richter Präsenzunterricht an.

Er begründete seine Entscheidung mit der Sicherstellung des Kindeswohls nach § 1666 BGB.

Besorgte Eltern von Schülern an diesen beiden Schulen hatten sich zuvor mit Blick auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung durch die „Schutzmaßnahmen“ an das Weimarer Familiengericht gewandt. Damit leiteten sie ein Kinderschutzverfahren gemäß § 1666 Abs. 1 und 4 BGB ein.

Drei Gutachten zur möglichen Kindeswohlgefährdung

Der Familienrichter hatte vor seiner Entscheidung drei Gutachten eingeholt, um zu entscheiden, ob die politisch verordneten Infektionsschutzmaßnahmen eine Kindeswohlgefährdung darstellen könnten. In seiner 177 Seiten umfassenden Entscheidung kam der Richter zu folgendem Fazit:

Der den Schulkindern auferlegte Zwang, Masken zu tragen und Abstände untereinander und zu dritten Personen zu halten, schädigt die Kinder physisch, psychisch, pädagogisch und in ihrer psychosozialen Entwicklung, ohne dass dem mehr als ein allenfalls marginaler Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenübersteht. Schulen spielen keine wesentliche Rolle im ‚Pandemie-Geschehen‘.“

Das Weimarer Familiengericht erklärte damals zudem in seinem Beschluss, dass die Kinder Träger von Grundrechten seien und ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hätten. „[…] Eingriffe in diese Grundrechte – gleichgültig, ob durch Privatpersonen oder Amtsträger verursacht – könnten nicht anders bewertet werden als eine objektive Gefährdung des ‚Kindeswohls‘ i.S.d. §§ 1666 BGB, 157 FamFG.“

Die Gerichtsentscheidung schlug medial, aber auch politisch hohe Wellen.

Freistaat Thüringen zog vor Gericht

Der Freistaat Thüringen zog daraufhin vor das Oberlandesgericht in Jena, das den Beschluss des Familienrichters aufhob. Zuvor hatte schon das Verwaltungsgericht in Weimar seinen Beschluss als rechtswidrig eingestuft.

Begründet wurde dies vom Oberlandesgericht damit, dass für rechtliches Vorgehen gegen hoheitliche Maßnahmen die Verwaltungsgerichte zuständig sind.

Es erfolgte zudem durch die Weimarer Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung der Wohn- und Arbeitsräume des Familienrichters und eine Beschlagnahmung seines Handys. Beides galt in den Justizkreisen als äußerst umstritten und rief massive Kritik hervor.

Doch nicht nur bei ihm fand eine Durchsuchung und Beschlagnahmung statt, sondern auch bei acht Kontaktpersonen des Familienrichters wurden Handys, Computer und Laptops eingezogen. Und zwar bei den drei Gutachtern, die der Familienrichter für den Fall heranzog, der Mutter von den betroffenen Schülern und ihrer Anwältin, einem Richterkollegen, einem Mitarbeiter des Weimarer Familiengerichtes und einem befreundeten Ehepaar, weiß die taz zu berichten.

Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Rechtsbeugung

Schließlich erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Rechtsbeugung in zwei tateinheitlichen Fällen nach §§ 339, 52 StGB.

Laut Anklage hat sich der Familienrichter Christian D. „in schwerwiegender Weise“ von Recht und Gesetz entfernt, um die angebliche Unwirksamkeit und Schädlichkeit staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie „öffentlichkeitswirksam darzustellen“.

Sollte der Familienrichter wegen Rechtsbeugung verurteilt werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahren.

Der Familienrichter ist bereits seit Januar wegen seiner damaligen Entscheidung vom Dienst suspendiert. Dies ist ungewöhnlich, da es vor einem rechtskräftigen Strafurteil geschah und zudem mit einer Verminderung der Dienstbezüge um 25 Prozent verbunden ist.

Tuppat und Strate verteidigen Familienrichter

Beigeordneter Pflichtverteidiger ist jetzt der Strafrechtler und Fachanwalt für Strafrecht Peter Tuppat aus Jena, der zusammen mit dem Wahlverteidiger Gerhard Strate aus Hamburg den Familienrichter juristisch vertritt.

Aufgrund einer großen Entfernung des Wahlverteidigers zum Gerichtsort ist eine Ernennung eines Pflichtverteidigers durchaus üblich. „Es ist also in meinem Sinn, einen weiteren Kollegen von vor Ort dabei zu haben, um den reibungslosen Verfahrensablauf sicherstellen zu können“, sagte Strate demzufolge zu LTO.

Unüblich ist die Ernennung eines Pflichtverteidigers durch ein Gericht bei umfangreicheren Verfahren nicht. Denn wenn es zu einer Verfahrensunterbrechung über drei Wochen kommt, müsste das Verfahren neu anberaumt werden. Durch Pflichtverteidiger versuchen Gerichte unter anderem, längere Unterbrechungen zu vermeiden.

Waren die Durchsuchungen rechtens?

Neben dem Verfahren wegen mutmaßlicher Rechtsbeugung vor dem Landgericht Erfurt läuft aktuell noch ein Verfahren vor dem Oberlandesgericht in Jena.

In dem Beschwerdeverfahren wird gegen die Beschlagnahmeverfügungen der Thüringer Staatsanwaltschaft geklagt. Sie bildete die Grundlage für die Durchsuchung und Beschlagnahmung von Handys, Computer und Laptops von Richter Christian D. und seinen acht Kontaktpersonen.

Verteidiger Strate ordnet sie als rechtswidrig ein. Sollte das Beschwerdeverfahren erfolgreich sein, wird das möglicherweise Auswirkungen auf das Verfahren am Landgericht haben. Denn dann wären Beweise, die man aufgrund der Durchsuchungen sicherstellte, für das Rechtsbeugungsverfahren bedeutungslos.



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