Überall: Probleme der Migrationspolitik zeigen sich immer deutlicher

Gemeinden und Kommunen sind zunehmend mit der Unterbringung der Migranten und Flüchtlinge überfordert. Im rheinland-pfälzischen Freisbach trat der Bürgermeister und der komplette 16-köpfige Gemeinderat zurück. Auch die angeschriebenen Nachrücker sagten ab. Was nun?
Das Wort «Asyl» steht auf einem Wegweiser zur Erstaufnahme-Einrichtungen (EAE) des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt.
Ein Wegweiser zur Erstaufnahme-Einrichtung des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt.Foto: Patrick Pleul/dpa
Von 18. August 2023

Die Migration nach Deutschland geht ungebremst weiter. Die Regierung fordert von den Städten und Gemeinden die Unterbringung der Menschenmassen. Ob in Turnhallen, Containerdörfern oder Zeltstädten, die Kommunen müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen – und weitere neue schaffen.

Viele Kommunen sind mit den Forderungen nach neuen Unterbringungsplätzen mittlerweile überfordert. Auch die Bevölkerung steigt mehr und mehr aus Unterstützung und Umsetzung aus.

Migration: Probleme ausblenden?

Dieser Tage berichtet der NDR über die Probleme der mit der Unterbringung von Migranten überlasteten Kommunen in Schleswig-Holstein. Es gebe vielfältige Probleme: fehlende Unterbringungsmöglichkeiten, fehlende Kita-Plätze, Mangel an Integrations- und Deutschkursen, zu wenig Personal in der Kommunalverwaltung.

Die Landessozialministerin Aminata Touré (Grüne) hatte im August im Landesparlament von einem Treffen mit Kommunalvertretern des Kreises Pinneberg berichtet. „Es gab dort die Aussage, dass es ein konstruktives Gespräch war und verschiedene Lösungsansätze erörtert wurden“, sagte Bürgermeister Marc Trampe, Gemeinde Rellingen. Die Realität vor Ort scheint jedoch anders gewesen zu sein. „Wir fühlten uns in dem Gespräch nicht immer ernst genommen und haben keine befriedigenden Antworten bekommen“, so Trampe.

Dass Schein und Sein in der Migrationsdebatte oft weit auseinander liegen, zeigen auch die vielen Berichte, die oft nur in lokalen Medien zu finden sind. Manche Fälle bringen es auch bis zu bundesweitem Bekanntheitsgrad. Doch Einzelfälle sind das bei Weitem nicht.

Zwangsaufnahmen, Lagerrandale und bürgerlicher Zusammenhalt

Kürzlich müssen die Bürger der Ostsee-Gemeinde Upahl und ihre Gemeindeführung den Weiterbau eines Asyl-Containerdorfs dulden.

Probleme gibt es auch auf der anderen Seite des Lagerzauns. In der Asyl-Zeltstadt Bork in NRW griff ein Mob von bis zu 80 Migranten die Mitarbeiter an, teils mit Steinwürfen. Sie waren mit „Maßnahmen der Mitarbeiter nicht einverstanden“. Ein Großeinsatz der Polizei war nötig.

In Oeventrop (NRW) konnten die Menschen durch Zusammenhalt eine geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung der Bezirksregierung bisher verhindern, weil der Eigentümer der angedachten Immobilie sein Angebot auf einer Bürgerversammlung zurückgezogen hatte. Zuvor hatten die Behörden dem Immobilienbesitzer offenbar immer wieder Steine in den Weg gelegt, seine eigenen Wohnbauvorhaben umzusetzen, etwa durch Verzögerungen wegen Genehmigungen und einem angeordneten Verkaufsstopp für Baugrundstücke, wie der örtliche Gewerbeverein berichtete.

Diese und ähnliche Fälle finden im ganzen Land statt. Doch die permanente finanzielle Überforderung der Kommunen fördert auch neue Bilder zutage, die der Verzweiflung im Land Rechnung tragen. Man setzt „Zeichen“, in der Hoffnung, dass die übergeordnete Politik endlich handeln möge.

Freisbach tritt zurück

Im rheinland-pfälzischen Freisbach trat kürzlich der Bürgermeister nach 20 Dienstjahren zurück und mit ihm der komplette 16-köpfige Gemeinderat – wegen der maroden Finanzlage und fehlender Möglichkeiten, dies zu ändern.

Von den angeschriebenen Nachrückern kamen auch nur Absagen, sodass die Kreisverwaltung am 15. August Beauftragte ernannte, welche die Geschäfte der Ortsgemeinde weiterführen sollen. Zudem wurden vorgezogene Neuwahlen am 26. November angesetzt, berichtet die zuständige Kreisverwaltung Germersheim.

„Um finanzschwache Kommunen wie Freisbach, von denen es in Rheinland-Pfalz sehr viele gibt, wieder handlungsfähig zu machen, muss das Land einige Erfordernisse erfüllen“, appellierte CDU-Landrat Fritz Brechtel. Das Thema könne nur gelöst werden, wenn das Land den Kommunen ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stelle. Damit könnten diese ihre gesetzlichen Pflichtaufgaben erfüllen, ohne sich verschulden zu müssen, heißt es in der Mitteilung der Kreisverwaltung. „Alles andere wäre nicht verfassungskonform“, sagt Landrat Brechtel.

Neue gesetzliche Vorgaben des Landes Rheinland-Pfalz für ausgeglichene Finanzhaushalte brachten die Problematik erst ans Licht. Die Folge: ein nicht genehmigter Haushalt in Freisbach.

Doch das Problem liegt nicht an fehlenden Einnahmen der Gemeinde, sondern an den hohen Abgaben an Kreis und Verbandsgemeinde. Und die brauchen das Geld für viele Dinge, unter anderem auch für die finanziell aufwendigen Themen Unterbringung und Integration von Migranten – für welche die Länder und Kommunen zuständig sind. Denn der Bund trägt in der Regel nur die Kosten der Erstaufnahmeeinrichtungen.

„Asylbewerber sind im gesamten Dorf verteilt untergebracht“, heißt es auf der Gemeindeseite von Freisbach. Der dafür benötigte Wohnraum werde von der Verbandsgemeinde Lingenfeld angemietet und betreut. Weiterer Wohnraum werde „regelmäßig und fortlaufend“ gesucht, heißt es. Doch die Gelder für die Verbandsgemeinde stammen auch aus den Einnahmen von Freisbach. Für die eigenen Belange des Dorfes bleibt kaum noch etwas übrig. Nun ist der Haushalt eingefroren worden, wegen des großen Defizits.

„Politisches Zeichen“ für alle „ausgebluteten“ Gemeinden

„Wir werden ausgeblutet. So kann es nicht weitergehen im Land“, erklärte Rathauschef Peter Gauweiler (parteilos). „Für unsere Pflichtausgaben haben wir eben mehr Kosten, als das, was wir einnehmen“, sagte der Ortsbürgermeister nach Angaben des SWR.

„Und von unseren 1,2 Millionen Euro an Einnahmen bleibt uns sehr wenig. Eine Million geben wir als Umlage weiter an unsere Verbandsgemeinde Lingenfeld und den Kreis Germersheim.“ Der Hilferuf der Gemeinde ist zielgerichtet: „Unser Rücktritt soll ein politisches Zeichen sein und ein Hilferuf – stellvertretend für alle Kommunen in Rheinland-Pfalz“, so Gauweiler. Denn so wie Freisbach gehe es vielen Orten im Land.

Dem „Focus“ gegenüber sprach der Bürgermeister gar von „über tausend Ortsgemeinden, die in einer ähnlichen Situation sind wie wir“. Der verzweifelte Gemeindechef, der voraussichtlich noch bis Ende August im Amt ist, meinte: „Wenn wir alleine bleiben, wird nichts passieren. Wenn aber andere den Schritt mitgehen, muss das Land reagieren.“

Ob das Land und Landesherrin Malu Dreyer (SPD) reagieren, bleibt abzuwarten. Im Vorfeld des Rücktritts von Bürgermeister Gauweiler sprach der Lokalsender „RON TV“ mit dem Politikwissenschaftler Prof. Thomas König von der Universität Mannheim über die Hintergründe. In der Neuregelung der Finanzverfassung in Rheinland-Pfalz werde von den Gemeinden gefordert, einen ausgeglichenen Finanzhaushalt zu präsentieren, so der Professor. Das sei im Fall Freisbach nicht der Fall – „wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen“.

Das Land sage den Gemeinden dann, sie sollen etwas tun, damit es in die richtige Richtung gehe. Die hätten aber nur die Möglichkeit, die Gebühren zu erhöhen.

Der Politikwissenschaftler fügte hinzu, dass jedoch auch Steuererhöhungen an der Situation nicht viel verändern würden, weil der Großteil der Einnahmen ohnehin in die Verbandsgemeinde abfließen würden. Das wäre dann jedoch die geforderte „symbolische Tat“ für die Bemühungen für einen ausgeglichenen Haushalt.

Kein Geld für Kita und Co – trotz guter Einnahmen

Professor König sprach eine weitere Ebene an: Rheinland-Pfalz habe durch den Erfolg des Corona-Vakzin-Herstellers BioNTech „enorme Einnahmen generiert“, die jedoch mehr oder weniger „zur Entschuldung der Landeshauptstadt Mainz geführt haben“. Das habe sich nicht gleichmäßig über alle Gemeinden verteilt.

Wie der „Pfalzexpress“ berichtet, werden dringend Gelder in Freisbach gebraucht, etwa für den mit 70 Kindern völlig überfüllten Kindergarten oder die dringend renovierungsbedürftige Sporthalle auf dem Stand von 1972. Duschen darf man darin aber ohnehin nicht mehr, wegen der Legionellen in den alten Rohrleitungen.

Um weitere Einnahmen aus dem Ort und seinen Bürgern zu holen, habe die Kommunalaufsicht vorgeschlagen, die Steuern für Einwohner und Gewerbetreibende zu erhöhen. Bürgermeister Gauweiler lehnte die vorgeschlagenen Steuererhöhungen jedoch kategorisch ab: „Ich kann den Bürgern, die dann doppelt zahlen, nicht erklären, warum ich die Kosten erhöhe, wenn sie keinerlei Vorteil davon haben.“



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion