Vergessene Stapel und „geschätzte“ Ergebnisse bei der Hessen-Wahl: Schwarz-Grün könnte jetzt kippen
Die Landtagswahlen in Hessen liegen mittlerweile fast zwei Wochen zurück, ein amtliches Endergebnis liegt bis heute jedoch noch nicht vor. Erst am 16. November nach einer öffentlichen Sitzung des Landeswahlausschusses ist Medienberichten zufolge nun mit einer offiziellen Bekanntgabe zu rechnen.
Die Stimmenauszählung zur Landtagswahl in Hessen ist bislang von Computerpannen und ähnlichen Unzulänglichkeiten geprägt. Landeswahlleiter Wilhelm Kanther erklärte, ein langsames Computersystem habe bereits in der Nacht nach der Wahl die Auszählung verzögert. Dazu kommen nun allerdings auch Berichte über weitere Unzulänglichkeiten, die unter Umständen noch weitreichende Folgen haben könnten.
Bereits jetzt steht fest: In Frankfurt am Main muss wegen auffälliger Ergebnisse in etwa einem Dutzend Wahlbezirken noch einmal neu ausgezählt werden. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ waren bei der Analyse von 490 Frankfurter Wahlbezirken allein in fünf davon Ergebnisse aufgefallen, die stark von den Werten angrenzender Stimmbezirke und vorhergehender Wahlen abwichen.
Nur 0,3 Prozent für die AfD in einer Schule in Sachsenhausen?
Im Stadtteil Oberrad hatte die Auszählung von drei Wahlbezirken in einer Schule in einem davon nur 6,9 Prozent der Stimmen für die CDU ausgewiesen. Das waren deutlich weniger als in den Nachbarbezirken, die sich in ihrer sozialen Zusammensetzung allerdings nicht wesentlich davon unterschieden. Auffällig waren auch lediglich 4,4 Prozent für die CDU in der Kasinoschule in Höchst. Die AfD wiederum bekam in einer Schule im südlichen Stadtteil Sachsenhausen mit vier Wahlbezirken in einem davon nur zwei Stimmen und 0,3 Prozent. In den benachbarten Bezirken waren es zwischen 4,5 und 10,1 Prozent.
Am Mittwochabend im Kreiswahlausschuss seien dann, so die FAZ, weitere „gravierende Pannen“ in einem weiteren Dutzend Wahlbezirken zur Sprache gekommen. Dazu gehörten das Vertauschen der Ergebnisse von Parteien, Zahlendreher und das „Vergessen“ von Stapeln mit Stimmzetteln. Einige Wähler seien mit ihren Stimmzetteln zu den falschen Urnen geschickt worden. In einigen Bezirken seien die Ergebnisse gar „nur geschätzt“ worden, was Differenzen von jeweils mehreren Hundert Stimmen gegenüber dem tatsächlichen Wahlausgang zur Folge gehabt habe.
Mittlerweile habe die Stadt Frankfurt am Main nach eigenen Angaben die Unzulänglichkeiten wieder korrigiert. In einigen Wahlbezirken mussten die Stimmzahlen, so die „Frankfurter Neue Presse“, nachträglich erheblich korrigiert werden. Es wäre allein auf der Basis der korrigierten Zahlen in der Mainmetropole möglich, dass die SPD vor den Grünen lande. Derzeit haben diese auf die Sozialdemokraten landesweit noch einen Vorsprung von 94 Stimmen.
Schäfer-Gümbel hofft auf „Ampel“ unter seiner Führung
Ob sich infolge der bevorstehenden Ergebniskorrektur im amtlichen Endergebnis auch noch eine Mandatsverschiebung ergibt, ist ungewiss. Derzeit könnte die CDU mit 40 Abgeordneten rechnen, Grüne und SPD mit jeweils 29. Die AfD kommt auf 19 Sitze, die FDP auf elf und die Linke auf neun. Die bislang regierende schwarz-grüne Koalition hätte demnach eine Mehrheit von einer Stimme.
Als mögliche Regierungsoption käme bereits bei derzeitigem Mandatsstand unter anderem auch eine Ampel-Koalition unter einem Ministerpräsidenten Thorsten Schäfer-Gümbel in Betracht. Die FDP hat eine solche Variante unter einem grünen Ministerpräsidenten bislang abgelehnt. Der grüne Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir erklärte am Donnerstag nach einem Treffen mit der SPD in Wiesbaden jedoch, auf die Liberalen zugehen und ein weiteres Treffen anbieten zu wollen. Thorsten Schäfer-Gümbel wiederum kündigte an, bei einem geplanten Gespräch mit der FDP am Freitag für ein Treffen zu dritt mit den Grünen zu werben.
Frankfurt am Main soll allerdings nicht der einzige Ort gewesen sein, an dem Klärungsbedarf mit Blick auf die Wahlergebnisse entstanden sei. Auch andernorts in Hessen würden noch die Wahlergebnisse überprüft, teilweise werde auch neu gezählt, heißt es aus der Wahlbehörde. Nach den Worten von Landeswahlleiter Wilhelm Kanther kann es bei der Überprüfung aller 55 Wahlkreise noch zu Verschiebungen kommen.
(Mit Material der dpa)
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