Bundesrat investiert Hunderte Millionen in US-Fracking-Gas statt in erneuerbare Energien – Grüne stimmten dafür
Die Hamburger Gustav und Lilli (16 und 17 Jahre alt) sind wütend. Denn die Bundesregierung wollte „im Eiltempo neue Terminals bauen, um Gas zu importieren“. Die Terminals sollen in Stade, Wilhelmshaven und Brunsbüttel entstehen, auch Rostock ist im Gespräch.
Die jugendlichen „Friday for Future“-Aktivisten können nicht verstehen, dass sie seit Monaten für den Klimaschutz demonstrieren und dann die Regierung „das nächste klimaschädliche Vorhaben einfach durchpeitscht“.
Gemeinsam mit der NGO Deutsche Umwelthilfe (DUH) starteten sie eine Online-Petition gegen den Bau neuer Terminals, die für den Import von gefracktem Flüssiggas nötig sind. Fast 100.000 Stimmen überreichten sie dem Bundesrat am 7. Juni 2019.
Morgen übergeben wir knapp 100.000 Unterschriften gegen #Fracking und neue #LNG-Terminals an @DGuenther_CDUSH. Teilt dieses Video! Helft Lilli, Gustav und uns! Macht mit im Kampf gegen neue fossile Infrastruktur! #NoMorePillepalle#Klimakrise #NoFracking https://t.co/t1V2h1eNXh
— Constantin Zerger (@ConstZerger) June 6, 2019
Frackingverbot in Deutschland
Beim sogenannten Fracking wird Erdgas gewonnen, indem über Tiefbohrungen das Gestein mit hohem Druck aufgebrochen wird. Dieses Verfahren ist in Deutschland bis vorerst 31.12.2021 verboten. Gleichzeitig sind vier Erprobungsmaßnahmen zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt, heißt es seitens des Bundesumweltamts. Eine unabhängige Expertenkommission begleitet diese Forschungen.
Das Zentrum der Gesundheit informiert darüber, dass bei einem einzelnen Fracking-Vorgang „tonnenweise Chemikalien“, die teilweise hochgiftig sind, eingesetzt werden.
Der Chemiecocktail, den sie in die Gesteinsschichten pressen, unterliegt keiner Veröffentlichungspflicht – auch nicht in Deutschland“, heißt es bei „GEO“.
Was in Deutschland momentan verboten ist, ist jedoch in den USA erlaubt und das will die Bundesregierung nutzen. Es soll flüssiges Erdgas (LNG – liquified natural gas) importiert werden. „Das regt uns auf“, schreiben Gustav und Lilli in ihrer Petition, und weiter:
Wir finden, wenn Fracking von Schiefergas in Deutschland verboten ist, dann sollten wir Fracking auch nicht in anderen Ländern fördern, indem wir das gefrackte Gas dann importieren! Bisher gibt es in Deutschland keine LNG-Terminal, für unsere Zukunft wär es auch besser, wenn das so bliebe!“
Die Aktivisten forderten den Planungs- und Baustopp der LNG-Terminals von der Regierung und eine Ablehnung im Bundesrat.
„Fatales Signal“: Bundesrat stimmt für Ausbau der LNG-Infrastruktur
Trotz der fast 100.000 gesammelten Petitionsstimmen verschafften sich die beiden Hamburger beim Bundestag kein Gehör. In der Plenarsitzung am 7. Juni stimmten laut „Berliner Zeitung“ sogar die Grünen für den Bau neuer Terminals an der Nordsee.
Eines der Argumente in der Sitzung war, dass die LNG-Infrastruktur nötig sei, um in Zukunft auf „grünes Gas“ umzustellen, so der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies bei seiner Wortmeldung.
Warum dreistellige Millionenbeträge – laut Bund 450 bis 850 Millionen Euro pro LNG-Terminal – nicht in den Ausbau erneuerbarer Energien gesteckt werden, war für die Besucher der Ratssitzung nicht nachvollziehbar. Laut „pv magazine“ gab es dafür Buh-Schreie von der Besuchertribüne.
Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Bündnis 90/Die Grünen) betonte in der Sitzung, man müssen den Menschen erklären, warum LNG nötig sei, wobei auch die Gefahren nicht verschwiegen werden dürften. Es könne schließlich auch unkonventionell gefracktes Erdgas importiert werden, so „pv magazin“.
Der Schleswig-Holsteiner Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte, dass Hauptexporteure des Flüssiggases nicht die USA, sondern Oman, Katar und Norwegen seien.
Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel (LINKE) zeigte sich empört:
Mit seiner heutigen Entscheidung für die ‚Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland‘ hat der Bundesrat ein fatales Signal gesetzt. Statt auf Klimaschutz und erneuerbare Energien zu setzen, hat sich der Bundesrat für den Import von dreckigem Fracking-Gas aus den USA und einen extrem klimaschädlichen fossilen Energieträger ausgesprochen.“
Bund-Klimaschutzexpertin Ann-Kathrin Schneider sagte:
„Der Aufbau dieser Terminals widerspricht den Zielen des Klimaschutzes und ist energiewirtschaftlich unsinnig. Investitionen sollten im Jahr 2019 nicht in neue fossile Infrastruktur, sondern in Anlagen zur erneuerbaren Wärmeerzeugung, in Power-to-Gas-Technologien und energieeffiziente Gebäude fließen.“
In einem Twitter-Post des Bund heißt es:
Es ist skandalös, dass sich die Bundesländer für den Bau von fossiler Infrastruktur entscheiden. Der Bau von Häfen für den Import von gefracktem Gas wird die Klimakrise weiter anheizen.“
— BUND (@bund_net) June 7, 2019
US-„Freiheitsgas“ auch für Deutschland?
Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet, dass laut Pressemitteilung des US-Energieministeriums über neue Anlagen an der Küste des Bundesstaates Texas mehr LNG ins Ausland exportiert werden könne. Ab 2023 soll die Anlage des Unternehmens Freeport LNG die Arbeit aufnehmen.
Gemeinsam mit den drei weiteren Anlagen vor Ort könnten dann 20 Millionen Tonnen Erdgas pro Jahr auf minus 164 Grad abgekühlt und so verflüssigt werden.
Laut Pressemitteilung gab der US-Energieminister Mark W. Menezes bekannt:
Die Erhöhung der Exportkapazität aus dem Freeport LNG-Projekt ist entscheidend für die weltweite Verbreitung von „Freiheitsgas“, indem den amerikanischen Verbündeten eine vielfältige und erschwingliche Quelle für saubere Energie zur Verfügung steht.“
Das bedeute nicht nur mehr Arbeitsplätze in den USA, sondern auch „mehr inländische Wirtschaftswachstum und saubere Luft hier zuhause und auf der ganzen Welt“ sorgen.
Das Flüssiggas könne in alle Länder exportiert werden, mit denen kein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten bestehe und gegen die keine Handelssanktionen durch die US-Regierung verhängt wurden.
Übrigens: Die Kosten für die neue Infrastruktur tragen laut Bund auch die Verbraucher. Den Netzbetreibern wird mit der Verordnung ermöglicht, die Baukosten teilweise auf die Stromkosten umzulegen. (sua)
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