WerteUnion: Inhaltliche Debatte in der CDU wichtiger als personelle – Mitsch auf Distanz zu AfD
Im Anschluss an die Vorstandssitzung der WerteUnion am Samstag (15.2.) in Frankfurt am Main hat der Sprecher der Vereinigung, Alexander Mitsch, in einem Exklusiv-Interview für das Portal heise.de seine Einschätzung der derzeitigen Lage in der CDU dargelegt.
In dem Gespräch verteidigte Mitsch den Entschluss der CDU-Landtagsfraktion, den FDP-Kandidaten Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten zu wählen: „Es standen neben Thomas Kemmerich ein Kandidat der Linkspartei und ein Kandidat der AfD zur Auswahl. Hier hat die Unionsfraktion für den liberalen Kandidaten gestimmt. Die Stimmabgabe der AfD war ein bitterer Beigeschmack, aber die CDU darf ihr Stimmverhalten nicht von dem anderer Parteien abhängig machen.“
„Vergiftete Debatte“ sei nicht von der CDU zu verantworten
Die vergiftete Debatte, die daraus entstand, sei nicht von der CDU zu verantworten. Vielmehr sei die extreme Linke dafür verantwortlich und weder SPD und Grüne zeigten Anstalten, sich klar davon zu distanzieren:
„Dass sich nun quer durch das Land Angriffe auf Büros und Mandatsträger der FDP abspielen, ist enorm beunruhigend. SPD und Grüne müssen endlich ihre Rhetorik zügeln und auch die Gewalt aus der linksextremen Szene klar verurteilen. Nur so können sich die Demokraten wieder an den Tisch setzen, um die Situation auf vernünftige Weise zu lösen.“ Und weiter:
Der eigentliche Skandal von Thüringen ist übrigens, dass SPD und Grüne mit der Nachfolgepartei der SED koalieren wollen.“
Mitsch stellte die Darstellung in Abrede, dass die Union gespalten sei. Die „Krebsgeschwür“-Aussage von Ex-Europapolitiker Elmar Brok über die WerteUnion sei zwar „beschämend“, eine echte Spaltung der Partei finde jedoch nicht statt. Es seien „eher Einzelakteure, die sich – mangels Sachargumenten – durch besonders scharfe Ausgrenzungsversuche der WerteUnion hervortun“, tatsächlich seien die Mitglieder der Vereinigung innerhalb der Partei gut vernetzt.
WerteUnion beklagt Annäherung der CSU an die Grünen
Der Sprecher der WerteUnion rechnet mit einer Beruhigung der Lage in der CDU, sobald die Nachfolge Annegret Kramp-Karrenbauers geklärt ist.
Die Vereinigung hält in diesem Zusammenhang eine Mitgliederbefragung für den bestgeeigneten Weg, um diese Personalfrage zu klären. Inhaltlich sollte die Partei, so Mitsch, „wieder selbstbewusst Themen mit einem eigenen Ansatz vertreten“. Der eigentliche Grund, warum die CDU nicht mehr gewählt werde, sei ihre fehlende Unterscheidbarkeit von anderen Parteien, insbesondere SPD und Grünen:
Es darf nicht der Eindruck entstehen, wir würden ständig hinterher hecheln. Stattdessen sollte die Partei wieder selbstbewusst Themen mit einem eigenen Ansatz vertreten.“
Auch, dass die CSU sich unter Markus Söder auf die Grünen zubewegt und nicht mehr wie einst die rechte Flanke der Union absichert, macht Mitsch Sorgen. Von der AfD grenzt er sich hingegen ab. Diese würde sich „von der gesellschaftlichen Mitte entfernen“.
Vor allem „verstörende Worte“ von Thüringens Fraktionschef Björn Höcke seien „kein Einzelfall, sondern haben wohl eher Methode“. Dies zeige sich etwa, wenn Höcke in seinem Buch von einem „bevorstehenden Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch“ spreche, oder „das Italien unter dem Diktator Benito Mussolini lobt“. Diesbezüglich sei „kein so großer Unterschied mehr zum Jargon und den Inhalten der NPD“ zu bemerken.
Mitsch liebäugelte bis 2016 mit Engagement in AfD
Höcke hat sich in seinem Buch allerdings von einem „völkischen Reinheitsideal“ gleichermaßen abgegrenzt wie von einer „Kosmopolis mit ethnisch-indifferenten Weltmenschen“ und beides als realitätsfremde Utopien bezeichnet. Was Mussolini anbelangt, hat Höcke über strukturelle und stilistische Parallelen zwischen italienischem Faschismus und Preußentum sinniert und erklärt, viele Italiener würden immer noch dessen Erfolge im Kampf gegen die Mafia, die verbesserte Infrastruktur und eine gewisse urbane Modernität schätzen, die der Faschismus bewirkt habe. Eine „Casa Pound“-Bewegung brauche man in Deutschland jedoch nicht, man solle sich stattdessen am Preußentum orientieren.
Mitsch erklärt gegenüber heise.de, er habe in den Jahren 2014 bis 2016 in Anbetracht der Griechenland- und Migrationskrise selbst in Erwägung gezogen, zur AfD zu wechseln. „Glücklicherweise“ habe er jedoch gemerkt, dass „nicht die AfD, sondern die CDU meine politische Heimat ist“.
Diese sollte nun allerdings auch – gerade im Zusammenhang mit der Nachfolgedebatte um die Position Kramp-Karrenbauers – die Basis einbinden und dadurch wieder beleben. Dass die CDU sich insbesondere bezüglich der Besetzung von Spitzenpositionen „in einem Delegiertensystem eingemauert“ habe, schade der Autorität und Integrationsfähigkeit der Führungsfiguren.
WerteUnion fordert inhaltliche Politikwende
Anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel, die erst zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Dezember des Jahres die Weichen neu stellen will, plädiert Mitsch für die frühestmögliche Durchführung des Übergangs. Dabei soll es auch „eine offene Diskussion und auch Aufarbeitung politischer Fehler in der Vergangenheit“ geben. Derzeit werde die innerparteiliche Demokratie hingegen durch Geschlossenheitsappelle ausgebremst.
Innerhalb der WerteUnion gäbe es sowohl für Friedrich Merz als auch für Jens Spahn als mögliche AKK-Nachfolger zahlreiche Unterstützer. Wichtiger als die Personalie sei jedoch die inhaltliche Politikwende.
Diesbezüglich halte man von Stimmen aus der Wirtschaft und dem DGB wenig, die eine Abkehr von der Schwarzen Null und eine Rückkehr zum Keynesianismus in der öffentlichen Investitionspolitik fordern. Die EZB würde eine solche Politik bereits jetzt betreiben und damit einer rasanten Neuverschuldung, der Blasenbildung, der Enteignung von Sparern und einer möglichen Wirtschaftskrise Vorschub leisten.
Auch die Planwirtschaft in der Energiepolitik, die von den Grünen als Partei reicher Eliten forciert werde und auf Kosten der ärmeren Bevölkerungsschichten gehe, müsse ein Ende finden. Zudem müsste der Rechtsstaat nun „klare Kante zeigen gegen Gewalt und Radikalisierung“. Dies geht, so Mitsch, „nur mit einer starken Union“.
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