Trotz drohender Stromknappheit: Bundesregierung setzt auf mehr Stromverbrauch
Die mehrjährige „La Nina“-Periode ist zu Ende. Daher ist in der nächsten Zeit global mit leicht ansteigenden Temperaturen zu rechnen. Im Februar ist die Abweichung der globalen Temperatur vom 30-jährigen Mittel der satellitengestützten Messungen der University of Alabama (UAH) leicht angestiegen, und zwar auf 0,08 Grad Celsius.
Im Januar lag die Abweichung bei -0,04 Grad Celsius. Der durchschnittliche Temperaturanstieg pro Jahrzehnt beträgt seit 1979 lediglich 0,13 Grad Celsius. Das entspricht 1,3 °C binnen eines Jahrhunderts.
Stromknappheit in Sicht
Die Gaspreise sind in den letzten Monaten deutlich gesunken und betragen „nur noch“ etwa das Doppelte des Jahres 2021. Aber die Strompreise bleiben etwa viermal so hoch wie vor der Energiekrise Anfang 2021. Während Strom Anfang 2021 bei 4,5 Eurocent pro Kilowattstunde (€ct/kWh) an der Börse gehandelt wurde, pendelt der Preis zurzeit um 15 €ct/kWh.
Entspannung ist nicht in Sicht, denn am 15. April gehen drei Kernkraftwerke vom Netz und im April 2024 sollen 7.000 MW Kohlekraftwerke ihren Dienst einstellen. Es ist völlig schleierhaft, wie dieser Engpass überwunden werden kann. Von den für den 1. Februar ausgeschriebenen 3.200 Megawatt Windenergie wurden nur 1.441 MW bewilligt, obwohl die Einspeisevergütung um 25 Prozent auf 7,35 €ct/kWh erhöht worden war.
Ein Megawatt installierte Windkraft ist im Übrigen nicht mit einem Megawatt Kohle- oder Kernkraft zu vergleichen. Bei identischer Anlagengröße liefert Wind über das Jahr gerechnet nur etwa ein Viertel des Stroms eines Kohle- oder Kernkraftwerk. An etwa 140 Tagen fallen Windkraftwerke in Deutschland als Stromlieferant völlig aus. Ihre Stromerzeugung liegt dann zwischen null und 10 Prozent.
Die für diese Flauten notwendigen 30.000 MW Gaskraftwerke – dies fordert auch Stefan Kapferer, Vorstandsvorsitzender des Netzbetreibers 50 Hertz, – sind Wunschdenken einer Regierung, die in den letzten Monaten mit Gasumlage, Gaspreisbremse und Gewinnabschöpfung bei der Stromerzeugung gezeigt hat, dass sie nicht in der Lage ist, verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren zu schaffen.
Während also die Bundesregierung 40 neue Gaskraftwerke bauen lassen will, dreht sie den Bürgern den Gashahn zu.
Mehr Stromverbrauch fordern, dann Strom abschalten
Bürgerfeindlicher als Wirtschaftsminister Habeck kann man eigentlich nicht auftreten. Er kündigte an, bereits ab 2024 neue Gas- und Ölheizungen verbieten zu wollen und das Höchstalter von Gasheizungen auf 30 Jahre zu begrenzen. Als er dann den Shitstorm entrüsteter Bürger bemerkte, räumte er ein, dass eine kaputte Heizung noch für drei Jahre durch eine Gasheizung ersetzt werden könne, dann aber spätestens durch eine Wärmepumpe, Stromheizung oder Pelletheizung ersetzt werden müsse.
Eine Heizung, die in 2024 oder 2025 kaputtgeht, durch eine Gasheizung für drei Jahre zu ersetzen, ist ziemlich lebensfern.
Die Bürger haben schon genug zu kämpfen mit erhöhten Strompreisen und da fordert der Wirtschaftsminister ausgerechnet den Umbau des Gas-/Ölheizungssystems auf Strom. Parallel erklärt der grüne Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dass wegen drohender Stromknappheit die Stromanschlüsse für E-Autos und für Wärmepumpen abstellbar gemacht werden sollen, sodass für drei Stunden der Strom für E-Autos oder Wärmepumpen gekappt werden kann.
Jeder weiß, dass eine Gasheizung relativ einfach durch eine Niedertemperaturheizung einer Wärmepumpe ersetzt werden kann, wenn eine Fußbodenheizung vorhanden ist. Wo das nicht der Fall ist, entsteht ein riesiger Investitionsbedarf. Wir wissen auch, dass eine Wärmepumpe 2,5-mal energieeffizienter als eine Erdgasheizung ist. Aber wie sieht die Rechnung aus, wenn Strom dreimal so teuer ist wie Erdgas? Und wenn der Strom in Dunkelflauten durch Erdgas oder Kohle erzeugt wird, ist die positive Ökobilanz dahin.
Was haben pakistanische Kohlekraftwerke mit Deutschland zu tun?
Im Sommer 2022 zögerte der Bundeswirtschaftsminister die Entscheidung, Kohlekraftwerke zu reaktivieren, bis in den Herbst hinaus. Es war zwar offensichtlich, dass es geboten war, so früh wie möglich Gaskraftwerke durch Kohlekraftwerke zu ersetzen. Aber Habeck ließ die Gaskraftwerke weiterlaufen und kaufte Gas auf den Weltmärkten zu Höchstpreisen ein, was die Gaspreise auf den Weltmärkten explodieren ließ.
Dieser Preisdruck wird wieder entstehen, wenn Deutschland das geplante massive Gaskraftwerksprogramm realisieren wird. Andere Staaten haben daraus Konsequenzen gezogen. Pakistan hat sein Gaskraftwerksprogramm eingestampft und beschlossen, 10.000 MW Kohlekraftwerke zu bauen. China hat kürzlich bekannt gegeben, dass es weitere 106.000 MW Kohlekraftwerke baut und den geplanten Ersatz von Kohlekraftwerken durch Gaskraftwerke verlangsamt.
Deutschland und Europa ersetzen Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke und Pakistan und China bauen Kohlekraftwerke statt Gaskraftwerke. Eine sehr „erfolgreiche“ Transformationspolitik.
Über den Autor:
Prof. Dr. Fritz Vahrenholt ist promovierter Chemiker, SPD-Politiker, Manager, Wissenschaftler und Buchautor. Seit 1976 arbeitete er unter anderem im Umweltbundesamt, als Staatsrat bei der Umweltbehörde und als Umweltsenator in Hamburg. Er war Vorstand für erneuerbare Energien der Deutschen Shell AG sowie Gründer und Vorstand des Windenergieanlagenbauers REpower Systems, heute Senvion S.A. Vahrenholt ist Aufsichtsratsvorsitzender der Aurubis AG, des größten europäischen Kupferherstellers, sowie Aufsichtsrat der Encavis AG, eines der größten Investoren in Erneuerbare Energien. Seit 1999 ist er Honorarprofessor im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg.
Sein jüngstes Buch „Die große Energiekrise – und wie wir sie bewältigen können“ schaffte es direkt in die Spiegelbestsellerliste in der Kategorie Sachbuch/Paperback. Frühere Werke umfassen den Bestseller „Seveso ist überall“ (1978), eines der wirkmächtigsten Bücher in den Anfangsjahren der Umweltbewegung, „Unerwünschte Wahrheiten“ (2020) und „Unanfechtbar – Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes zum Klimaschutz im Faktencheck“ (2021). www.vahrenholt.net
Dieser Artikel erschien im Original auf klimanachrichten.de unter dem Titel: Fritz Vahrenholt: Stromknappheiten in Sicht (redaktionelle Bearbeitung ts)
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