Neue Steuer in den Startlöchern: Die Kies-Steuer

Nordrhein-Westfalen will im kommenden Jahr Kies und Sand zusätzlich besteuern. Diese Rohstoffe sind gerade für die Baubranche elementar. Die derzeit noch gute dezentrale Versorgungsstruktur steht auf dem Spiel.
Weitere Steuer in den Startlöchern: Rohstoff-Abgabe verteuert Kies und Sand
Ein Bagger fördert Sand.Foto: iStock
Von 18. September 2023

Die Schulden des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen betrugen Ende März 183,8 Milliarden Euro. Damit ist es das mit Abstand am höchsten verschuldete Bundesland Deutschlands. Um die Kassen wieder zu füllen, will die dortige schwarz-grüne Landesregierung eine Sonderabgabe auf die insbesondere für die Baubranche wichtigen Rohstoffe Sand und Kies einführen. Fachleute halten diesen Schritt für keine gute Idee.

Im vergangenen Jahr stiegen die Erzeugerpreise von Sand und Kies in Deutschland ohnehin schon um rund 11,5 Prozent im Vergleich zu 2021. Durch die neue Rohstoffabgabe werden die Preise für Sand und Kies noch höher, wie „Ruhr24“ berichtet. Es solle Baufirmen dazu reizen, weniger davon zu fördern und einzusetzen.

Grüne: Umweltschutz vor Infrastrukturausbau

Sand und Kies sind notwendig für den Bau von Straßen, Brücken und Häusern, andererseits stellt ihr Abbau eine Belastung für die Landschaft und das Grundwasser dar. Gleichzeitig setzen sich die Grünen laut dem WDR schon lange dafür ein, den Abbau unattraktiv zu machen. Es gehe um Umweltaspekte und „die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft im Gebäudesektor“.

Bei Verhandlungen mit der CDU haben sie die Einführung einer „Rohstoff-Abgabe“ in den Koalitionsvertrag schreiben lassen. Zum 1. Januar 2024 soll die Abgabe demnach in Kraft treten. Möglich ist eine Verschiebung um „ein paar Monate“, um noch einige Details zu klären.

Bei der CDU ist die Rohstoffabgabe jedoch umstritten. „Eine Sonderabgabe lehnen wir ab“, sagte bereits die CDU-Landtagsabgeordnete Angela Erwin. Sie ist die Landesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion von NRW.

Verbände gegen „regulatorischen Sonderweg“

Mehrere Verbände der Baubranche, darunter auch der Bundesverband Mineralische Rohstoffe MIRO und die Bauindustrie Nordrhein-Westfalen, sind gegen das Vorhaben. Sie warfen bereits im Mai der schwarz-grünen Regierung in Düsseldorf in einer gemeinsamen Erklärung einen „regulatorischen Sonderweg“ vor.

Zudem ist der Umwelteffekt fraglich. Die Einführung der Rohstoffabgabe werde stattdessen dazu führen, dass die benötigten Materialien nicht mehr weiter vor Ort gewonnen werden. Stattdessen müssen diese „in Zukunft importiert und über weite Strecken transportiert werden“, mahnten die Verbände.

Kies und Sand

Ein Neubau eines Wohnhauses. Sand und Kies sind wichtige Rohstoffe für die Baubranche. Foto: iStock

Auch Felix Pakleppa, Chef des Bauverbands ZDB, sprach sich entschieden gegen die Abgabe aus, wie die „Bild“ berichtet. „Die Bauwirtschaft lehnt die als Kies-Steuer bekannt gewordene Rohstoff-Abgabe ab.“ Es sei falsch, die Unternehmen mit weiteren Abgaben zu belasten. „Steigende Zinsen, corona- und kriegsbedingt gestiegene Baukosten belasten die Branche schon stark.“

Pakleppa warnt eindringlich davor, dass zusätzliche Kosten die „Existenz von Betrieben und Arbeitsplätzen gefährden“. Auch laut Pakleppa würde die Sand-Steuer nicht mehr CO₂ einsparen, sondern die Umwelt aufgrund von erhöhtem Bezug aus dem Ausland mehr belasten.

Doch es gibt laut „Blackout News“ auch Befürworter der neuen Steuer. Holger Sticht, Vorsitzender der Umweltschutzorganisation BUND in Nordrhein-Westfalen, hält die Abgabe für eine gute Sache. Er befürwortet die Bemühung, den übermäßigen Verbrauch an natürlichen Ressourcen zu stoppen. Er sieht die Einführung der Abgabe als dringend notwendig an.

Steuer verschärft Wohnungsnot zusätzlich

Die Baubranche befindet sich derzeit in einer Krise. 44,2 Prozent der Teilnehmer einer ifo-Unternehmensumfrage gaben an, einen Auftragsmangel zu verzeichnen. Im Juli waren es noch 40,3 Prozent, im Vorjahresmonat nur 13,8 Prozent. Außerdem meldeten 11,9 Prozent der Unternehmen Finanzierungsschwierigkeiten – laut ifo der höchste Wert seit über 30 Jahren.

Ifo-Experte Klaus Wohlrabe erklärte kürzlich: „Die Stornierungen im Wohnungsbau türmen sich zu einem neuen Höchststand auf. Seit Beginn der Erhebung 1991 haben wir noch nichts Vergleichbares beobachtet. Die Verunsicherung im Markt ist riesig.“

Grund sind laut ifo in erster Linie die stark gestiegenen Baukosten und Zinsen. Dadurch seien viele Projekte, die Anfang 2022 noch rentabel waren, heute nicht mehr realisierbar. Eine Rohstoffabgabe würde die Baukosten weiter in die Höhe treiben und noch mehr Bauprojekte gefährden.

Problem mit Genehmigungen

Geologisch gesehen sind Sand und Kies in Deutschland reichlich vorhanden; die Vorkommen würden für weitere 10.000 Jahre reichen. Ein anderes Problem ist der Genehmigungsstau für Kiesgruben und -abbaustätten. Diese Verfahren dauern teilweise sehr lange, wodurch die Gruben häufiger geschlossen als neue geöffnet werden.

Laut einer Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe vom Dezember 2022 wird die Versorgung in den Ballungsräumen um Berlin, Köln, Dresden und im mittleren Donautal knapp. „Wir beobachten, dass die Genehmigungsverknappung zeitnah auch am Niederrhein und in der Mittel-Elbe-Region Wirkung zeigen wird“, so Funk laut „Welt“.

Dadurch stehe die derzeit noch gute dezentrale Versorgungsstruktur auf dem Spiel. Konsequenz: Die benötigten Baustoffe müssten dann über längere Strecken transportiert werden. Funk: „Das erhöht die Frachtkosten – und letztlich auch die Baupreise. Es verzögert den Bauablauf und sollte unter dem Aspekt des Klimaschutzes zwingend vermieden werden.“



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